Weltoffene Kaufmannstradition Hamburger Speicherstadt ist Weltkulturerbe
05.07.2015, 12:00 Uhr
Die Speicherstadt besteht aus 15 Backsteinbauten in neogotischer Architektur.
(Foto: imago/blickwinkel)
Obwohl die Zeichen gut standen, blieb es bis zum Schluss spannend. Dann der erlösende Applaus: Hamburg hat sein erstes Weltkulturerbe. Naumburg hingegen muss nachbessern.
Die Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel gehören zum Weltkulturerbe. Das beschloss die Welterbe-Kommission der Unesco bei ihrer jährlichen Konferenz in Bonn. Die Delegierten brachen in Applaus aus und bildeten eine lange Gratulantenschlange. Es ist das erste Weltkulturerbe für Hamburg und die 40. Stätte innerhalb Deutschlands.
Die Speicherstadt gilt als das größte zusammenhängende und einheitlich geprägte Speicherensemble der Welt. Sie ist nach Unesco-Angaben bis heute in unveränderter historischer Gestaltung erhalten. Gebaut wurde sie zwischen 1885 und 1927 auf einer Inselgruppe in der Elbe. Sie besteht aus 15 Backsteinbauten in neogotischer Architektur. Die Lagerhäuser und kleine Nebengebäude sind durch Straßen, Wasserstraßen und Brücken miteinander verbunden.
Das benachbarte Kontorhausviertel mit den Büros des Hafens und der Schifffahrtsunternehmen wurde zwischen 1920 und 1940 erbaut. Es ist das erste Büroviertel in Europa. Berühmt ist das von Fritz Höger errichtete Chilehaus - mit seiner an einen Schiffsbug erinnernden Spitze. Mit den Fassaden aus dunkelrot bis violett gebrannten Backsteinen gilt es als eine Ikone des "Klinkerexpressionismus".
"So gerührt und so erfreut"
"Wir fühlen uns so gerührt und so erfreut", sagte die Hamburger Kultursenatorin Barbara Kisseler direkt im Anschluss und bedankte sich bei den anderen Ländern für die Unterstützung. Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, hat Hamburg zur Aufnahme der Speicherstadt und des Kontorhausviertels in das Unesco-Weltkulturerbe gratuliert. "Das ist ein großer Tag für Hamburg", sagte Böhmer als Vorsitzende des Unesco-Welterbekomitees. Der Komplex stehe für die Weltoffenheit Hamburgs und die deutsche Kaufmannstradition. Besonders gefalle ihr an der Speicherstadt, dass diese nicht nur als Denkmal konserviert, sondern Tag für Tag mit Leben erfüllt werde. Mit der Speicherstadt sei Architekturgeschichte geschrieben worden.
Hoffnung für Naumburger Dom

Der Naumburger Dom St. Peter und Paul stammt aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.
(Foto: dpa)
Während Hamburg jubelt, darf Naumburg hoffen: Der Dom wurde im ersten Anlauf zwar nicht in die Welterbeliste aufgenommen, bekommt aber eine zweite Chance. Die Sachsen-Anhaltiner können ihren Antrag überarbeiten und neu einreichen, wie die Unesco beschloss.
"Mir fällt ein Stein vom Herzen", sagte der Vorsitzende der Bewerbungsinitiative Götz Ulrich nach dem Unesco-Votum. Die Region werde den Antrag zügig überarbeiten. Der Naumburger Dom zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten des Hochmittelalters. Berühmt ist die Kirche wegen ihrer zwölf überlebensgroßen Stifterfiguren.
Am Samstag hatte es bereits die Sammelbewerbung zur Wikingerkultur nicht auf die Welterbeliste geschafft. Die dritte Bewerbung unter deutscher Mitwirkung muss ebenfalls nachbessern. Deutschland ist mit dem Wikingerhandelszentrum Haithabu und den Verteidigungswällen des Danewerk in Schleswig-Holstein beteiligt.
Neben Hamburg wurden am Wochenende elf weitere Stätten in das Welterbeverzeichnis gewählt. Dazu gehören unter anderem die Weinbauparzellen im französischen Burgund und die Weinberge der Champagne, die Festungsmauern der Kurdenmetropole Diyarbakir in der Türkei und die chinesischen Tusi-Stätten, die ein Stammeshäuptlingssystem repräsentieren.
Für Singapur wurde der Botanische Garten eingetragen. Der südostasiatische Staat hatte sich erstmals mit einzigartigen Stätten für die Aufnahme in das prestigereiche Welterbe-Verzeichnis beworben. Iran hatte mit gleich zwei Nominierungen Erfolg: Weltkulturerbe sind nun die Stadt Susa mit ihrer 5000-jährigen Siedlungsgeschichte sowie das historische Höhlendorf Maymand. Insgesamt stehen auf der Welterbeliste inzwischen über 1000 Kultur- und Naturerbestätten aus 161 Ländern.
Quelle: ntv.de, kse/dpa