Noch immer Hunderte Vermisste Retter am Jangtse finden nur Leichen
03.06.2015, 07:22 Uhr
Verzweifelt kämpfen Retter bei schlechtem Wetter um die Bergung der Passagiere des "Sterns des Ostens": Noch immer werden auf dem Jangtse über 430 Menschen vermisst. Dass es noch Überlebende gibt, wagt kaum jemand mehr zu hoffen.
Nach dem Schiffsunglück auf dem Jangtse-Strom in Zentralchina werden noch immer mehr als 420 Passagiere vermisst. Es könnte Chinas "schlimmste Schiffskatastrophe in fast sieben Jahrzehnten sein", wie Staatsmedien berichten. Bis zum Morgen wurden weitere Leichen geborgen, womit die Zahl der bestätigten Toten auf 18 stieg. Lediglich 14 Passagiere konnten bislang gerettet werden.
Obwohl ein kleiner Teil des Schiffs aus dem Jangtse ragt, kommen die Bergungsarbeiten im nach wie vor schlechten Wetter nur mühsam voran. Rund 150 Schiffe und mehr als 3000 Helfer beteiligen sich an der Rettungsaktion, darunter 140 Taucher. Sie durchsuchen nach und nach alle 150 Kabinen, können sich aber in dem schlammigen Wasser nur tastend fortbewegen. Ministerpräsident Li Keqiang koordiniert die Arbeiten persönlich.
Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Bergungskräfte, die mit Hämmern auf den Rumpf einschlugen, wollen Signale aus dem Inneren gehört haben - die Hoffnung ist groß, dass viele der Eingeschlossenen in Luftblasen überlebt haben.
Das Schiff war am Montagabend bei Jianli in der Provinz Hubei nahe der bei Touristen beliebten Drei-Schluchten-Region gekentert. Es befand sich auf dem Weg zwischen den alten chinesischen Hauptstädten Nanking und Chongqing, 458 Menschen waren an Bord.
Regen flutete die Kabinen
An Bord des Ausflugsschiffes waren nach Angaben des Staatsfernsehens neben 47 Besatzungsmitgliedern und fünf Reiseleitern 406 Passagiere. Örtlichen Medienberichten zufolge sind die meisten von ihnen mehr als 60 Jahre alt und hatten die Tour über Reiseagenturen gebucht. Schiffseigner ist das auf Ausflüge in die Drei-Schluchten-Region spezialisierte Unternehmen Chongqing Dongfang. Dem "21st Century Business Herald" zufolge ist der "Stern des Ostens" seit 1993 in Betrieb und sollte in drei Jahren ausgemustert werden.
Unklar ist noch immer, was genau das 76 Meter lange Schiff zum Kentern brachte. Erste Untersuchungen ergaben nach Informationen der Nachrichtenagentur Xinhua, dass es nicht überladen war und über genügend Rettungswesten verfügte. Der 43-jährige Reiseleiter Zhang Hui, der das Unglück ebenfalls überlebte, berichtete Xinhua, dass ein Regensturm am Montagabend kurz nach 21 Uhr dem Schiff schwer zu schaffen machte: "Das Regenwasser strömte an der rechten Schiffsseite herunter, viele Passagierkabinen wurden geflutet", sagte er. Demnach rann das Wasser selbst noch durch geschlossene Fenster. Eine halbe Stunde später kenterte das Schiff.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte in einem Kondolenztelegramm an Li, sie hoffe, dass eine "größtmögliche Zahl an Menschenleben gerettet" werden könne. Ähnlich äußerte sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier.
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP