"Krankhafte seelische Störung" ICE-Stoß: Angeklagter ist schuldunfähig
27.08.2020, 18:21 Uhr
Der Mann aus Eritrea litt zum Tatzeitpunkt unter einer paranoiden Schizophrenie.
(Foto: imago images/Jan Huebner)
"Er hat völlig fremde Menschen attackiert." Ein Sachverständiger diagnostiziert bei dem Mann, der einen achtjährigen Jungen und dessen Mutter vor einen ICE stieß, eine schwere psychische Erkrankung. Die Gefahr für die Allgemeinheit, die von dem 41-Jährige ausgehe, sei noch nicht gebannt.
Der Gutachter im Prozess um den tödlichen Stoß eines achtjährigen Jungen vor einen ICE hält den Tatverdächtigen für schuldunfähig. Der mutmaßlich psychisch kranke Beschuldigte wird laut dem vor dem Landgericht Frankfurt am Main vorgestellten Gutachten aber als weiterhin gefährlich eingestuft, wie ein Gerichtssprecher sagte. Die nötigen Umstände für eine dauerhafte Unterbringung in einer Psychiatrie werden als erfüllt angesehen.
Es bestehe "eine hohe Wahrscheinlichkeit", dass der Mann weitere Straftaten begehe, "vom Schweregrad bis hin zu Tötungsdelikten", sagte der Experte. Der psychologische Sachverständige aus dem Leitungsstab einer hessischen Klinik, in welcher der Beschuldigte seit August 2019 untergebracht ist, diagnostizierte bei ihm unter anderem Depressionen und Angst um das Leben seiner Familie.
Der heute 41-jährige Eritreer soll im Sommer 2019 einen Jungen und seine Mutter vor einen einfahrenden ICE gestoßen haben. Der Achtjährige wurde vom Zug überrollt und starb, die Mutter konnte sich in letzter Sekunde retten. Der Tatverdächtige wurde außerhalb des Bahnhofs festgenommen und später in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.
"Er hat völlig fremde Menschen attackiert", erklärte der Sachverständige. Somit seien auch künftige Opferkreise nicht vorherzusehen. Zum Tatzeitpunkt habe eine paranoide Schizophrenie in akuter Form vorgelegen. Er sprach auch von einer "krankhaften seelischen Störung". Das Risiko, Straftaten zu begehen, sei vor allem durch diese Störung verursacht. "Diesem Risiko ist nur in der geschlossenen psychiatrischen Behandlung im Hochsicherheitsbereich zu begegnen."
Der dreifache Familienvater lebte vor der Tat als anerkannter Flüchtling in der Schweiz. Die Familie des Jungen aus dem Hochtaunuskreis tritt als Nebenkläger auf. Ebenso wie eine heute 79-Jährige, die der Mann ebenfalls gestoßen haben soll. Sie stürzte auf den Bahnsteig und wurde verletzt. Das Urteil in dem Prozess wird für Freitag erwartet.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa