Detlef Soost: Drill mit Herz "Auch wenn's manchmal wehtut"
13.11.2017, 12:08 Uhr
Detlef Soost steht auf Disziplin und Strenge, aber auch auf warme Worte, wenn es drauf ankommt.
(Foto: Bernd Jaworek)
"Pam, Pam, Pam", hört man ihn rufen. Jedenfalls wenn man irgendwie ansatzweise die Generation "Popstars" gestreift hat. Als beinharter D! schrieb Detlef Soost Fernsehgeschichte. Heute ist sein Körper gestählter als damals, doch der Ton ist weich geworden. Soost ist 47 Jahre alt. Er hat eine Frau, drei Kinder, verschiedene Tanz- und Fitnessunternehmen. Immer mal wieder flimmert er durchs Fernsehen. Außerdem hat er mit "Tanz dich fit!" eine eigene Fitness-Reihe auf DVD.
"Tanz dich fit!" - das klingt besser als der Zusatz "Bauch, Beine, Po". Es klingt nach Spaß und das muss es auch. Heute steht Detlef Soost für ein ganzheitliches Konzept rund um Körper und Seele. Klingt esoterischer, als es ist. Denn Soost macht jetzt vielleicht Yoga, doch die Strenge ist geblieben. Im Gespräch mit n-tv.de erzählt er, wieso er auf schonungsloser Ehrlichkeit beharrt, weshalb er früher arrogant rüberkam und was seine siebenjährige Tochter von ihm gelernt hat.
n-tv.de: Warum empfinden viele Sport eigentlich als so unfassbar ätzend?
Detlef Soost: Sport bedeutet Anstrengung. Wir Menschen sind aber so gepolt, dass wir uns so wenig wie möglich anstrengen wollen - geistig wie auch körperlich. Dabei ist der Benefit von Sport riesig: Der Körper schüttet Glückshormone aus, die Haltung verbessert sich … Nur sehen das die Leute erstmal nicht. Sie sehen nur: Anstrengung, Anstrengung, Anstrengung! Das ist ja auch die Herausforderung beim Abnehmen. Sind die Leute nach 14 Tagen nicht plötzlich schlank, hören die auf, weil sie denken, es funktioniere nicht.
Vor ein paar Jahren haben Sie deutlich abgenommen. Seitdem präsentieren Sie nicht nur einen fitten, sondern einen durchtrainierten Körper. Wie wichtig ist die perfekte Figur?
Ich arbeite in der Showbranche. Da spielt körperliche Attraktivität natürlich eine Rolle. Das habe ich mir nicht ausgedacht, das ist schon seit Jahrzehnten so. Gucken Sie nach Hollywood, dann wissen Sie, was los ist! Ich habe mir damals gesagt: "Ok, ich habe viel erreicht. Wo kann ich noch mehr erreichen? Bei meiner Figur!" Also habe ich mich angestrengt. Ich musste meine Komfortzone verlassen, oftmals habe ich gelost. Dann hat der innere Schweinehund gewonnen und ich habe nachts 'ne Tafel Schokolade reingehauen. Kleine Fehler sind aber völlig ok.
Empfinden Sie es als problematisch, dass es beim Sport viel um Feedback von außen geht?
Das ist halt so. Es fängt bei der Werbung an. Die Menschen, die da stattfinden, sehen attraktiv aus und erfüllen einen bestimmten Body-Mass-Index. Gegenbeispiele lassen sich an einer Hand abzählen. Das prägt. Und natürlich treibt einen positives Feedback an, etwas am eigenen Körper zu verändern. Sonst ist es ja auch irgendwie langweilig. Die Leute machen Sport, um Komplimente zu bekommen, aber auch, um sich dadurch selbst wertiger zu fühlen.
Das bedingt sich ja durchaus.
Eben. Wir Menschen kriegen zehnmal ein Lob und dann sagt einer: "Na, so doll is dit jetzt nicht." Was bleibt hängen? Die Kritik. Dass wir negative Kommunikation stärker wahrnehmen, führt dazu, dass die Menschen so intensiv anders sein wollen.
Gibt es ein besonders gutes Kompliment, das Sie in letzter Zeit erhalten haben und das nicht gleich wieder in Vergessenheit geraten ist?
(überlegt lange und lacht dann) Ist jetzt nicht so, dass ich die vielen Komplimente durchzähle! Es klingt total cheesy, aber das schönste Kompliment ist, wenn meine Kids zu mir sagen: Du bist der beste Papa der Welt!
Auf den Instagram-Accounts von Ihnen und von Ihrer Frau Kate Hall kann man sehen, wie die drei Salat schnippeln und Yoga-Übungen turnen …
Aber freiwillig! Die sehen das und haben Lust, mitzumachen. Und dann merken sie: Ah, das macht Spaß. Ayana zum Beispiel, die Kleinste, ist sieben. Ohne dass sie auf dem Schirm hatte, dass ich wegen Michael Jackson meine Tänzerkarriere begonnen habe, hat sie sich zu einem totalen Michael-Jackson-Fan entwickelt. Also wirklich ohne Quatsch, ganz unabhängig von mir! Natürlich geben wir ihr jetzt die Möglichkeit, das auch auszuleben. Wir hören die Musik, gucken alte Videos und Papa zeigt ihr, wie ein Moonwalk geht!
Und der ganze Fitness-Lifestyle ist optional?
Wir drängen unsere Kinder zu nichts. Man könnte ja zum Beispiel denken, dass wir Süßigkeiten entweder gar nicht haben oder ganz oben auf dem Schrank verstecken, damit die Kinder nicht rankommen. Bei uns sind sie aber ganz unten verstaut, sodass die Kinder 100-prozentig rankommen. Sie sollen das selber regulieren. Nach dem Abendessen kommen sie und fragen: "Papa, kann ich mir noch was zum Nachtisch nehmen?" Dann sage ich Ja, sie nehmen sich ihre Sachen, rasten dabei aber nicht aus. So ist es ja auch richtig: Man soll sich mit Süßem nicht vollfressen.
Welche Rolle spielt Spiritualität in Ihrer Familie?
Spiritualität ist für Kate und mich ein großes Thema. Nicht institutionell - wir gehören keiner Kirche an, auch wenn wir bei uns im Kiez eine sehr schöne haben. Aber wir glauben daran, dass da oben etwas ist. Wir lesen viele spirituelle Bücher und waren auch schon bei Heilern, zum Beispiel beim Brasilianer John of God. Das alles finde ich extrem spannend. Ich finde, man kann sich überall das herausziehen, was einem gut tut. Ich bin niemand, der an Einhörner oder Trolle glaubt. Gibt ja so Leute - was auch völlig ok ist. Ich glaube, es gibt eine Form von Gott, die eigentlich dazu da ist, uns das im Leben zu geben, was wir gerne wollen. Wir müssen nur bereit sein, danach zu fragen und auch etwas dafür zu tun.
Als Sie im Jahr 2000 als Tanztrainer der ersten Staffel "Popstars" bekannt wurden, waren Sie berüchtigt für Ihre harschen Worte. In diesem Gespräch, aber auch in Ihrer nach Ihnen benannten Talkshow bei RTLII schlagen Sie deutlich sanftere Töne an.
Es freut mich, dass Sie das feststellen. Das war eine Bedingung dafür, dass ich überhaupt für das Format zugesagt habe. Ich bin nicht mehr der, der ich früher war. Wir entwickeln uns ja alle weiter. Mir war wichtig, dass wir mit den Talk-Gästen nicht unter die Gürtellinie gehen. Wir sind lustig in der Show, aber wir veräppeln niemanden!
Bei "Popstars" war Ihnen das noch nicht so wichtig?
Ich bin da hingekommen wie die Jungfrau zum Kind. Ich war 30 und hatte bis dahin nur Erfahrung als Tänzer. Wenn man als Choreograf mit Tänzern vorankommen will, muss man klar und direkt sein. Anders bekommt man eine Masse nicht bewegt. Wenn sich einer während der Probe hinsetzt, heißt es eben: "Kannst du mal aufstehen oder wo ist dein Problem?" Bei "Popstars" bin ich mit dieser Strenge angeeckt.
Wie meinen Sie das?
Ein Mädchen hat zum Beispiel behauptet, sie mache nicht mit beim Training, weil sie die Schritte nicht könne. Ihr habe ich gesagt: "Da unten am Boden lernst du's nicht! Also steh wieder auf und mach!". "Kann es nicht!" heißt "Will es nicht!".
Das Mädchen ist dann ziemlich schnell rausgeflogen, oder?
In derselben Folge, noch vor der Entscheidung. Meine Bitte hat die Jury überrascht, schließlich war ich zu dem Zeitpunkt nur der Choreograf. Aber ich habe den Kollegen erklärt: "Sie will es nicht lernen und sie wird es wahrscheinlich eh nicht schaffen." Mit ihrem Ok bin ich dann zurück zur Kandidatin und habe ihr mitgeteilt, dass sie die Koffer packen soll. "Und wenn ich nicht will?", hat sie noch gefragt. Da habe ich ihr gesagt: "Naja, raus bist du auf jeden Fall, dann kannste da sitzen bleiben, wo du jetzt die ganze Zeit gesessen hast."
Sie nennen es Strenge, aber vor dem Fernseher daheim ist man schon ab und zu zusammengezuckt …
Es hieß immer: "Der ist so hart zu den kleinen Kids." 16- bis 18-Jährige waren auf einmal "kleine Kids"! Ja, ich bin teilweise streng zu denen gewesen, aber einige von ihnen haben sich aus dieser Grundausbildung heraus toll entwickelt. Als ich mir zum Beispiel meine beiden Schützlinge Sandy und Bahar (Sandy Mölling und Bahar Kizil kamen durch "Popstars" zu den "No Angels" beziehungsweise zu "Monrose"; Anm. d. Red.) bei "Dance Dance Dance" angeguckt habe, war ich echt stolz. Trotzdem gab es auch den einen oder anderen Moment bei "Popstars", über den ich heute sagen würde: Soost, da bist du ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen, hättest du auch anders lösen können.
Wie erklären Sie sich diese Momente heute?
Seit meiner Kindheit hat mich das Gefühl begleitet, die Leute würden mir nichts Gutes wollen. Ich habe allein drei Jahre bei "Popstars" gebraucht, um mir selbst zu glauben, dass ich für den Job der Richtige bin. Ich dachte immer: "Ey, das ist doch nur Zufall, dass die mich ausgewählt haben. Irgendwann kommt jemand um die Ecke, reißt die Maske runter und sagt: 'Der ist doch gar nicht so gut, guckt doch mal alle hin!'" Wenn man sich bedroht fühlt, verhält man sich anderen gegenüber distanziert. Ich nenne es die Arroganz der Unsicherheit.
Wie ist es Ihnen gelungen, solche Gefühle hinter sich zu lassen?
Ich darf mit meiner Frau und meinen Kindern leben, mit dem, was wir Familie nennen können. Außerdem ist da natürlich auch großer beruflicher und damit wirtschaftlicher Erfolg. Das gibt einem eine andere Souveränität. Heute kann ich auch mal entspannt sagen: "Ist halt so, kriegen wir schon hin alles, nicht so schlimm." Aber auch da muss man halt erst reinwachsen.
Denken Sie manchmal darüber nach, für was Sie Leuten im Gedächtnis bleiben werden?
Ich bin jetzt 47 Jahre alt. Da denkt man natürlich schon darüber nach. Was steht irgendwann mal auf deinem Grabstein und was wird jemand über dich sagen, wenn er sich von dir verabschiedet - ein Priester oder wer auch immer? Ich lebe als Werte Direktheit, Ehrlichkeit und Authentizität. Auch wenn's manchmal wehtut - manchmal mir, manchmal den anderen.
Mit Detlef Soost sprach Anna Meinecke.
Quelle: ntv.de