
Orientalische Gewürze geben den Gerichten den letzten Pfiff.
(Foto: Deftig Vegan Orient )
Die Meisterin der veganen Küche, Anne-Katrin Weber, zeigt in ihrem neuen Kochbuch, wie köstlich, vielseitig und bunt die orientalische Küche ist. Die Klassiker und modernen Kreationen sind auch perfekt für alle, die einfach nur weniger Fleisch essen wollen. Sie lassen sich meist unkompliziert nachkochen – auch von Newcomern.
Vegane Küche hypt, um es neudeutsch auszudrücken. Was so "in" ist landauf, landab ist mir meist schnurzpiepegal, um es berlinerisch auszudrücken. Ich muss nicht alles mitmachen oder gut finden - es sei denn, es ist wirklich eine gute Sache, mir gefällt's und es schmeckt super. All das trifft auf die Gerichte von Anne-Katrin Weber zu: Sie gefallen mir, schmecken und sind wichtig - obwohl ich keine Veganerin bin. Nicht mal Vegetarierin. Doch seit geraumer Zeit reduziere ich bewusst meinen Fleischkonsum. Nicht so sehr aus gesundheitlichen Gründen, das auch, aber mehr aus Gewissensgründen. Mein Fleisch kaufe ich schon lange vom "Bauern meines Herzens" aus der Prignitz oder in Hofläden und vermeide so die Unterstützung von Massentierhaltungen. Das klappt leider bisher nicht lückenlos, aber immer besser. Dennoch: Ich muss das Wissen, dass ein Tier meinetwegen sterben muss, beiseiteschieben. Und das schmerzt, weil ich Tiere liebe. Außer Nacktschnecken, Mücken, Fliegen und Motten.
Meine erste Bekanntschaft mit veganer/vegetarischer Küche machte ich in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten; in Bethlehem aß ich die beste Falafel meines Lebens - unwiderstehlich scharf und aromatisch. Das beste Pilaw (wahlweise mit und ohne Hammel) bekam ich bei Beduinen in Jordanien vorgesetzt. Nie wieder war Reis dermaßen köstlich: auf der staubigen Erde sitzend, den Kopf im Schatten, die Füße in der Sonne, Finger statt Gabel. All das ist viele Jahre her, aber unvergessen, und Kochbücher über die orientalische Küche erinnern mich immer wieder an die Gastlichkeit der Menschen und ihre köstlichen Speisen. Ein solches Buch ist "Deftig Vegan Orient" von Anne-Katrin Weber.
Sie ist Köchin, Ernährungswissenschaftlerin und Autorin beliebter und preisgekrönter Koch- und Backbücher. Zusammen mit Wolfgang Schardt, einem der erfolgreichsten Food-Fotografen Deutschlands, sind sie ein sehr erfolgreiches Kochbuch-Duo. Beide betreiben zudem den Blog "veggielicious". Das vorliegende, im Becker Joest Volk Verlag erschienene Buch erhielt 2023 den Deutschen Kochbuchpreis.
Bunt, intensiv, betörend

Die Paprika-Walnuss-Paste "Muhammara" gehört unbedingt auf eine Mezze-Tafel.
(Foto: ©Wolfgang Schardt)
Mit über 70 veganen Gerichten präsentiert Weber ihre "Lieblingsrezepte aus 1001 Nacht" und bereichert einmal mehr den Ideenschatz für pflanzliche Gerichte. Heiß geliebte Klassiker der orientalischen Küche wie die türkische Rote-Linsen-Suppe Mercimek Çorbasi, der libanesische Brotsalat Fattoush, knusprige Falafel oder Mejadra, der arabische Linsen-Reis mit goldgelben Röstzwiebeln, sind im Buch ebenso zu finden wie moderne Kreationen, die direkt der pulsierenden Food-Szene von Tel Aviv oder Marrakesch entstammen könnten - zum Beispiel Sabich, ein üppig gefülltes Fladenbrot, das neben Falafel das beliebteste Straßen-Food in Israel ist, oder die knusprig frittierten Kartoffelbällchen Maakouda aus Marokko. Falafel Dürüm (Wraps mit Fafafel) haben es längst auch in unsere Metropolen geschafft, am liebsten "einmal mit allem, bitte" serviert, also mit Hummus, Tajin-Joghurt-Sauce und frischem Salat.
Anne-Katrin Weber liebt die Aromen des Orients: "Die Speisen sind so abwechslungsreich wie die Länder des Orients, die Sprachen, die Kulturen, die Menschen und deren Geschichte. Manche Länder kennen wir leider nur aus negativen Schlagzeilen über gesellschaftliche, politische oder sogar kriegerische Konflikte. Darüber gerät die Bedeutung von Kultur und Küche ins Hintertreffen, andere Länder sind diesbezüglich zugänglicher."

Die Salatschüsseln des Orients sind üppig gefüllt, zum Beispiel mit diesem Salat aus weißen Bohnen, Fenchel und Berberitzen.
(Foto: ©Wolfgang Schardt)
Der Schwerpunkt der kulinarischen Reise durch den Orient für dieses Buch liegt "auf den Ländern der Levante (Libanon, Syrien, Jordanien, Israel und Palästina), der Türkei und Nordafrika. Hier hat es mir ganz besonders Marokko angetan, sodass ich zur Vorbereitung dieses Buchs mit Kamera und Kochmesser quer durch Marokko gereist bin. Dort bin ich nicht nur wunderbar bewirtet worden, sondern habe zusammen mit marokkanischen Köchinnen gekocht - was für eine Freude! Muss ich erwähnen, dass ich mit zahlreichen Gewürzen, Salzzitronen, einer Tajine, vor allem aber mit vielen bleibenden Erinnerungen zurückgekehrt bin?" In manchen orientalischen Ländern ist die vegane Küche nicht so verbreitet, doch dieses Buch zeigt, wie viele vegane Köstlichkeiten es im gesamten Orientraum gibt. Auch politische und kulturelle Grenzen überschreitet Weber in manchen Rezepten, experimentiert mit Zutaten und Aromen. Mit all den Klassikern und kulinarischen Schöpfungen ist ein Fest für die Sinne entstanden, duftend und farbenfroh.
Häppchen und Happen

Orientalische Desserts sind berüchtigt für ihren Zuckergehalt. Webers Marokkanische Mandelschnecke ist eher fruchtig und saftig.
(Foto: ©Wolfgang Schardt)
Das Buch ist nicht nur geschrieben worden für Kenner der veganen orientalischen Küche, sondern auch für Newcomer. Deshalb gibt es ein Extra-Kapitel über Grundnahrungsmittel und über Gewürze im Orient. Ein anderes Kapitel erklärt, welche Zutaten unabdingbar in den Vorratsschrank gehören, wo Lebensmittel der orientalischen Küche eingekauft werden können (viele in Supermärkten) oder wie man sie selbst herstellen kann, unter anderem Salzzitronen - inklusive Rezept. Viele der aufgeführten Gewürze sind auch hierzulande längst keine Unbekannten mehr, etwa Bockshornklee, Kurkuma, Safran, Sternanis oder gar Zimt, denken Sie nur an Ihre eigenen Weihnachtsplätzchen oder den Milchreis für Ihre Kinder. Auch Gewürzmischungen wie Ras El-Hanout oder Zatar sind gut bekannt. Diese duftenden Zutaten zu kaufen, ist also keine Hürde. Das bei uns weniger bekannte Ajowan bekommen Sie in orientalischen Geschäften und natürlich im Internet. Gut sortierte Supermärkte und Apotheken bieten ebenfalls diese Samen an, die übrigens nicht nur aromatisch schmecken (etwa wie Thymian), sondern auch gegen Sodbrennen, Völlegefühl und Blähungen helfen, denn Ajowan ist nicht nur eine Gewürz-, sondern auch eine Heilpflanze.
In den Rezept-Kapiteln finden Sie die gesamte Vielfalt der orientalischen Küche, angefangen von jeder Menge Mezze, die für mich der Inbegriff orientalischen Speisen und Gastfreundschaft sind. Ganz ehrlich: Mezze "Vorspeisen" zu nennen, geht eigentlich am Charakter dieser köstlichen Mini-Gerichte vorbei. Meist stehen so viele Schälchen mit solchen Häppchen auf dem Tisch, dass der sich fast biegt, und laden zum gefühlt endlosen Schlemmen ein. Selbstverständlich hält das Buch auch viele Rezepte für vegane Hauptgerichte, Salate, Suppen und Desserts bereit. Auch das in einem eigenen Kapitel aufgeführte Streetfood macht richtig gut satt.
Paprika-Walnuss-Paste "Muhammara"
"Ich könnte mich regelrecht verlieben in diese würzige Paste aus Paprika und Walnüssen, die wohl ursprünglich aus dem Libanon stammt, aber - wie so vieles, was grandios schmeckt - im ganzen arabischen Sprachraum zu finden ist. Zur Abwechslung kann man die Walnüsse auch durch Haselnüsse (am besten geröstet und geschält) ersetzen, dann schmeckt die Paste noch etwas nussiger."
1 kg rote Paprika
2–3 Knoblauchzehen
50 g Semmelbrösel
125 g Walnusskerne
2 EL Tomatenmark
ca. 1 EL Harissa
2 EL Granatapfelsirup
2–3 EL Zitronensaft
1 TL gemahlener Kreuzkümmel
3 EL Olivenöl
Salz
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zubereitung:
Zubereitungszeit: 25 Minuten plus 25–30 Minuten Backzeit, ca. 30 Minuten Abkühlzeit und mind. 30 Minuten Ruhezeit/ Nährwerte pro Portion: 213 kcal; F 14 g, KH 15 g, B 1 g, EW 5 g. Ohne Soja.
1. Den Backofen auf 220 °C Ober-/Unterhitze oder 200 °C Umluft vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier auslegen.
2. Die Paprika waschen, halbieren und von Stielen, Kernen und weißen Trennwänden befreien. Mit den Schnittflächen nach unten auf das vorbereitete Blech legen und im vorgeheizten Ofen 25–30 Minuten rösten, bis die Haut stark gebräunt bis schwarz ist und Blasen wirft. Das Blech aus dem Ofen nehmen, die Paprika mit einem feuchten Geschirrtuch bedecken und vollständig abkühlen lassen.
3. Die Haut von den Paprika abziehen und das Fruchtfleisch in einen Rührbecher geben. Den Knoblauch schälen, grob hacken und zur Paprika geben. Semmelbrösel, Walnüsse, Tomatenmark, Harissa, Granatapfelsirup, 2 EL Zitronensaft, Kreuzkümmel und Olivenöl dazugeben und mit dem Stabmixer zu einer dicken, noch leicht stückigen Paste verarbeiten. (Alternativ den Standmixer oder eine Küchenmaschine verwenden.)
4. In eine Schale füllen, mindestens 30 Minuten durchziehen lassen, dann mit mehr Harissa, Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken.
Weiße-Bohnen-Salat mit Fenchel und Berberitzen
"Bohnen gehören wie Linsen, Erbsen und Kichererbsen in vielen Ländern des Orients zu den Grundnahrungsmitteln. All diese wärmeliebenden Hülsenfrüchte sind preiswert, lange haltbar und reich an gesundem pflanzlichem Eiweiß. Vor allem aber schmecken sie einfach lecker! Meist ziehe ich getrocknete Hülsenfrüchte den Konserven vor, aber wenn es schnell gehen soll oder ich nicht rechtzeitig ans Einweichen gedacht habe, greife ich auch mal zum Glas oder zur Dose."
Für den Salat
200 g getrocknete weiße Bohnen
1 Lorbeerblatt
Salz
1 kleine Fenchelknolle (mit möglichst viel Grün)
1 rote Zwiebel
2 EL entsteinte schwarze Oliven
4–6 Stängel Minze
2 EL getrocknete Berberitzen
Für das Dressing
1 TL Fenchelsamen
1 Biozitrone
2 TL Sumach
Salz
1–2 TL Chiliflocken
6 EL Olivenöl
Zubereitung:
Zubereitungszeit: 25 Minuten plus mind. 12 Stunden Einweichzeit und 40–60 Minuten Garzeit/ Nährwerte pro Person: 346 kcal; F 18 g, KH 23 g, B 14 g, EW 12 g. Ohne Soja, Gluten und raffiniertem Zucker.
1. Am Vortag für den Salat die Bohnen in einer Schüssel mit reichlich kaltem Wasser bedecken und mindestens 12 Stunden einweichen.
2. Die Bohnen am nächsten Tag abgießen, in einen Topf geben, mit frischem Wasser bedecken, Lorbeerblatt und 1 TL Salz dazugeben, aufkochen und bei geringer Hitze 40–60 Minuten kochen, bis sie weich sind, aber noch nicht zerfallen. Vor allem gegen Ende der Garzeit sporadisch eine Bohne probieren!
3. Für das Dressing die Fenchelsamen im Mörser fein zerstoßen. Die Zitrone heiß abspülen, die Schale fein abreiben und den Saft auspressen. Fenchelsamen, Zitronenschale, 5 EL Zitronensaft, Sumach, etwas Salz, 1 TL Chiliflocken und Olivenöl kräftig verrühren.
4. Die gegarten Bohnen in ein Sieb abgießen, abtropfen lassen, dann in eine Schüssel geben, mit dem Dressing vermischen und darin abkühlen lassen.
5. Inzwischen den Fenchel putzen, waschen und in sehr feine Streifen schneiden.
Das Fenchelgrün fein hacken. Die Zwiebel schälen, halbieren und in dünne Spalten schneiden. Die Oliven halbieren. Die Minze waschen, trocken schütteln, die Blätter abzupfen und fein hacken. Alles zusammen mit den Berberitzen unter die Bohnen mischen und einige Minuten durchziehen lassen.
6. Vor dem Servieren den Bohnensalat mit Zitronensaft, Salz oder etwas Chiliflocken final abschmecken.
Marokkanische Mandelschnecke "M'hancha"
"In Marokko wird der Strudelteig meist mit einer sehr süßen Mischung aus Mandeln, Zucker und Rosenwasser gefüllt. Bei festlichen Anlässen mit vielen Gästen werden die Mandelschnecken auch schon mal wagenradgroß gebacken. Meine M'hancha-Variante ist durch den hohen Anteil an Feigen, Datteln und Aprikosen eher fruchtig und saftig."
Für die Schnecke
400 g gemischte Trockenfrüchte (z. B. Feigen, Datteln, Aprikosen)
1 Biozitrone
3 EL Dattel- oder Ahornsirup
250 g Mandelkerne mit Haut
2 EL Rosenwasser
150 g vegane Margarine
1 Pck. vegane Strudelteigblätter (250 g, aus dem Kühlregal)
2 EL Sesamsaat
2 EL Zucker
1 TL gemahlener Zimt
Für den Sirup
100 g Zucker
5 EL Ahornsirup
2 EL Zitronensaft
Außerdem
runde Springform (26 cm Durchmesser)
Zubereitung:
Zubereitungszeit: ca. 45 Minuten plus ca. 30 Minuten Backzeit/ Nährwerte pro Person: 463 kcal; F 22 g, KH 57 g, B 1 g, EW 8 g. Ohne Soja.
1. Den Backofen auf 180 °C Ober-/Unterhitze oder 160 °C Umluft vorheizen.
2. Die Trockenfrüchte grob hacken. Die Zitrone heiß abspülen, die Schale fein abreiben und den Saft auspressen. Trockenfrüchte, Zitronenschale, 4 EL Zitronensaft, Sirup, Mandeln und Rosenwasser im Hochleistungsmixer zu einer nicht zu feinen Paste mixen – die Paste ist recht fest, das Mixen kann durch den hohen Anteil an Trockenfrüchten etwas mühsam sein, aber mit etwas Geduld klappt das!
3. Die Margarine in einem kleinen Topf zerlassen. Die Springform mit 1 EL davon einfetten.
4. Ein Strudelteigblatt auf die Arbeitsfläche legen und großzügig mit flüssiger Margarine bestreichen. Auf das untere Drittel 2–3 EL Füllung als lockeren Strang geben und einrollen. Die Rolle an den Rand der vorbereiteten Form legen. Auf diese Weise alle Teigblätter bestreichen, füllen und aufrollen, dann von außen nach innen spiralförmig in die Form legen. Die Oberfläche mit der verbliebenen flüssigen Margarine bestreichen. Sesam, Zucker und Zimt mischen und darüber streuen.
5. Die Teigschnecke in den vorgeheizten Backofen (untere Schiene) geben und etwa 30 Minuten goldbraun backen, dabei zwischendurch abdecken, falls sie zu dunkel wird.
6. In der Zwischenzeit für den Sirup den Zucker mit 75 ml Wasser in einen Topf geben, zum Kochen bringen und 2 Minuten kochen. Ahornsirup und Zitronensaft einrühren, vom Herd nehmen und etwas abkühlen lassen.
7. Die Teigschnecke aus dem Ofen nehmen und mit dem warmen Sirup beträufeln. Sie schmeckt frisch aus dem Ofen, kann aber auch lauwarm oder abgekühlt gegessen werden.
Quelle: ntv.de