Ort "von der Landkarte getilgt" Flutwelle verschlingt Talbewohner
19.05.2015, 04:07 Uhr
Das Unglück erwischt die Bewohner des kleinen Orts mitten in der Nacht: Starke Regenfälle lösen am Liboriana-Fluss eine Kettenreaktion aus, eine Schlammlawine wälzt sich durch das Tal. Dutzende Menschen werden noch vermisst.
Ein Erdrutsch mit anschließender Flutwelle hat in Kolumbien mehr als 60 Menschen in den Tod gerissen. Die Geröllmassen hätten im Andental La Liboriana im Nordwesten des Landes das Wasser des gleichnamigen Flusses aufgestaut, berichteten örtliche Sicherheitskräfte. Als der durch die Erdmassen entstandene Damm dem Druck der Wassermassen nicht mehr standhielt, habe sich das aufgestaute Material in Form einer Schlammlawine einen Weg ins Tal gesucht und dabei alles an seinen Ufern mit verheerender Gewalt mit sich gerissen.

Verzweifelte Suche zwischen Felsbrocken, Baumstämme und nassem Schlamm: Die Hoffnung, Überlebende zu finden, ist gering.
(Foto: REUTERS)
Die Ortschaft La Margarita im Departement Antioquia sei dadurch weitgehend zerstört worden, teilte die Polizei in Salgar mit. Mindestens 40 Anwohner des Tals seien zudem bei der Katastrophe verletzt worden. Die Opferzahl könne noch stark steigen, hieß es. Einem Bericht des Rundfunksender RCN zufolge werden noch rund 50 Bewohner des Tals vermisst. Retter seien im Einsatz, teilte der Katastrophenschutz mit.
Starke Regenfälle hatten den Liboriana-Fluss in den vergangenen Tagen stark anschwellen lassen: Als die durch den Erdrutsch entstandene Barriere am frühen Morgen brach, überraschte die Schlammwelle die meisten Bewohner im Schlaf. Die braune Geröllflut habe alle Häuser auf der Länge von zehn Kilometern am Flussufer zerstört, sagte die Bürgermeisterin der Bezirksstadt Salgar, Olga Osorio García.
"Von der Landkarte getilgt"

Die Schlammlawine zerstörte auf einer Länge von zehn Kilometern alle Häuser am Flussufer.
(Foto: picture alliance / dpa)
Rettungsteams suchten mit Hunden nach Verschütteten. Einwohner wühlten mit bloßen Händen in Geröll und Schlamm nach Angehörigen und Nachbarn. Auf Bildern der Luftwaffe und in Fernsehaufnahmen waren Straßen und Häuser zu sehen, die unter den Erdmassen verschüttet waren. Präsident Juan Manuel Santos, der sich aus der Luft ein Bild von der Lage machte und mit örtlichen Behördenvertretern beriet, rief den Notstand für die Region aus.
Den Berichten von Augenzeugen zufolge habe der Strom aus Geröll und Wasser den Ortsteil La Margarita praktisch "von der Landkarte getilgt". Es werden Opfer entlang einer Strecke von 40 Kilometern am Flusslauf gesucht. Ein weiteres Problem könnte in den kommenden Tagen akut werden: Die Schlammlawine unterbrach auch die Wasserversorgung der knapp 20.000 Einwohner von Salgar.
Quelle: ntv.de, mmo/sko/dpa/rts