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"Tatort" aus Franken Immer Ärger mit der Erbfolge

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Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert.

(Foto: picture alliance/dpa)

Gutes Timing, Zufall oder liegt das Thema einfach in der Luft? Mit "Hochamt für Toni" hat sich der "Tatort" ein Thema gepickt, das in diesen Tagen die Runde macht. Anders als beim Krimi am Sonntagabend ist die Zielgruppe jedoch eher überschaubar.

Bei "Succession" dreht, oder sollte man besser sagen, drehte sich am Ende doch alles ums Erbe. Wer übernimmt den Laden, wenn Logan Roy, die graue Eminenz, dann doch einmal abtritt. Vier Staffeln lang konnte - und kann man auf Abruf natürlich immer noch - dabei zuschauen, wie die Kids und ihr Anhang einander zerfleischten.

Auch beim "Tatort" am Vorabend war das unterschwellige Thema jenes der Erbfolge. Die Hentschels aus dem kleinen Ort in Oberfranken waren mit Autos et al. zu ansehnlichem Vermögen gekommen. Ginge es nach der Reihenfolge, wäre Tochter Antonia, genannt Toni, die Glückliche, aber die Jungs, der Vater, alle kochen ihr eigenes Süppchen, wollen der revolutionär anmutenden Idee einer weiblichen Chefin kaum eine Chance geben. Am Ende musste Toni das Ganze mit dem Leben bezahlen beziehungsweise wurde dem Publikum weisgemacht, sie hätte ihrem Dasein ein Ende gesetzt. Pustekuchen, in einer morbid-romantischen Pointe kam es am Telefon zwischen Kommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) und seiner Studentenliebe von damals sogar noch zu einem homöopathisch dosierten Happy End.

Doch das mit der Erbfolge scheint ein Trend zu sein, wenn auch nur in den obersten Etagen der merkantilen Elfenbeintürme. Das, was Kendall, Shiv und Roman Roy auf dem Bildschirm durchmachen mussten, vollzieht sich auch in der Realität. Die Kunst holt hier die Wirklichkeit ein. "Succession Syndrome", so nennt das "Paracelsus Recovery"-Zentrum dieses Phänomen. Der therapeutischen Einrichtung mit Filialen in London und Zürich werden in diesen Tagen die teuren Türen eingerannt, das Problem: der Druck, die psychische Belastung, die Kommunikationsprobleme, die in den Familien der Superdynastien herrschen. Immer liefern, liefern, liefern, das kann auch in teuerster Bettwäsche für Schlaflosigkeit um 3 Uhr morgens sorgen.

Die Tarife sind entsprechend der Zielgruppe, für Beratung, Therapie und medizinische Maßnahmen können bis zu 132.000 Dollar pro Woche fällig werden. Laut Angaben von Paracelsus liegt die Tendenz zu narzisstischen Verhaltensweisen und Alkoholmissbrauch um 27 Prozent höher als bei Otto-Normal-Verzweiflern.

Eine Geschichte, die wieder mal ungewöhnlich verlief

Schauspieler Brian Cox, der so überzeugend das Familienoberhaupt in "Succession" verkörperte, gab in einem Interview mit dem "Independent" jüngst zu, selbst an der "Logan Roy Disease", wie er es nennt, erkrankt zu sein. Allerdings bezog sich der 77-Jährige dabei scherzhaft auf den Anteil des F-Wortes in seinen Sätzen. Seine Frau habe bereits mit der Scheidung gedroht, so Cox augenzwinkernd.

Derlei großangelegten Rahmen gab es in "Hochamt für Toni" nicht, dennoch bildete auch diese ganz bestimmte Kommunikationsstörung eine der Grundlagen des Plots. Wie der Hentschel-Clan da zum Essen zusammenkam, die unausgesprochenen Vorwürfe, der Mord schließlich, der auch aus dieser Gemengelage hervorging - die Diagnose "Succession-Syndrom" wäre wohl nicht allzu weit hergeholt gewesen.

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Drehbuchautor Bernd Lange jedoch hatte anderes im Sinn, er verfolgte mit seiner Geschichte einen ganz anderen Plot-Strang. Einen schönen englischen Namen hat dieser bei ihm jedoch auch: The Roads not taken. Die Straßen des Lebens, in die man eben nicht abgebogen ist. "Das war ein Gedanke, der mich umtrieb, als es darum ging, einen Kern zu finden, um den sich 'Hochamt für Toni' drehen sollte", so Lange. "Er findet sich in Felix Voss' Beziehung zu Toni, die seinem Lebensentwurf vielleicht eine andere Richtung gegeben hätte, wären sie damals ein Paar geworden. Er findet sich ebenfalls bei Toni und ihrer Familie, in ihren Entscheidungen und Handlungen, über die sich Felix nach und nach Kenntnis verschafft."

Eine Geschichte, die wieder einmal ungewöhnlich verlief, gerade mit Blick auf die tatörtliche Gemengelage am Sonntagabend, aber gerade die Konsequenz, mit der Lange diese Geschichte erzählte, machte den Reiz des Falles aus. Ein eleganter Kniff, dass mit dem möglichen Wiedersehen von Felix Voss und Toni am Ende sogar noch ein Cliffhanger heraussprang. Fortsetzung erwünscht, aber bitteschön ähnlich stimmungsvoll.

Quelle: ntv.de

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