Über 700 Tote bei Hadsch in Mekka Pilger offenbar in Gegenstrom geraten
24.09.2015, 15:21 Uhr
Weshalb Tausende Pilger in den Strom einer entgegenkommenden Gruppe geraten sind, ist unklar. Möglicherweise waren Fußwege gesperrt. Fest steht, dass bei der anschließenden Massenpanik über 700 Menschen starben und ebenso viele verletzt wurden.
Mehr als 700 Menschen sind bei einer Massenpanik während der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch in Saudi-Arabien ums Leben gekommen. Bei der Panik während der symbolischen Teufelssteinigung in Mina seien zudem mehr als 800 Gläubige verletzt worden, teilte der Zivilschutz des Landes mit. Es handelt sich um das schwerste Unglück während des Pilger-Großereignisses seit 25 Jahren.
Der Auslöser der Panik am Morgen gegen 09.00 Uhr (Ortszeit) in Mina in der Nähe von Mekka, wo sich Hunderttausende Pilger versammelt hatten, war zunächst unklar. Laut einem Krankenhaus-Mitarbeiter kam es zu der Katastrophe außerhalb der Dschamarat-Brückenkonstruktion, wo die symbolische Teufelssteinigung stattfindet. Eine Pilgergruppe, die den Ort verlassen wollte, sei dort auf eine andere Gruppe getroffen, die entweder in die Gegenrichtung wollte oder in dem Bereich campierte. Dabei sei es zu Gedränge gekommen.
Der Iran warf Saudi-Arabien nach dem Unglück schwere Fehler bei den Sicherheitsvorkehrungen vor. Nach Angaben des iranischen Hadsch-Organisators Said Ohadi wurden aus "unbekannten Gründen" zwei Fußwege in der Nähe des Unglücksortes gesperrt. "Das löste diesen tragischen Vorfall aus", sagte er dem iranischen Staatsfernsehen. "Die saudischen Verantwortlichen sollten haftbar gemacht werden." Mindestens 43 Iraner sind unter den Todesopfern.
Die Zahl der Opfer mussten die Behörden, die anfangs von etwa Hundert Toten gesprochen hatten, im Laufe des Tages mehrfach nach oben korrigieren. Am Nachmittag meldete der Zivilschutz mindestens "717 Tote und 805 Verletzte" aus verschiedenen Ländern.
Schlimmstes Unglück seit 1990
Die Pilgermassen waren in Mina zusammengekommen, um Steine auf eine von drei Wänden zu werfen. Bei dieser symbolischen Teufelssteinigung, dem letzten großen Ritual vor dem Ende des Hadsch, hatte es in der Vergangenheit schon mehrfach hunderte Tote wegen einer Massenpanik gegeben. Die diesjährige Zahl der Todesopfer wird aber nur von einer Panik im Jahr 1990 übertroffen, als 1426 Pilger offenbar wegen einer ausgefallenen Belüftungsanlage in einem Fußgängertunnel erstickten. Zuletzt waren im Januar 2006 in Mina bei einer Massenpanik 364 Pilger getötet worden.
Seit fast einem Jahrzehnt war es wegen verbesserter Sicherheitsvorkehrungen aber zu keinen größeren Unglücken mehr gekommen. In diesem Jahr aber war die Pilgerfahrt schon vor ihrem Beginn von einem verheerenden Unfall überschattet: Ein Baukran stürzte am 11. September auf einen Innenhof der Großen Moschee von Mekka, 107 Menschen starben und etwa 400 weitere wurden verletzt. Dennoch entschieden die Behörden, den Hadsch stattfinden zu lassen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich "erschüttert" über die Nachricht vom Tod hunderter Menschen. "Dem saudischen Volk, allen Pilgern, die sich auf den Weg nach Mekka gemacht haben und insbesondere den Familien der Opfer, die am heutigen Tag, dem größten Festtag der Muslime, von einem solch schrecklichen Schicksalsschlag getroffen werden, gilt mein tiefes Mitgefühl", erklärte er. Die weltweit 1,5 Milliarden Muslime feierten am Donnerstag das Opferfest Eid al-Adha, der wichtigste Feiertag für Muslime.
Der Hadsch ist das weltweit größte muslimische Pilgerereignis, an dem jährlich rund zwei Millionen Menschen teilnehmen. Gemäß dem Koran muss jeder Muslim, ob Mann oder Frau, der gesund ist und es sich leisten kann, einmal im Leben zur heiligsten Stätte des Islam in Mekka pilgern. Der Hadsch, an dem an diesem Jahr fast zwei Millionen Pilger teilnahmen, geht offiziell am Sonntag zu Ende.
Quelle: ntv.de, ppo/ghö/AFP/rts/dpa