Kreml kündigt Gegenmaßnahmen an Finnland ist Mitglied der NATO - Schweden muss weiter warten
04.04.2023, 14:47 Uhr
Mit Finnlands Beitritt steigt die Zahl der NATO-Mitglieder auf 31.
(Foto: picture alliance/dpa/Lehtikuva)
Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wächst das Bedürfnis anderer Länder nach militärischem Schutz. Finnland und Schweden geben ihre jahrzehntelange Unabhängigkeit auf und streben in die NATO. Für Helsinki ist der Prozess nun erfolgreich abgeschlossen. Schweden hängt weiter vom Wohlwollen der Türkei ab.
Finnland ist unter dem Eindruck des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine der NATO beigetreten. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto übergab im NATO-Hauptquartier in Brüssel die Beitrittsurkunde seines Landes an US-Außenminister Antony Blinken, der sie am Gründungsort des Verteidigungsbündnisses in Washington verwahren wird. Mit diesem Schritt wurde der Aufnahmeprozess endgültig abgeschlossen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Blinken sprachen von einem "historischen Tag" für das westliche Militärbündnis und für Finnland. Damit hat die Allianz nun 31 Mitglieder.
Finnlands Präsident Sauli Niinistö sprach vom Beginn einer neuern Ära . Die Zeit der militärischen Bündnisfreiheit seines Landes sei nun zu Ende gegangen. Die Mitgliedschaft verschaffe Finnland Sicherheit, gleichzeitig werde auch die Verteidigungsallianz durch die Mitgliedschaft sicherer. "Finnland, das der Sicherheit aller NATO-Mitgliedstaaten verpflichtet ist, wird ein zuverlässiger Verbündeter sein, der die regionale Stabilität stärkt." Ministerpräsidentin Sanna Marin sagte, sie sei "stolz auf Finnland und die finnische Bevölkerung. Als Nation sind wir im Verlauf dieses historischen Prozesses vereint gewesen."
Im Anschluss an die Übergabe der Urkunde wurde die finnische Flagge erstmals vor dem NATO-Hauptquartier gehisst - alphabetgetreu zwischen Estland und Frankreich. Direkt nach der Feier begann das erste NATO-Außenministertreffen, an dem Finnland als offizielles Mitglied teilnahm.
Die Aufnahme Finnlands erfolgte genau 74 Jahre nach der Gründung der NATO am 4. April 1949 in Washington. Stoltenberg sagte, er könne sich kaum etwas Besseres vorstellen, als den Geburtstag mit dem Beitritt Finnlands zu feiern. Der Norweger machte zudem deutlich, dass er die NATO-Norderweiterung als Zeichen für ein Scheitern der Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin sieht. Ein erklärtes Ziel der Invasion in die Ukraine sei es gewesen, weniger NATO an der russischen Grenze zu haben und neue Mitgliedschaften zu verhindern, sagte der Norweger. Nun bekomme Putin genau das Gegenteil - mehr NATO-Truppen im östlichen Teil des Bündnisses und mehr NATO-Mitglieder. Finnland hat eine 1340 Kilometer lange Grenze zu Russland.
Kreml kündigt Gegenmaßnahmen an
Der Kreml kritisierte den NATO-Beitritt seines Nachbarn als Bedrohung für seine eigene Sicherheit. "Die Erweiterung der NATO ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Russland sei entsprechend zu Gegenmaßnahmen gezwungen. Peskow nannte die Aufnahme Finnlands einen Eingriff in Russlands Sicherheit und sagte, die Struktur der Nato sei Russland feindlich gesonnen.
Die NATO versteht sich als reines Verteidigungsbündnis, im Zentrum des Vertrags steht die sogenannte Beistandspflicht nach Artikel 5: Danach ist ein Angriff auf ein Mitglied ein Angriff auf die ganze Allianz.
Finnlands NATO-Beitritt ist eine der bislang wohl weitreichendsten geopolitischen Folgen des russischen Einmarsches in die Ukraine. Das nordische Land mit seinen rund 5,5 Millionen Einwohnern hatte zuvor jahrzehntelang großen Wert auf militärische Bündnisfreiheit gelegt.
Stoltenberg kämpft um Schweden
Schweden will ebenfalls NATO-Mitglied werden. Dieser Beitritt wird aber bislang von den Bündnismitgliedern Türkei und Ungarn blockiert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der schwedischen Politik mangelnden Einsatz gegen "Terrororganisationen" vor. Dabei geht es Ankara vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Ungarn wiederum monierte jüngst schwedische Aussagen zu Rechtsstaatlichkeit und Korruption - dabei hatten die Schweden eigentlich lange Zeit mit keinen Einwänden aus Budapest gerechnet.
Stoltenberg zufolge wird die NATO alles dafür tun, damit Schweden schnell zum vollen Mitglied wird. "Ich bin zuversichtlich, dass das passieren wird", sagte Stoltenberg zum Auftakt eines Außenminister-Treffens. Kanadas Außenministerin Melanie Joly forderte die Regierungen in Ankara und Budapest auf, den Beitritt Schwedens jetzt "ohne weitere Verzögerung" zu ratifizieren. Stoltenberg sagte, er habe unlängst mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über das Thema gesprochen. Ihm sei zugesichert worden, dass es schon bald Fortschritte geben werde.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gratulierte den "finnischen Freunden" zur Aufnahme in die Allianz. Zugleich sagte er, auch die Ukraine habe das Ziel, vollwertiges Mitglied der Allianz zu werden. Es werde bei seinen Gesprächen auch um weitere Fortschritte in diesem Prozess gehen. "Die NATO und die Ukraine brauchen sich gegenseitig", betonte Kuleba.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts