"Fast ein Wunder" 109-Jährige überlebt Corona und feiert
13.02.2022, 22:09 Uhr
Kann sich wieder freuen: Die 109-jährige Mina Hehn.
(Foto: picture alliance/dpa)
Zehn Tage kämpft Mina Hehn mit Covid-19: Sie hat hohes Fieber, Gliederschmerzen und isst nicht mehr. Doch die Pfleger im Altersheim geben die älteste Bewohnerin nicht auf. Nun ist die Stuttgarterin wieder wohlauf und feiert Geburtstag.
Mina Hehn hat über Weihnachten eine schwere Covid-19-Erkrankung überstanden - und an diesem Sonntag in Stuttgart ihren 109. Geburtstag gefeiert. Nun ist sie fideler als vergangenes Jahr. "Ja, ich bin a bissle fitter als an meinem letzten Geburtstag", erzählt die alte Dame. Das liege auch daran, dass die "Abtrennung" endlich vorbei sei. Vor einem Jahr konnte ihre Familie sie während des Lockdowns im Pflegeheim kaum besuchen. "Abwechslung hat man schon gern." Durften die Verwandten ihr zum 108. Geburtstag nur vom Garten aus ein Ständchen singen, geht es diesmal mit Tochter, Enkeln und Urenkeln ins Café. Dort wartete ein Kuchen in Herzchen-Form auf sie.
Ins Café gehen sei früher nicht so ihr Faible gewesen, da ist sie ganz sparsame Schwäbin. "Ich bin lieber daheim geblieben, da kann man so viel Kaffee trinken, bis man genug hat." Überhaupt wäre ihr größter Wunsch zum Geburtstag, wieder daheim zu sein. Bis sie 105 war, hat sie allein in ihrer Wohnung gelebt. Nur ihre Tochter kam regelmäßig vorbei, um ihr Essen zu bringen. Am Pflegeheim liege es nicht, dass sie sich nach zu Hause sehnt. Es geht um den eigenen Rhythmus, Selbstbestimmung.
Besondere Pläne hätte sie für diesen Fall nicht. "Ich würde gar nix machen", sagt sie. "Faulenzen." Dass Hehn Corona an Weihnachten überstanden hat, sei "fast ein Wunder", sagt ihre Tochter. Zehn Tage sei ihre Mutter, die zweimal geimpft war, in Quarantäne gewesen. Sie hatte hohes Fieber und Gliederschmerzen, essen wollte sie auch nicht mehr. Weil der Arzt Sorge hatte, dass die 108-Jährige es nicht übersteht, durfte ihr Enkel jeden Abend beim Essen helfen - aber nur im Schutzanzug. Doch die Pflegekräfte wollten Mina nicht aufgeben. Es dürfe nicht sein, dass ihre älteste Bewohnerin jetzt an Covid stirbt, war die Losung. "Sie sind doch meine Königin", sagte eine Pflegerin.
"Der Scholz ist der mit den Locken"
Ihre Familie staunt schon lange über ihre Zähigkeit und ihr Erinnerungsvermögen. Weil sie nun aber schlechte Augen hat, liest ihre Tochter ihr Kreuzworträtsel vor, die Antworten kommen zuweilen "wie aus der Pistole geschossen". Wer sich mit Mina - ihr richtiger Name ist Wilhelmine - Hehn unterhält, der fängt irgendwann an zu rechnen. Sie hat nun fast 40.000 Tage gelebt. Ein Jahr vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs (1914-1918) kam sie in Stuttgart zur Welt.
Mina war fünf Jahre alt, als die Spanische Grippe sich 1918 ausbreitete. Willy Brandt wurde auch 1913 geboren, ist aber schon bald 30 Jahre tot. An Brandts Nach-Nachfolger im Kanzleramt, Olaf Scholz, erinnert sie sich. "Das ist doch der mit den dunklen Locken." Wer "Scholz mit Haaren" googelt, versteht, dass sie ihn noch als Juso mit voller Haarpracht vor sich sieht.
Natürlich beschäftigt sie sich mit dem Tod. "Ach, langsam geht es dem Ende zu", meint sie. Doch auf den Hinweis, dass eine Japanerin gerade 119 geworden ist, traut sich Mina Hehn auch selbst noch einen ausgedehnten Endspurt zu: "Das ist ja stark. Das könnte ich vollends auch noch schaffen." Und so lebt Mina Hehn weiter. "Gern sterben möchte ich nicht", sagt sie. "Aber es ist ein Muss."
Quelle: ntv.de, Henning Otte, dpa