Panorama

Justiz verteilt Weihnachtsgeschenke Hunderte Häftlinge kommen frühzeitig frei

In der Weihnachtszeit zeigt die Justiz "christliche Milde": Hunderte Häftlinge dürfen vorzeitig nach Hause.

In der Weihnachtszeit zeigt die Justiz "christliche Milde": Hunderte Häftlinge dürfen vorzeitig nach Hause.

(Foto: 20131212)

Alljährlich erlässt die Justiz Hunderten Häftlingen den Rest ihrer Haftzeit: Die Weihnachtsamnestie soll die Rückeingliederung in die Gesellschaft erleichtern. Doch während nicht jeder Gefangene davon profitiert, ziehen JVAs einen enormen Nutzen.

Schätzungsweise 2000 Gefangene werden jedes Jahr kurz vor Weihnachten vorzeitig in die Freiheit geschickt. Sie müssen ihre Haftstrafe nicht so lange wie geplant verbüßen und kommen, pünktlich zum Weihnachtsfest, zurück zu ihren Familien und Freunden.

Was ist die Weihnachtsamnestie?

Es ist eine symbolische Geste des Staates: In den meisten Bundesländern kommen kurz vor Weihnachten Strafgefangene vorzeitig frei. "Damit soll den Gefangenen das Feiern im Kreise ihrer Familien ermöglicht werden", erklärt das nordrhein-westfälische Justizministerium. Über die Kandidaten entscheiden die Landesjustizbehörden.

Welche Bedingungen müssen erfüllt werden?

Für die Weihnachtsamnestie werden einzelne Gefangene unter die Lupe genommen. Vorweihnachtliche Milde erteilen die Prüfer nur, wenn sich der Gefangene in der Anstalt einwandfrei verhalten hat. Außerdem müssen Unterkunft und Lebensunterhalt feststehen. Die Entscheidung ist auch vom letzten offiziellen Tag hinter Gittern abhängig - dieser muss zwischen Dezember und Januar liegen, teilweise beginnt der Zeitraum sogar schon Anfang November.

Heißt: Dem Gefangenen bleiben mit der Weihnachtsamnestie nur wenige Tage hinter Gittern erspart. "Es geht ohnehin nur um Personen, die eh kurz vor ihrer Entlassung stehen", sagt der Jurist und Professor an der Alice Salomon Hochschule Berlin, Heinz Cornel.

Wie viele Gefangene kommen frei?

Das ist kaum zu beantworten, da in den Bundesländern unterschiedlich viele Häftlinge untergebracht sind. In Mecklenburg-Vorpommern profitierten dieses Jahr nur 18 Menschen von der Weihnachtsamnestie. Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen sind es dagegen jährlich 800 bis 900.

Wer macht nicht mit?

Bayern sperrt sich gegen die Amnestie. Das Justizministerium in München hält Begnadigungen nur in "absoluten Ausnahmefällen" für sinnvoll. Auch Sachsen lehnt die Weihnachtsamnestie offiziell ab - obwohl es dort eine ähnliche Regelung in Ausnahmefällen für die Zeit zwischen dem 22. Dezember und 2. Januar gibt. Nach einer Studie des Jura-Professors Cornel ergibt sich in beiden Freistaaten eine Gnadenquote von weniger als 0,2 Prozent - "das heißt, weniger als jeder 500. wird auf dem Gnadenweg entlassen". Eine vorzeitige Entlassung können übrigens nicht nur Behörden, sondern auch die Gefangenen selbst ablehnen, heißt es vom NRW-Justizministerium. In der Vergangenheit kam das in Deutschland nur vereinzelt vor.

Was spricht für die Weihnachtsamnestie?

Verbunden damit ist die Hoffnung, dass Häftlinge von ihren Familien und Freunden nach ihrer Entlassung an Weihnachten aufgefangen werden und so die Eingliederung in die Gesellschaft besser gelingt. Außerdem wäre es schwieriger, nach der Haftentlassung zwischen Weihnachten und Neujahr einen Job oder eine Wohnung zu finden, wenn viele Firmen und Behörden geschlossen sind.

Welchen Vorteil hat der Staat?

"Ein willkommener Nebeneffekt ist natürlich, dass die Haftanstalten die Anzahl der Gefangenen um 5 bis 8 Prozent reduzieren können", sagt Cornel. Ein Sprecher der Gefangenengewerkschaft ist noch deutlicher: "So jovial ist das gar nicht. Oft wird die Weihnachtsamnestie benutzt, um Druck aus den Haftanstalten rauszunehmen." Die Länder hätten somit ein Eigeninteresse, Gefangene in die Freiheit zu schicken, auch angesichts der Personallage bei den Wärtern nach Weihnachten.

Wer darf nicht auf eine frühere Entlassung hoffen?

Ausgenommen sind laut NRW-Justizministerium Sexualstraftäter sowie jene Häftlinge, die anschließend in Abschiebehaft oder Untersuchungshaft erneut einsitzen müssen. Auch die, die unter besonderer Beobachtung - etwa mit elektronischer Fußfessel - stehen, sind von der Weihnachtsamnestie ausgeschlossen.

Quelle: ntv.de, Daniel Fischer, dpa

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