Panorama

Erst Schüsse, dann Schreie Pistorius kommen die Tränen

Als der Zeuge von der Tatnacht erzählt, bricht Pistorius in Tränen aus.

Als der Zeuge von der Tatnacht erzählt, bricht Pistorius in Tränen aus.

(Foto: picture alliance / dpa)

Reeva Steenkamp ringt bereits mit dem Leben, als ein Zeuge in der Tatnacht das Anwesen von Oscar Pistorius erreicht. "Ich habe auf sie geschossen" ist das Erste, was der Paralympics-Star zu Johann Stipp sagt. Während dessen Aussage vor Gericht bricht der Angeklagte zusammen.

Im Prozess gegen den südafrikanischen Sprintstar Oscar Pistorius widersprechen sich die Aussagen von Nachbarn über die Abfolge von Schüssen und Schreien in der Todesnacht von Reeva Steenkamp. Nach den Aussagen eines benachbarten Ehepaars und einer weiteren Nachbarin, wonach sie erst Schreie und dann Schüsse gehört hätten, berichtete ein weiterer Zeuge, er habe erst Schüsse und danach Schreie gehört.

Er sei von drei Schüssen, "gefolgt von den Schreien einer Frau", geweckt worden, sagte Johann Stipp dem Gericht in Pretoria. Der Radiologe traf nach eigenen Angaben wenige Minuten nach den Wachleuten beim Haus von Pistorius ein, um ärztliche Hilfe zu leisten. Dessen Freundin Reeva Steenkamp habe noch gelebt, aber bereits mit dem Tod gerungen, berichtete Stipp. "Das Erste, was Oscar sagte, war: 'Ich habe auf sie geschossen. Ich dachte, sie wäre ein Einbrecher, ich habe auf sie geschossen.'"

Pistorius' Verteidiger muss sich entschuldigen

Pistorius habe laut gebetet und Gott angefleht, seine Freundin möge nicht sterben. Der Arzt stellte aber fest, dass die blutende, damals 29-jährige Frau nicht mehr geatmet und keinen Puls mehr gehabt habe. Pistorius habe weinend gesagt, er würde sein Leben geben, wenn Reeva nur durchkäme.

Der beinamputierte Ausnahme-Athlet brach bei der detaillierten Schilderung von Steenkamps Zustand in Tränen aus und hielt sich die Ohren zu. Es war die erste Zeugenaussage zu den Vorgängen in Pistorius' Haus seit Prozessbeginn. Dem Radiologen zufolge wirkte Pistorius in der Nacht so schwer mitgenommen, dass er Angst hatte, der Sportler könnte sich etwas antun.

Pistorius hatte seine Freundin vor einem Jahr in der Nacht zum Valentinstag durch die geschlossene Badezimmertür seines Hauses erschossen. Er beteuert, das 29-jährige Model für einen Einbrecher gehalten zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm dagegen vor, Steenkamp nach einem Streit vorsätzlich getötet zu haben. Ihre These wurde in den vergangenen Tagen von den Aussagen eines benachbarten Paares untermauert, das in der Tatnacht erst die verängstigten Schreie einer Frau und dann Schüsse gehört haben will.

Werbeaufsicht verbietet Prozess-Wette

Der Ehemann Charl Johnson blieb auch trotz der aggressiven Befragung von Verteidiger Barry Roux bei dieser Version. Zuvor hatte sich der Anwalt bei Johnson für die Veröffentlichung seiner Telefonnummer entschuldigt. Als er die Nummer vor Gericht laut vorgelesen habe, sei er sich über die Konsequenzen nicht bewusst gewesen, sagte Roux. Johnson hatte am Mittwoch berichtet, unmittelbar vor seiner Aussage sei er von anonymen Anrufern bedroht worden.

Während einer Prozesspause ging Pistorius' Schwester Aimee auf eine Freundin der Toten zu. Sie sprach ein paar Minuten lang mit ihr, kehrte dann mit Tränen in den Augen zu ihrem zweiten Bruder Carl zurück und umarmte ihn.

Unterdessen verdonnerte die britische Werbeaufsicht das Wettbüro Paddy Power zur Rücknahme einer Wette zum Ausgang des Prozesses. Die Behörde erklärte, sie habe über 5200 Beschwerden bekommen, nachdem Paddy Power die Tage zuvor unter dem Motto "Geld zurück, wenn er freikommt" für die Wette geworben hatte.

Das irische Wettbüro hatte in der irischen und britischen Presse pünktlich zum Prozessbeginn in Pretoria sowie zur Oscar-Verleihung in den USA mit der Aktion geworben. "Es ist Oscar-Zeit. Geld zurück, wenn er freikommt", stand in der Anzeige, die eine Oscar-Statue mit dem Kopf von Pistorius zeigt. Im Internet unterzeichneten bis Mittwochabend mehr als 120.000 Menschen eine Petition gegen die Wette.

Quelle: ntv.de, ame/AFP

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