Wohl kein Einfluss auf den Prozess Tugces Erstversorgung lief wohl schief
22.05.2015, 15:39 Uhr
Im Verhandlungssaal des Landgerichts Darmstadt
(Foto: picture alliance / dpa)
Was geschah in der Nacht des tödlichen Schlages gegen Tugce? Das Landgericht hört zu dieser Frage Zeugen. Deren Aussagen erschüttern die Zuhörer. Doch eine Überraschung gibt es schon vor der Anhörung.
Bei der Notfallversorgung der Studentin Tugce Albayrak hat es nach Aussage eines Mediziners womöglich Fehler gegeben. Im Prozess um den Tod der jungen Frau vor dem Landgericht Darmstadt sagte der Vorsitzende Richter Jens Aßling, ein Anästhesist des Krankenhauses Offenbach habe um eine Vernehmung bei der Polizei gebeten und ausgesagt, dass bei der Notfallbehandlung Tugces "nicht alles ganz ordnungsgemäß abgelaufen" sei.
Der Arzt hatte Tugce selbst behandelt. Er vertrete heute die Meinung, dass Tugce sofort in den Schockraum des Krankenhauses hätte gebracht werden müssen. Außerdem hätte Tugce sofort intubiert und auf diese Weise künstlich beatmet werden müssen, so der Anästhesist.
Der Arzt soll voraussichtlich demnächst vor Gericht aussagen. Der Zeitpunkt ist noch offen. Der Anwalt von Tugces Familie, Macit Karaahmetoglu, vertrat indes die Ansicht, dass "diese Behandlungsfehler wohl nicht ursächlich für den Tod Tugces gewesen seien". Die Kopfverletzungen der jungen Frau durch den Sturz seien zu stark gewesen. Der Anwalt der Nebenklage glaubte ebenfalls nicht, dass mögliche Behandlungsfehler einen Einfluss auf den Prozess gegen Sanel M. haben könnten. "Mit der Tat hat das ja nichts zu tun", erklärte er.
Der Anwalt des Angeklagten stimmte dem zwar grundsätzlich zu. "Unter Umständen könnte dieser neue Aspekt jedoch relevant für die Strafzumessung sein", sagte Stephan Kuhn. Nun müsse jedoch erst einmal das Urteil des Sachverständigen abgewartet werden.
Man sah, das etwas passieren können
Das Gericht hatte zunächst weitere Zeugen gehört, die weder direkt zu Tugces Freundeskreis noch zu dem des Angeklagten Sanel M. gehörten. Ein 23 Jahre alter Student sagte zu der Heftigkeit des Schlages gegen Tugce, dieser habe geklungen, "als ob ein Auto gegen die Wand fährt". Er und eine 26-jährige Studentin sagten aus, dass es auch von Tugce Beleidigungen gegen den Angeklagten gegeben habe. "Man hat schon vorausgesehen, dass etwas vorfallen könnte", sagte die Zeugin.
Ein 20 Jahre alter Zeuge sagte zu dem Geräusch des Schlages, er habe sich angehört wie "ein lautes Knacksen". Dann habe er Tugce auf dem Boden liegen sehen. "Sie blutete aus dem Kopf."
Der 18 Jahre alte Sanel M. steht wegen Körperverletzung mit Todesfolge vor Gericht. Er soll der 22-Jährigen im November vergangenen Jahres vor einem Schnellrestaurant in Offenbach so heftig ins Gesicht geschlagen haben, dass sie stürzte und später starb.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa