Staatsanwaltschaft ermittelt Hamburger Klinik droht Organspendeskandal
15.11.2016, 07:49 Uhr
Gegen das renommierte Hamburger Klinikum laufen nun Ermittlungen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Hamburger Universitätsklinikum soll in einen Transplantationsskandal verwickelt sein. Laut einem Medienbericht manipulieren Ärzte die Patientendaten so, dass diese schneller an eine Spenderlunge kommen.
Nach der Feststellung von "Unregelmäßigkeiten" bei Fällen von Lungentransplantationen am Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) ermittelt die Staatsanwaltschaft der Hansestadt inzwischen wegen des Verdachts der Unterdrückung wichtiger Unterlagen. Einen entsprechenden Medienbericht des Norddeutschen Rundfunks bestätigte eine Sprecherin der Behörde.
Demnach leitete die Hamburger Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen des Verdachts der Unterdrückung von Urkunden oder technischen Aufzeichnungen ein. Die Überprüfung des offiziellen Berichts einer Kommission von Bundesärztekammer, Krankenhausgesellschaft und Krankenkassenverband aus strafrechtlicher Sicht sei allerdings noch nicht abgeschlossen.
Wo sind die Originaldaten?
Die offizielle Prüf- und Überwachungskommission der Spitzeninstitutionen des deutschen Gesundheitssystems hatte vor einem Monat berichtet, dass bei einer Routinekontrolle des Lungentransplantationsprogramms des UKE in Kooperation mit der LungenClinic Großhansdorf bei 14 von 25 Fällen "Unregelmäßigkeiten" festgestellt worden seien. Demnach konnten die an die Spenderorgankoordinierungsstelle Eurotransplant gemeldeten Daten zum Gesundheitszustand der Patienten nicht nachvollzogen werden und waren teils auch nicht ausreichend belegt.
Die Kommission bemängelte ferner, dass das UKE bestimmte zur Überprüfung der Richtigkeit erforderliche Originaldatenblätter trotz mehrfacher Aufforderung nicht übergeben habe. Ohne die fehlenden Dokumente sei die festgestellte Diskrepanz zwischen den Antragsunterlagen bei Eurotransplant und sonstigen im Rahmen der Überprüfung eingesehenen Daten am Ende nicht zu klären. Es bestehe daher der Verdacht, dass relevante Unterlagen unterdrückt würden.
"Berechtigte Kritikpunkte"
Das UKE hatte ebenfalls bereits vor einem Monat betont, dass der Prüfbericht "keinerlei Anhaltspunkte für Eingriffe in die Rangfolge von Patienten auf der Transplantionliste" ergeben habe. Zwar gebe es "berechtigte Kritikpunkte", deren wesentliche Ursache finde sich aber in den unterschiedlichen Dokumentationssystemen des UKE und seines Partners aus Großhansdorf mit Blick auf Akten in elektronischer beziehungsweise in Papierform.
Nach Angaben des UKE wurden die relevanten Unterlagen für die bemängelten Fälle aus dem Zeitraum 2010 bis 2012 per Fax gesendet, wobei es jedoch "Archivlücken" gebe. Zugleich liege die elektronische Akte aber "revisionssicher und vollständig" vor. Bereits in der Vergangenheit sei die "Mechanik der Schnittstelle" darüber hinaus neu geregelt worden.
Auch den Vorwurf mangelnder Zusammenarbeit mit der Kommission wies die Hamburger Klinik zurück. Jedes Mitglied habe "jederzeit" die Möglichkeit gehabt, "vollständigen Einblick" in die elektronische Krankenakte zu nehmen. Das UKE habe mit ihr konstruktiv kooperiert.
2012 war bekannt geworden, dass Ärzte an mehreren Krankenhäusern offenbar Patientendaten manipuliert und so die Vergabe von Spenderlebern beeinflusst hatten. Der Skandal schlug große Wellen und ließ die Bereitschaft zu Organspenden einbrechen. In der Folge überprüfte die Prüfungs- und Überwachungskommission alle Transplantationsprogramme.
Quelle: ntv.de, jgu/AFP