Sex mit Kindern Neonazi Brandt steht vor Gericht
18.12.2014, 07:11 UhrGerade sagte Tino Brandt noch im Münchner NSU-Prozess als Zeuge aus. Nun steht er als Angeklagter in seiner Thüringer Heimat vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft Gera hat den ehemaligen NPD-Funktionär und Verfassungsschutzinformanten Tino Brandt wegen schwerer Sexualstraftaten angeklagt.
Tino Brandt ist für die Strafermittlungsbehörden seit langem kein Unbekannter mehr. Der 39-Jährige stand jahrelang als V-Mann in den Diensten des Verfassungsschutzes. Gleichzeitig baute er den Thüringer Heimatschutz auf, jene Organisation, in der auch Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aktiv ihre rechtsextremen Ansichten ausleben konnten, bevor sie schließlich als NSU untertauchten. Das Geld, dass er als V-Mann bis zu seinem Auffliegen im Jahr 2001 verdiente, etwa 200.000 D-Mark, will Brandt für die Finanzierung der rechten Szene eingesetzt haben.
Nun steht Brandt selbst als Angeklagter vor Gericht. Doch verhandelt werden weder seine extreme Gewaltbereitschaft noch seine nationalsozialistischen Überzeugungen. Vor dem Landgericht Gera ist der prominente Neonazi wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen angeklagt. Schon seit Juni sitzt Brandt deshalb in Untersuchungshaft, wurde von dort aus auch zum NSU-Prozess nach München gebracht. Die 24-seitige Anklageschrift der Staatsanwaltschaft listet 157 Fälle auf, die sich in den Jahren 2011 bis 2014 ereignet haben sollen.
Die Anklagebehörde ist überzeugt, dass Brandt selbst mit minderjährigen Jungen Sex hatte und sie dafür bezahlt hat. Außerdem vermittelte Brandt die Kinder und Jugendlichen auch für Sexdienste gegen Provision an andere Männer. Die Kontakte seien via Internet angebahnt worden, es seien dafür jeweils bis zu 450 Euro geflossen. In der Anklage werden dem Gericht zufolge fünf Opfer aufgeführt, eines davon könnte noch nicht einmal 14 Jahre alt gewesen sein. Zwei Opfer werden im Prozess als Nebenkläger auftreten.
Betrug im Millionenformat
Zunächst war gegen Brandt wegen Versicherungsbetrugs ermittelt worden. Dabei sollen hohe Versicherungen abgeschlossen worden und dann fingierte Arbeitsunfälle geltend gemacht worden sein. Der gewerbsmäßige Bandenbetrug, in dem die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, soll bis zu eine Million Euro eingebracht haben. Als die Ermittler die beschlagnahmten Unterlagen, Speichermedien und Computer sichteten, wurden sie auf die Sexgeschäfte aufmerksam. Ein 15-Jähriger hatte danach detaillierte Aussagen gemacht und Brandt belastet.
Im Sommer wurde Brandt festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Nach MDR-Informationen soll Brandt die Jungen und Jugendlichen in seinem Bekanntenkreis rekrutiert haben. Sie sollen in ihren Privatwohnungen für Brandt angeschafft haben, wobei Brandt bis zu 60 Prozent der Einnahmen kassiert haben soll. In dem Verfahren soll auch der Coburger Stadtrat Martin Ruggaber als Zeuge aussagen. Dem bayrischen Rundfunk zufolge soll der SPD-Politiker zu Brandts Kunden gehört haben. Ruggaber hatte eine Geldstrafe wegen sexuellen Missbrauchs akzeptiert und sich auch öffentlich für sein "Fehlverhalten" entschuldigt.
Brandt muss sich wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen, Förderung der Prostitution und Förderung sexueller Handlungen von Minderjährigen verantworten. Ihm droht eine mehrjährige Haftstrafe. Offenbar hat er aktiv am Ermittlungsverfahren mitgewirkt und auch ein Teilgeständnis abgelegt. Für die Hauptverhandlung hat er bereits über seinen Verteidiger angekündigt, sich "geständig einlassen" zu wollen. Für den Prozess sind zunächst vier Verhandlungstage vorgesehen. Anfang Februar könnte bereits das Urteil gesprochen werden. An den Prozesstagen wird es verschärfte Einlasskontrollen geben. Die 2. Strafkammer hat die Beamten aufgefordert, besonders auf Messer und verfassungsfeindliche Symbole zu achten, hieß es.
Gegen Brandt wurden während seiner Zeit als Thüringer Verfassungsschutzspitzel bereits 35 Ermittlungsverfahren eingeleitet. In acht Fällen führte der Verdacht zur Anklage. Verurteilt wurde Brandt bisher nie.
Quelle: ntv.de