Panorama

Knapp 40 Jahre auf der Flucht Das Justizdrama um Roman Polanski

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Für Roman Polanski sprechen viele mildernde Umstände - ein unaufrichtiger Richter, Vergebung seitens des Opfers, tadelloses Leben in Europa, fortgeschrittenes Alter.

(Foto: imago/Eastnews)

1977 wird Roman Polanski wegen Sex mit einer Minderjährigen angeklagt. Obwohl sich der Hollywood-Regisseur schuldig bekennt, ist der Fall bis heute nicht abgeschlossen. Polanski lebt seitdem in einem juristischen Zwielicht.

Angst, Verzweiflung und Tod begleiten die Biografie des polnisch-französischen Regisseurs Roman Polanski. Als kleiner Junge erlebt er die Gräueltaten der Nazis. Seine Eltern, polnische Juden, kehren mit ihm wenige Jahre vor Beginn des Zweiten Weltkriegs von Paris nach Polen zurück. Zusammen mit anderen Kindern schlägt er sich in polnischen Wäldern durch, kommt bei Bauern unter und überlebt so den Krieg.

Im Jahr 1969 wird seine im achten Monat schwangere Frau Sharon Tate von Anhängern der okkulten Manson-Sekte in Polanskis kalifornischer Villa auf bestialische Weise getötet. Polanski entgeht den Mördern, weil er zum Zeitpunkt des grausamen Verbrechens nicht in der Villa ist.

1977 folgt die Fortsetzung der Polanski-Saga. Der damals 43-Jährige wird festgenommen, weil er im Haus von Jack Nicholson eine 13-Jährige mit Drogen und Champagner zum Sex verführt hatte. In Kalifornien gilt Intimverkehr mit Minderjährigen als Vergewaltigung. Er bekennt sich schuldig und sitzt 42 Tage in Untersuchungshaft. Polanski wird zum Spielball der Medien und der Justiz.

Richter begeht Wortbruch - Deal platzt

Der zuständige Richter will Polanski hinter Gittern sehen. Um einen langen Prozess zu vermeiden, schlägt er Polanski einen juristischen Deal vor: Statt eines Prozesses soll sich Polanski in einem Punkt schuldig bekennen und einige Monate in einem Staatsgefängnis absitzen, um seinen Geisteszustand untersuchen zu lassen.

Polanski erfüllt seinen Teil der Abmachung und verzichtet damit auf einen öffentlichen Strafprozess. Er kehrt aus Europa zurück, um seine Zeit im Staatsgefängnis von Chino abzusitzen. Nach 42 Tagen erfolgt die vorzeitige Entlassung mit der Empfehlung, eine Bewährungsstrafe zu verhängen. Doch es kommt anders. Der Richter will den Deal nachverhandeln und fordert, Polanski solle auf sein Aufenthaltsrecht in den Vereinigten Staaten verzichten. Diesen Wortbruch bezeugt nicht nur Polanskis Anwalt, sondern auch der damals zuständige Staatsanwalt. Um einem Prozess in den USA zu entkommen, flüchtet der Starregisseur nach Paris.

"Korrupte Akteure" in Kalifornien

Seitdem lebt Polanski in einem juristischen Zwielicht. An die Meisterwerke seiner Hollywoodzeit konnte er seitdem nie wieder anknüpfen. Samantha Geimer, das junge Mädchen, das sich damals von ihm für eine Sondernummer von "Vogue" fotografieren lassen wollte und auf Ruhm vergleichbar mit Nastassja Kinski hoffte, kämpft vor Gericht darum, dass das Verfahren endlich eingestellt wird. Sie will ihr Leben zurück. Im Internet stehen immer noch die intimsten Details jenes Tages im März 1977.

In ihrer Autobiografie "The Girl - A Life in the Shadow of Roman Polanski", die Geimer mehr als drei Jahrzehnte nach der Tat veröffentlicht, schreibt sie: "Irgendwie war das, was passiert war - so schlimm es war - nicht so schlimm wie das, was noch kam." In der kalifornischen Justiz habe es "korrupte Akteure" gegeben, "deren Gier nach Öffentlichkeit ihr Bemühen um Gerechtigkeit übertraf". Ihre Familie habe keine Strafe für Polanski gefordert, sondern sich nur gewünscht, "dass die Justizmaschinerie gestoppt wird", sagte Geimer. Sie selbst habe dem Regisseur mittlerweile verziehen.

Tag der Entscheidung

2009 holt Polanski seine Vergangenheit erneut ein. Bei der Einreise in die Schweiz wird er auf dem Flughafen Zürich festgenommen und landet aufgrund des US-Haftbefehls in Abschiebehaft. Nach zwei Monaten wird er unter Hausarrest gestellt, neuneinhalb Monate später weisen die Schweizer Behörden den Auslieferungsantrag der USA ab und heben Polanskis Hausarrest auf.

Seit Februar diesen Jahres liegt ein neuer Auslieferungsantrag vor. Diesmal in Polen. Die polnische Justiz will heute über den Antrag entscheiden. Nach Ansicht der Verteidigung ist das Auslieferungsgesuch der US-Justiz unbegründet, weil es bereits in dem damaligen Verfahren zu einer Einigung zwischen Polanski und der Anklagebehörde gekommen sei.

Polanski hat die polnische und die französische Staatsangehörigkeit und seit Jahren einen Wohnsitz im südpolnischen Krakau. Sollte das Krakauer Gericht einer Auslieferung zustimmen, liegt die endgültige Entscheidung beim Warschauer Justizminister. Wird der Auslieferungsantrag vom Gericht zurückgewiesen, ist die Entscheidung bindend.

Quelle: ntv.de

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