Mit ihrem Leben zufrieden Immer mehr Menschen werden 100 Jahre alt
03.08.2021, 14:01 Uhr
In Gesellschaft macht das Leben mehr Spaß: Hochbetagte sind häufig aktiv.
(Foto: picture alliance / Uli Deck/dpa)
Sie sind psychisch stabil und lassen sich von schwierigen Situationen nicht unterkriegen: In Studien zu Hochbetagten wird versucht, das Geheimnis ihres langen Lebens zu entschlüsseln. Der medizinische Fortschritt und der steigende Wohlstand spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die Zahl der Hochbetagten in Deutschland wächst: 2020 waren laut Statistischem Bundesamt 20.465 Menschen 100 Jahre oder älter. Trotz Corona-Pandemie waren das 3523 Menschen mehr als 2019, wie das Amt mitteilt. "Noch nie während der letzten zehn Jahre gehörten so viele Menschen zur Altersgruppe 100 plus", erklären die Wiesbadener Statistiker.
"Medizinischer Fortschritt und steigender Wohlstand führen dazu, dass die Menschen in unserer Gesellschaft immer älter werden", begründen die Statistiker die Entwicklung. Nicht nur absolut gesehen war die Zahl der über Hundertjährigen 2020 am höchsten. Auch ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung steigt - aktuell liegt er bei 0,25 Promille. 80 Prozent der Hochbetagten sind Frauen.
Jüngere könnten von diesen Menschen manches lernen, sagt die Psychologin Daniela Jopp, die zur Lebenssituation sehr alter Menschen forscht: "Zum Beispiel, sich von schwierigen Situationen nicht unterkriegen zu lassen". Damit das im Alter funktioniert, lohne es sich, "sein Leben frühzeitig entsprechend zu gestalten". Jopp hat die große Heidelberger Hundertjährigen-Studie mit geleitet, derzeit arbeitet sie an der Universität von Lausanne. Hundertjährige - so die 2003 und 2012 veröffentlichten Kernergebnisse - haben zwar häufig körperliche Einschränkungen, die geistige Leistungsfähigkeit aber ist besser, als statistisch zu erwarten wäre.
"Sie sehen das Glas halb voll"
"Das wichtigste Ergebnis ist, dass diese Menschen psychisch sehr stabil sind", fasst Jopp zusammen. Über 80 Prozent der Befragten waren mit ihrem Leben zufrieden. Drei Viertel sagten, das Leben mache auch mit über 100 noch Sinn. Die Forscher fanden heraus, dass diese Menschen oft extrovertiert sind - was es ihnen erleichtert, Kontakte zu knüpfen und zu erhalten. Ein weiterer Faktor ist Optimismus. "Sie sehen das Glas halb voll", sagt Jopp. "Sie sind gesundheitlich stark belastet, aber wenn man sie fragt, wie es ihnen geht, sagen sie: 'Mir geht es gut! Alle anderen sind ja schon gestorben.'" Diese "positive Perspektive" könne man trainieren, weiß die Psychologin.
Auch wenn Persönlichkeitsmerkmale wie Extraversion - eine nach außen gewandte Haltung - zum Teil genetisch bedingt sind, können Einstellungen und Verhaltenstendenzen doch bewusst verändert werden. "Die fitten Hundertjährigen waren in der Regel sehr aktiv", sagt Jopp. "Und sie berichten oft von ihren Leidenschaften." Das könne soziales Engagement sein, eine religiöse Praxis oder jedes beliebige Hobby, "wichtig ist nur, dass es dem Leben einen Sinn gibt."
In der Corona-Krise hätten sich Hundertjährige als "Meister im Coping" (dem Bewältigen negativer Erfahrungen) erwiesen, berichtet Jopp. Schließlich habe diese Altersgruppe schon die Spanische Grippe überlebt. Eine unveröffentlichte Studie mit 40 hundertjährigen Schweizern zeigt, dass sich viele mehr um Angehörige und Pflegepersonal sorgten als um sich selbst. Trotz Berichten über Einsamkeit, Funktionsverluste und Stimmungstrübungen waren die befragten Hundertjährigen "zumeist zuversichtlich", so Jopp.
Quelle: ntv.de, sbl/dpa