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Mit Format-Radio-Pop ins Glück? Diese sechs wollen zum ESC

Vier Einzelkünstler und -künstlerinnen, ein Duo, ein Quartett: Sie wollen für Deutschland zum ESC.

Vier Einzelkünstler und -künstlerinnen, ein Duo, ein Quartett: Sie wollen für Deutschland zum ESC.

(Foto: picture alliance/dpa)

Jippie! Der Vorentscheid zum Eurovision Song Contest ist zurück. Und nun ist auch die Katze aus dem Sack, welche sechs Acts sich um das deutsche Ticket für das Finale in Turin bewerben. Die Auswahl reicht von College-Pop bis Rap - ohne Ecken und Kanten.

Zwei Jahre lang mussten die Fans des Eurovision Song Contests (ESC) damit leben, nicht gefragt zu werden, wer Deutschland bei dem Wettbewerb vertreten soll. 2020 kürten stattdessen Expertinnen und Experten Ben Dolic mit dem Song "Violent Thing" zur deutschen ESC-Hoffnung, die jedoch im Schatten der Pandemie vollends verpuffte: Der Contest fiel in jenem Jahr aus.

Auch 2021 setzten die Verantwortlichen beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) auf einen Verzicht auf den Vorentscheid. Das Ergebnis ist bekannt: Jendrik und sein Song "I Don't Feel Hate" bescherte den Zuschauerinnen und Zuschauern einige schaurige Fremdschäm-Momente - und Deutschland im Rotterdamer ESC-Finale den vorletzten Platz.

2022 soll es nun mit einer Rolle rückwärts wieder nach vorne gehen. Denn: Der Vorentscheid ist zurück. Aber natürlich ganz anders und noch viel toller als früher, wie die Macher zur Begründung der Kehrtwende erklären.

"Ganz besondere Veranstaltung"

So betont etwa NDR-Programmdirektor Frank Beckmann, ganz besonders wichtig sei nun nicht zuletzt genau die Transparenz bei der Entscheidungsfindung, die in den zwei Jahren zuvor gefehlt hatte. Der neue ESC-Teamchef Andreas Gerling verspricht eine "ganz besondere Veranstaltung", auch wenn der Vorentscheid zwar in allen dritten Programmen der ARD und im Spartensender One gezeigt wird, nicht jedoch im Ersten. Und NDR2-Programmchef Torsten Engel erklärt die Vorzüge des neuen Verfahrens damit, dass erstmals die Radiosender der ARD "als gleichberechtigte Partner" in die Talentsuche mit einbezogen würden.

Tatsächlich scheinen die Hörfunk-Profis ihr neues Gewicht kräftig in die Waagschale geworfen zu haben. Das hat Vor- und Nachteile. Den Vorteil, dass einem eine komplette ESC-Peinlichkeit in diesem Jahr erspart bleiben wird. Aber auch den Nachteil, dass sich alle sechs Acts, die aus insgesamt 944 Bewerberinnen und Bewerbern für den Vorentscheid ausgewählt wurden, ohne jegliche Ecken und Kanten präsentieren.

Wir erinnern uns: Beim ESC in Rotterdam landeten in den Top 5 so auffällige Interpretinnen und Interpreten wie die ukrainische Industrial-Walze Go_A, die Nerd-Truppe Daði og Gagnamagnið aus Island oder aber die Sex-and-Drugs-and-Rock'n'Roll-Abziehbilder Måneskin, die den Sieg für Italien holten. Deutschland hingegen wird 2022 sein Glück auf jeden Fall mit Format-Radio-Pop versuchen. Etwas anderes steht gar nicht zur Wahl.

"Als Gewinner nach Turin"

Und anders wäre das neue alte Konzept auch gar nicht umzusetzen. Schließlich sollen alle sechs Songs in den ARD-Radios fleißig rauf und runter genudelt werden, ehe es am Ende zur Abstimmung kommt, welcher von ihnen es denn nun für Turin sein darf. Schon am 28. Februar startet ein Online-Voting. Wenn der Vorentscheid am 4. März ausgestrahlt wird, kommt auch noch die Abstimmung des TV-Publikums dazu. Beide Ergebnisse fließen zu jeweils 50 Prozent in das Gesamtresultat ein.

Ein Grundgedanke dieses Verfahrens leuchtet durchaus ein. Ziel sei es, "schon als Gewinner nach Turin zu fahren", erläutert diesen Andreas Gerling. Schließlich kämen die sechs Acts so auf jeden Fall schon mal zu Radio-Ruhm, egal, wie es am Ende ausgeht. Oder wie es der Leiterin der deutschen ESC-Delegation, Alexandra Wolfslast, bei der Vorstellung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Vorentscheids am Donnerstagmorgen in einer Online-Show rausrutscht: "Ich weiß, was das bedeutet seit letztem Jahr, dort hinzufahren und Deutschland zu vertreten."

Ja, die deutschen ESC-Verantwortlichen haben einiges gut zu machen - an den Künstlerinnen und Künstlern, aber auch an den Zuschauerinnen und Zuschauern. Natürlich schwingt dabei auch die Hoffnung mit, endlich mal wieder flächendeckend Begeisterung für einen ESC-Beitrag zu entfachen, auf dass am besten die ganze Nation geschlossen hinter ihm stünde. Ob das jedoch mit der Beliebigkeit von Format-Radio-Pop gelingen kann? Urteilen Sie selbst:

eros atomus nennt sich ein junger Mann aus Flensburg, der musikalisch "lebendig", "frisch" und "aufmunternd" daherkommen möchte. "Alive" heißt sein Song, mit dem er das Leben feiert und auf den er "so stolz" ist. Tatsächlich ist es vielleicht der stärkste Song im Wettbewerbsumfeld, der als sich steigernde "Oh oh"-Hymne Erinnerungen an Coldplay weckt.

Das Besondere an eros atomus ist einerseits seine kratzige Stimme. Andererseits benutzt er seine Gitarre aber auch nicht nur dazu, um auf ihr die Saiten zu zupfen, sondern funktioniert sie zugleich zum Schlaginstrument um. Im zugehörigen Video erntet er dafür schon mal einen Goldregen. Auch im Vorentscheid?

Felicia Lu geht mit dem Lied "Anxiety" ins Rennen. Und Felicia Lu ist keine Unbekannte - jedenfalls nicht für eingefleischte Hardcore-Fans, die mit der ESC-Bibel unter dem Kopfkissen ins Bett gehen. Die 26-Jährige nahm nämlich 2017 schon einmal am deutschen Vorentscheid teil. Damals musste sie mit dem Song "Dancing On My Own" als Viertplatzierte jedoch die Segel streichen. Das Rennen machte am Ende Levina mit "Perfect Life".

Mittlerweile verzichtet Felicia Lu Kürbiß, wie sie vollständig heißt, nicht nur auf die Nennung ihres sperrigen Nachnamens, sie hat die Musik auch zu ihrem Beruf gemacht. Die Pop-Nummer "Anxiety" hat sie deshalb ebenso selbst geschrieben wie sie das Video zum Song in Eigenregie gedreht hat. Es entstand in der Corona-Quarantäne in ihrem Zuhause - unter anderem auf dem Klo. Aber natürlich hofft sie darauf, beim Vorentscheid nicht zum zweiten Mal in selbiges zu greifen.

Maël & Jonas gibt es nur im Doppelpack. Wie Dieter Bohlen und Thomas Anders muten sie optisch allerdings nicht an - eher wie ein Duo aus Andreas Kümmert und dem jungen Otto Waalkes. Musikalisch geht der Gute-Laune-Song "I Swear To God" der Koblenzer indes in Richtung einer gezähmten Bloodhound Gang.

Für ihren Fun-Punk zum Mitwippen zeichnen die beiden selbst verantwortlich. Während Jonas produziert, ist Maël in erster Linie für die Texte zuständig. Der auf einem Hausdach gedrehte Clip zu "I Swear To God" ging bereits im Oktober 2021 bei Youtube online - knapp 80.000 Menschen haben ihn in den ersten vier Monaten schon gesehen. Für die Bühne haben die beiden allerdings noch spektakulärere Pläne. "Wir fänden Feuer ganz gut", erklären sie.

Emily Roberts ist bei dem Gedanken an den ESC sicher auch schon ganz Feuer und Flamme. Die in Hamburg geborene Sängerin gehört zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Vorentscheid, die bereits einige Erfahrung im Musikgeschäft haben. Ihr jetziger College-Pop-Song heißt "Soap". Doch mit dem Lied "In This Together" sorgte sie 2020 schon einmal für Furore: Es war der Titelsong von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" in jenem Jahr.

Einige würden bei der Frage, ob sie lieber ins Dschungelcamp zögen oder mit James Blunt auf Tour gingen, vielleicht ins Grübeln geraten. Für Roberts aber ist die Antwort klar: Sie ist bereits im Vorprogramm des Briten aufgetreten. Das Video zu "Soap" entstand unterdessen in den USA. Mit dem Ticket nach Turin könnte die 28-Jährige ein weiteres Reiseziel abhaken.

Nico Suave & Team Liebe wollen ihre im Song "Hallo Welt" verankerte Botschaft, "Liebe zu streuen", aber natürlich ebenfalls nach Italien tragen. Das Quartett mit zwei Frauen und einem weiteren Sänger um den bekannten Rapper Nico Suave wirkt ein bisschen wie die Premium-Ausgabe des ESC-Beitrags von Jendrik im vergangenen Jahr. Es fallen ganz viele Worte wie "TikTok", "Instagram" oder "Kardashian" in seinem Song, der hörbar darum bemüht ist, sich an den Zeitgeist anzuschmiegen.

Doch auch Oli P. hat sicher seine Freude, wenn er hört, wie sich der Sprechgesang von Suave mit den engelsgleichen Frauenstimmen abwechselt. Eines der weiblichen Bandmitglieder heißt Emmy und erklärt mit Blick auf den ESC: "Dieses Event, das verpass ich nie." Ob Emmy den Contest diesmal in Turin erleben kann oder doch wieder nur von der heimischen Couch aus verfolgen wird, wird sich zeigen.

Malik Harris ist der Letzte im Bunde der glorreichen Sechs. "Rockstars" heißt sein Song, der womöglich durchaus einiges Hit-Potenzial hat. Schließlich handelt es sich dabei um eine Michael-Schulte-ähnliche Ballade. Und auch bei den ruhigeren Ergüssen von Eminem hat Harris ziemlich gut zugehört, um sie in seine Sprechgesang-Parts einfließen zu lassen.

Der Titel des Songs passt ganz gut zu dem 24-Jährigen. Er selbst ist nämlich bereits so ein Rockstar, dass wir ihn bei ntv.de auch schon einmal vorgestellt haben. Mal ganz abgesehen davon, dass er natürlich bereits zum Star geboren wurde. Sein Vater ist kein Geringerer als die ehemalige Talkshow-Dauerquasselstrippe Ricky Harris. Wollen wir hoffen, dass es für Malik Harris beim Vorentscheid etwas weniger düster zugeht als in seinem Videoclip zu "Rockstars". Und für alle anderen natürlich auch. In diesem Sinne: Viel Spaß bei der Qual der Wahl!

Quelle: ntv.de

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