Panorama

"Aussage gegen Aussage" Kachelmann kommt frei

Jörg Kachelmann und sein Anwalt Reinhard Birkenstock vor der Justizvollzugsanstalt Mannheim.

Jörg Kachelmann und sein Anwalt Reinhard Birkenstock vor der Justizvollzugsanstalt Mannheim.

(Foto: dpa)

Jörg Kachelmann ist aus der Untersuchungshaft entlassen worden, laut Oberlandesgericht Karlsruhe besteht "kein dringender Tatverdacht" - es stehe "Aussage gegen Aussage". Fachanwalt Lange sagt bei n-tv, dies sei "eine wegweisende Entscheidung für das weitere Verfahren".

TV-Wettermoderator Jörg Kachelmann ist nach rund viermonatiger Untersuchungshaft wieder auf freiem Fuß. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ordnete die Haftentlassung an, weil "kein dringender Tatverdacht" bestehe, dass Kachelmann seine Ex-Freundin Anfang Februar vergewaltigt habe. Der 52-jährige Schweizer verließ kurz darauf das Gefängnis in Mannheim.

Kachelmann war Mitte März nach seiner Rückkehr von den Olympischen Winterspielen im kanadischen Vancouver auf dem Frankfurter Flughafen festgenommen worden. Mit der Entlassung aus der Untersuchungshaft ist die Anklage vor dem Landgericht Mannheim (noch) nicht vom Tisch. Bei einer Verurteilung droht ihm eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren. Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage wurde durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts nun allerdings geschwächt. Auch nach Einschätzung von deutet sich hier ein für Kachelmann positiver Ausgang des anstehenden Gerichtsverfahrens an.

"Praktisch schon eine Vorentscheidung"

Zum Abschied umarmte der Moderator einen Justizbeamten.

Zum Abschied umarmte der Moderator einen Justizbeamten.

(Foto: REUTERS)

Um ein Gerichtsverfahren zu eröffnen, müsse man nur einen begrenzten Tatverdacht haben, erläuterte Lange bei n-tv: "Aber man muss eine höhere Verurteilungswahrscheinlichkeit haben, um jemanden in Haft zu halten. Und wenn das Gericht heute sagt, dass dieser Tatverdacht in der Form nicht mehr aufrechtzuerhalten ist und deshalb den Haftbefehl aufhebt, dann ist das praktisch schon eine wegweisende Entscheidung für das weitere Verfahren."

Wenige Stunden nach der OLG-Anordnung schritt Kachelmann am frühen Nachmittag durch die Gefängnistür in Mannheim. Der in ein langärmeliges weißes T-Shirt gekleidete ARD-Moderator wirkte entspannt und lächelte, gab aber keine Erklärung ab. Begleitet wurde Kachelmann von seinem Anwalt Reinhard Birkenstock, der das OLG für seine Entscheidung lobte: "Mit dem Beschluss ist die Unschuldsvermutung wieder auferstanden in diesem Verfahren, und die Rechtsstaatlichkeit ist zurückgekehrt." Kachelmann und sein Anwalt fuhren dann im Auto davon.

"Aussage gegen Aussage"

Kachelmanns langjährige Geliebte hatte den Wetterexperten angezeigt, weil er sie angeblich nach einem Beziehungsstreit vergewaltigt und ihr dabei ein Messer an den Hals gehalten haben soll. Medizinische und aussagepsychologische Gutachten stützen diese Version laut OLG aber nicht eindeutig. In dem Fall stehe vielmehr "Aussage gegen Aussage". So könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Frau die Verletzungen selbst zugefügt habe. Zudem habe Kachelmanns Ex-Freundin in einigen Punkten zur Vor- und Randgeschichte der angeblichen Vergewaltigung gelogen. Es könne deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass sie aus "Bestrafungs- oder Falschbelastungsmotiven" gehandelt habe.

"Mit dem Beschluss ist die Unschuldsvermutung wieder auferstanden", sagte Birkenstock.

"Mit dem Beschluss ist die Unschuldsvermutung wieder auferstanden", sagte Birkenstock.

(Foto: APN)

Das Landgericht Mannheim hatte dagegen in einer früheren Entscheidung die Entlassung Kachelmanns aus der U-Haft noch abgelehnt, weil es die Aussagen seiner Ex-Freundin für glaubhaft hielt. Kachelmanns Anwalt erklärte nun, mit dem Beschluss habe das OLG "einem Justizskandal Grenzen gesetzt". Dem Gericht "verdanken wir die Auferstehung der Unschuldsvermutung und die Rückkehr der Rechtsstaatlichkeit". Mit Kachelmann werde jetzt weiter konzentriert die Hauptverhandlung vorbereitet, "der wir zuversichtlich entgegensehen".

Der Termin für den Prozessbeginn gegen den 52-Jährigen ist nach der Freilassung wieder offen. Nach Angaben des Landgerichts Mannheim findet die Hauptverhandlung statt - ob sie aber wie ursprünglich geplant am 6. September beginnt, ist derzeit ungewiss. Der Grund: Sitzt ein Angeklagter in Untersuchungshaft, muss möglichst schnell verhandelt werden. Nach der Freilassung ist dies nicht mehr notwendig. Jetzt haben andere Angeklagte Vorrang, die hinter Gittern auf ihren Prozess warten.

Quelle: ntv.de, hdr/AFP/dpa

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