Affäre um Limburger Bischof Tebartz-van Elst Ein Hirte, dem die Schafe davonlaufen
10.09.2013, 11:32 Uhr
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst beim Gottesdienst im Dom zu Limburg an der Lahn.
(Foto: dpa)
Der Limburger Bischof Tebartz-van Elst ist nicht beliebt bei seinen Schäfchen. Tausende Gläubige unterschreiben einen Protestbrief an ihren Hirten. Der Papst bemüht sich um Schadensbegrenzung, doch das Vertrauen in den Bischof ist verloren. Und die Verantwortung dafür trägt dieser selbst.
Die Probleme für Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst begannen nicht erst vor einigen Wochen. Sein autoritärer Führungsstil steht schon seit einigen Jahren in der Kritik. Immer wieder wurden von Priestern die unangenehme Stimmung im Bistum und der autoritäre Leitungsstil des Bischofs kritisiert. Es ist bezeichnend für die Atmosphäre in einer Diözese, wenn sich 21 Priester gegen den eigenen Bischof wenden und in einer Schrift an ihren Hirten von einer "Furcht vor Bischof und Bistumsleitung unter Priestern und Engagierten in der caritativen Arbeit" sprechen. Genau dies geschah im März 2012.

Tebartz-van Elst gewährt einen Blick in den Innenhof vor der Kapelle des Bischofshauses.
(Foto: dpa)
Doch seine unbeliebte Art, das Amt des Bischofs auszufüllen, ist nicht das größte Problem, mit dem sich der Geistliche konfrontiert sieht. Gerade in Zeiten, in denen Papst Franziskus daran arbeitet, die Glaubwürdigkeit der Kirche peu à peu wieder herzustellen, mangelt es dem Limburger Ordinarius genau daran. Und das nicht zu knapp.
Anfang 2012 flog Tebartz-van Elst nach Indien, um dort die Ärmsten der Armen in Slums zu besuchen. Wie sich später herausstellte, flog er Erster Klasse. Das bestritt der Geistliche jedoch auf Nachfrage zunächst und behauptete nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", nur Business-Class geflogen zu sein. Im Zuge eines folgenden Rechtsstreits mit dem Magazin gab Tebartz-van Elst sogar eine eidesstattliche Versicherung ab, um eine einstweilige Verfügung gegen den "Spiegel" zu erzwingen: Er habe niemals behauptet, nur Business-Class geflogen zu sein.
Inzwischen ermittelt in dieser Sache die Staatsanwaltschaft Hamburg: Von dem Gespräch gibt es Videoaufzeichnungen. Der Nachweis, dass Tebartz-van Elst bezüglich seines Indien-Fluges gelogen hat, ist erbracht. Und das ist kein Kavaliersdelikt. Sollte ihm hier tatsächlich eine Falschaussage unter Eid nachgewiesen werden, drohen ihm nach §156 StGB bis zu drei Jahre Haft, mindestens jedoch eine Geldstrafe.
Protestbrief von 4400 Gläubigen unterzeichnet
Wie ein verrußter Heiligenschein schwebt das drohende Urteil über Tebartz-van Elst und wirft seine Schatten auch auf alle anderen Aspekte seiner Amtsausführung. Getreu dem Motto "wer einmal lügt, dem glaubt man nicht" ist das Vertrauen in den Bischof schwer beschädigt. Etwa auch dann, wenn es um den Ausbau des bischöflichen Amtssitzes geht, der inzwischen laut dem "Spiegel" rund 15 bis 20 Millionen Euro kosten wird - statt der ursprünglichen 5,5 Millionen. Auch hier gerät Tebartz-van Elst in Bedrängnis, verspricht in einem Hirtenbrief vom 31. August 2013 einen "genaueren Blick und die Überprüfung vieler Einzelheiten".
Furcht unter den Mitarbeitern, Falschaussage unter Eid und Verschwendung von Kirchengeldern: Das alles sind Vorwürfe, die kräftig an den Beinen des Limburger Bischofsstuhls sägen. Rund 4400 Katholiken im Bistum Limburg haben einen offenen, kritischen Brief an Tebartz-van Elst unterzeichnet. Darin bekunden sie die Sorge um die Zukunft des Bistums, das in einer tiefen "Vertrauenskrise" stecke. Die Bistumsleitung müsse "umgehend einen anderen Weg einschlagen". Das Protestschreiben wurde nicht nur dem Bischof persönlich überreicht, sondern auch am Ende eines Gottesdienstes im Frankfurter Dom verlesen: Ein klares Signal an das geistliche Oberhaupt der Diözese.
Hilferuf an Franziskus
Nun greift der Vatikan in die Affäre ein und schickt einen Päpstlichen Gesandten, um im Bistum Limburg für Recht und Ordnung zu sorgen. So scheint es zumindest, wenn man zahlreichen Medienberichten über den gestrigen Besuch von Giovanni Kardinal Lajolo Glauben schenkt.
Doch ganz so ist es nicht. Wie in dem entsprechenden Brief des Vatikans an den Bischof von Limburg hervorgeht, der den Besuch Lajolos ankündigt, ist die Stoßrichtung umgekehrt: Der Hilferuf kam von Tebartz-van Elst selbst. Er forderte offenbar sogar eine "Apostolische Visitation", die dem päpstlichen Legaten umfangreiche Rechte und Befugnisse zur Aufklärung der Sachlage zugestanden hätte.
In dem Schreiben des Vatikans vom 3. September heißt es unterdessen, der Heilige Stuhl hege "volles Vertrauen in Ihre Amtsführung und sieht darum auch keinen Anlass für eine Apostolische Visitation". Vielmehr handele es sich um einen "brüderlichen Besuch", der "zum Frieden und zur Einheit" ermutigen soll. Auch wenn man davon ausgehen kann, dass der Papst seinem Gesandten klare Worte mit auf den Weg gegeben hat: Der Besuch soll zwischen den Parteien schlichten, "gegebenenfalls brüderlich ermahnen".
Tebartz-van Elst hat das Vertrauen verspielt
Es würde der Sache nicht gerecht, den Vertrauensverlust des Bischofs in seiner Diözese auf eine einzelne Ursache zu reduzieren. In Limburg ist viel passiert, der Bischof hat viele Fehler gemacht. Was sich derzeit im Konflikt um Franz-Peter Tebartz-van Elst entlädt und in einem Hilferuf des Bischofs an den Vatikan gipfelte, ist ein seit Jahren schwelendes Feuer, das im Bistum Limburg die Gemüter erhitzte. So sehr, dass auch dem Vatikan ein - noch sanftes - Eingreifen von außen angemessen erschien.
Bischof Tebartz van-Elst schreibt im aktuellen Hirtenbrief an seine Kritiker: "Ich brauche Ihr Vertrauen. Wo nur noch Verdacht und Misstrauen regieren, kann keine christliche Gemeinschaft lebendig werden." Das Problem dabei ist, dass es der Ordinarius selbst ist, der dieses Vertrauen tatkräftig verspielt hat. Papst Franziskus setzt darauf, die Katholische Kirche wieder vertrauenswürdiger zu gestalten, indem er sich von Prunk und Protz abwendet. Der Limburger Bischof hat offenbar in seiner bisherigen Amtsführung den entgegengesetzten Weg gewählt und damit seine Integrität verspielt. Das könnte Peter-Franz Tebartz-van Elst zum Verhängnis werden.
Quelle: ntv.de