Missbrauchsprozess in Bamberg Chefarzt soll sich an Frauen vergangen haben
07.04.2015, 07:10 Uhr
Zwölf Frauen soll der ehemaliger Chefarzt des Klinikums Bamberg sexuell missbraucht haben. Nun wird ihm der Prozess gemacht. Während die Staatsanwaltschaft bis zu 15 Jahre Haft fordern könnte, sagt die Verteidigung, es habe "keine Sexualtat" gegeben.
Er galt als Koryphäe der Gefäßchirurgie, einer der besten in Deutschland. Doch seit dem vergangenen Sommer lastet ein schwerer Verdacht auf dem ehemaligen Chefarzt des Klinikums Bamberg. Er soll junge Frauen in dem Krankenhaus betäubt und sexuell missbraucht haben. Der in Untersuchungshaft sitzende Angeklagte bestreitet die Taten energisch.
Der 49 Jahre alte Familienvater Heinz W. ist in dem Prozess, der heute vor dem Landgericht Bamberg beginnt, wegen Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen und sexueller Nötigung angeklagt. Ihm drohen bis zu 15 Jahre Haft und ein Berufsverbot - dies hält die Staatsanwaltschaft wegen Wiederholungsgefahr für "unerlässlich".
Wissenschaftliche Studie als Vorwand

Ein Chefarzt des Klinikums Bamberg soll sich an einem Dutzend junger Frauen sexuell vergangen haben.
Eine junge Medizinstudentin, die in der Abteilung von W. ein Praktikum machte, brachte den Fall im Juli vergangenen Jahres ins Rollen. Die 26-Jährige war nach einer Untersuchung wegen ihrer Benommenheit stutzig geworden und hatte in einer anderen Klinik eine Blutprobe machen lassen. Dabei wurde bei ihr laut Anklage ein Hypnotikum nachgewiesen, das W. all seinen Opfern ohne deren Wissen verabreicht haben soll. Das Mittel soll bei ihnen allen die Erinnerung an den Missbrauch gelöscht haben.
Im Fall der jungen Frau soll W. diese unter dem Vorwand einer wissenschaftlichen Studie zur Untersuchung bestellt haben. Der Arzt habe ihr dann das Hypnotikum injiziert, das sie laut Anklage für eine Stunde völlig handlungsunfähig machte. In dieser Zeit habe der Arzt den Unterkörper der Frau entkleidet und ihr ein Sexspielzeug eingeführt, der apathischen jungen Frau aber gesagt, es handle sich um eine Blue-Tooth-Sonde. Mit dem Sexspielzeug und mit den Fingern soll er sie in der Folge missbraucht und dies sowohl gefilmt als auch fotografiert haben. Auf vergleichbare Art und Weise soll sich W. an elf weiteren jungen Frauen zwischen 17 und 28 Jahren vergangen haben. Zum größten Teil handelte es sich um Patientinnen, noch in einem weiteren Fall um eine Medizinstudentin.
Der angeklagte Arzt wird laut seines Verteidigers die Vorwürfe bestreiten. Die Anklage gehe an der Sache vorbei, sagt Verteidiger. "Man vergisst ganz, dass er Facharzt ist." Die Geschlechtsteile von Frauen gehörten nun mal in sein Fachgebiet. Was sein Mandant gemacht habe, sei eine "medizinische Handlung" gewesen, zum Teil habe es sich um Notfälle gehandelt, für deren Behandlung er sogar von Familienfeiern in die Klinik zurückgekehrt sei. Dass die Bilder existieren, bestreitet die Verteidigung nicht. Aber darauf gebe es "keinerlei Hinweise auf eine sexuelle Erregung". Mit Hilfe eines Gutachters aus dem Fachgebiet wolle die Verteidigung die Vorwürfe deshalb widerlegen.
"Das ist keine Sexualtat"
Eine der angeklagten Taten fällt allerdings aus dem Rahmen. Im Juni vergangenen Jahres lud der Mediziner eine 18-Jährige zu einem Musicalbesuch mit Hotelübernachtung ein. Die Frau sei davon ausgegangen, ein Einzelzimmer zu haben, doch der Angeklagte habe ein gemeinsames Doppelzimmer gebucht. An der Hotelbar soll er sich mit der jungen Frau betrunken haben. In der Nacht soll er dann die nur leicht bekleidete Frau auf dem Bett liegend am Unterkörper gestreichelt und dies mit einer versteckten Kamera heimlich gefilmt haben.
"Das ist keine Sexualtat", sagt der Verteidiger dazu, es gehe der Anklage nur um das heimliche Aufnehmen der Bilder. Interessant dürfte werden, wie das Gericht die angeblich medizinisch nötigen Bilder aus der Klinik vor dem Hintergrund der Bilder aus dem Hotel bewertet. Nach zwölf Verhandlungstagen soll Ende Mai ein Urteil fallen.
Quelle: ntv.de, kbe/AFP