"Tatort"-Jubiläum in Münster Die Zwei von der Zankstelle
13.11.2022, 21:47 Uhr
Hier spielt die Musik - leider nicht: Boerne (Jan Josef Liefers, l.) und Thiel (Axel Prahl) in "Ein Freund, ein guter Freund".
(Foto: WDR / Martin Valentin Menke)
Im Oktober 2002 nimmt das "Odd Couple" des Sonntagskrimis seinen Dienst auf. Die Premiere gerät direkt preisverdächtig. 20 Jahre später zünden die Gags nicht mehr so verlässlich. Beliebt sind Boerne und Thiel noch immer, aber es muss etwas passieren. Darauf ein Lied, zwo, drei, vier …
"Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt. Drum sei auch nie betrübt, wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt. Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den's gibt. Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt."
So singen es Willy (Willy Fritsch), Kurt (Oskar Karlweis) und Hans (Heinz Rühmann) anno 1930 in Wilhelm Thieles Film "Die Drei von der Tankstelle". Noch etwas populärer ist die Version der legendären Comedian Harmonists, das Stück selbst von Werner Richard Heymann extra für die sogenannte Tonfilm-Operette komponiert. Der Text stammt von Robert Gilbert, dessen Portofolio zudem Klassiker wie "Im weißen Rößl", "Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen" und Raritäten vom Schlage "Kathrin, du hast die schönsten Beine von Berlin" zieren.
Die Ode an die Freunde hat seit ihrer Entstehung so einiges mit- und durchgemacht. Einst wurde "Ein Freund, ein guter Freund" auf Tonpostkarten vertrieben, später drehten gar die Böhsen Onkelz das Stück durch den Wolf, in Berlin war es Mitte der Nuller Jahre unverzichtbarer Bestandteil einer neuen Musicalversion. Nicht zu vergessen: Rühmanns Scherben, eine illustre Covercombo um den 2021 verstorbenen Willi Herren und Big-Brother-Survivor Jürgen Milski, die dieses Stück ebenfalls im Repertoire führten und damit den Ballermann, Après-Ski-Sausen und andere Promille-Gipfel beschallten.
Zähe Gags, spannungsbefreiter Fall
Bleibt die Frage, warum nun ausgerechnet Boerne und Thiel beziehungsweise Jan Josef Liefers und Axel Prahl diese Wuchtbrumme von einem Klassiker nicht lauthals anstimmen, wo der neueste Fall, ihr 42. insgesamt, doch schon so heißt? Drauf haben sie es doch. Prahl gründete schon Mitte der 80er-Jahre eine erste Band, sang bereits mit Knorkator und hat mit dem Insel-Orchester einiges an Alben veröffentlicht. Dito Liefers: Der spielt seit 1975 Gitarre, ist mit seiner Band Radio Doria aktiv, mit der er 2015 sogar beim Bundesvision Song Contest antrat und dabei einen respektablen 4. Platz belegte.
Allein beim Lesen des Titels der "Tatort"-Folge vom Sonntagabend hört man die beiden schon vorm geistigen Ohr trällern. Stattdessen verpuffte die schöne Freundes-Sause - mit Blick auf die Premiere der beiden am 20. Oktober 2002 immerhin so etwas wie die Geburtstagsfolge - zwischen zähen Gags, einem spannungsbefreiten Fall und maximal routiniertem Schlagabtausch der einst so beseelt Beef Betreibenden.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr kein Einzelfall. Im März wurde "Propheteus" von Fans via Twitter und Facebook zum "schlechtesten 'Tatort' aller Zeiten" gekürt, überzogen, realitätsfern, over the Top und zwar so richtig, Stichwort Echsenmenschen. Der Münster-"Tatort" sei "am eigenen Erfolg zugrunde gegangen", so lautete einer der User-Kommentare.
Und in der Tat, ein Gefühl, das einen auch nach 90 Minuten "Ein Freund, ein guter Freund" beschleicht. Die beiden mögen sich noch so mühen, Boerne/Liefers selbst die kleinste Szene zum Event hochschrauben, Thiel/Prahl jede noch so freundliche Begegnung ins Mürrische drehen - das lange Zeit beliebteste Ermittlerpärchen pfeift buchstäblich auf dem letzten Loch. Und dann singen die Zwei von der Zankstelle noch nicht einmal. Wenn es weitere 20 Jahre werden sollen, dann ist ein umfassender Neustart notwendig, so etwas wie eine innovative Storyline oder mal eine echte Gefahr, ein neuer Protagonist, eine aufreibende Romanze - oder eben ein Lied. Und jetzt alle: Ein Freund, ein guter Freund …
Quelle: ntv.de