"Diese Tragödien müssen aufhören" USA trauern um die Opfer
17.12.2012, 01:48 Uhr
Es ist ein schwerer Gang für US-Präsident Obama. Bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Schulmassakers in Newtown versucht er, die Angehörigen zu trösten. Das Land müsse mehr tun, die Zeit zum Handeln sei gekommen, so Obama. Die Debatte um die Waffengesetze ist entbrannt. Und viele fragen: Warum diese Tat?
US-Präsident Barack Obama hat bei einer Trauerfeier nach dem Amoklauf mit 27 Toten zu entschlossenem Handeln aufgerufen. Das Land müsse mehr zum Schutz der Menschen und besonders der Kinder vor solchen Verbrechen tun. "Wir dürfen es nicht hinnehmen, dass solche Taten zur Routine werden", sagte er bei einer bewegenden Gedenkfeier in Newtown in Connecticut. "Diese Tragödien müssen aufhören. Und um sie zu beenden, müssen wir uns ändern", fügte er hinzu.
Ohne das Wort Waffengesetze ausdrücklich zu nennen, forderte Obama das Handeln von Politikern ein. Er selber werde sich mit aller Kraft dafür einsetzen. "Können wir sagen, dass wir für den Schutz unserer Kinder genug tun. Wenn wir ehrlich sind: Nein", sagte Obama. Jetzt sei die Zeit zum Handeln gekommen. Es sei bereits das vierte Mal seit seinem Amtsantritt, dass es ein derart schweres Massaker gebe.
Motiv unbekannt
Die Hintergründe des Schulmassakers liegen noch immer im Dunkeln. Die Polizei räumte ein, dass sie die Motive des 20-jährigen Amokläufers noch nicht kennt.
Lediglich die Identität des Todesschützen wurde offiziell bestätigt. Es handelt sich um den 20-jährigen Adam Lanza. Er erschoss am Freitag zunächst zu Hause seine Mutter und dann in der Sandy-Hook-Grundschule 20 Kinder und sechs Erwachsene. Wie seine anderen Opfer wies die Leiche von Lanzas Mutter mehrere Schusswunden auf. Lanzas Tod nach der Bluttat wurde "als Selbstmord eingestuft", so Polizeisprecher Paul Vance. Es war das schwerste Blutbad an einer Schule in den USA.
"Viele, viele Schüsse, hunderte"
Lanza hatte seine Taten hauptsächlich mit einem Sturmgewehr vom Typ Bushmaster.223 verübt und "viele, viele Schüsse, hunderte" abgefeuert. Umgebracht hatte er sich mit einer der beiden Handfeuerwaffen, die er ebenfalls dabeigehabt hatte. Auch mehrere volle Magazine für alle Waffen hatte Lanza mitgenommen. Im Kofferraum seines Autos, das vor der Grundschule stand, wurde eine vierte Waffe, ein Gewehr, gefunden. Die Waffen gehörten alle seiner Mutter.
Die Mutter des Amokläufers war nach einem Bericht der "New York Times" eine Waffennärrin. "Sie liebte Waffen", schrieb die Zeitung über die 52-Jährige. Die Frau sei seit 2008 geschieden gewesen und habe mit ihrem Sohn zurückgezogen in einem großen Haus in Newtown gelebt.
Schleppende Ermittlungen
Die Ermittlungen der Behörden gehen nur schleppend voran. "Es gibt noch viele Zeugen, die befragt werden müssen", sagte Vance. Genaue Angaben zum konkreten Tathergang könne er noch nicht machen. Fest stehe nur, dass Lanza mit Gewalt in Schule eingedrungen sei.
Ausdrücklich fügte Vance hinzu: "Wir werden nicht sagen, bis wann wir die Ermittlungen abgeschlossen haben." Eindringlich warnte er vor Falschinformationen in sozialen Netzwerken. "Wer in unserem Namen Informationen verbreitet, macht sich strafbar. Wir werden das verfolgen."
Angesichts des Schocks wegen des Massakers wurden die Forderungen nach strengeren Waffengesetzen immer lauter. Der demokratische Politiker Jerry Nadler meinte: "Wenn der Präsident jetzt handelt und einen Kreuzzug anführt, wäre das wunderbar." Obama hatte zwar bereits zu "bedeutsamem Handeln, um weitere Tragödien wie diese zu verhindern" aufgerufen. Doch die Waffenlobby ist extrem mächtig; in über 40 Prozent der US-Haushalte existieren Schusswaffen.
Warum die Sandy-Hook-Grundschule?
In Newtown seien die Menschen "wie gelähmt", berichtete die Psychologin Jeannie Pasacreta. "Viele fühlen sich schuldig, weil sie schon den Weihnachtsschmuck an ihren Häusern hatten, der fröhlich blinkte, während ein paar Straßen weiter die Kinder starben."
In das Entsetzen über das Verbrechen drängt sich vor allem auch die Frage, warum der Täter in die Schule stürmte und Dutzende Male um sich feuerte. Welche Verbindung hatte er zur Sandy-Hook-Grundschule? Am Samstag wurde bekannt, dass entgegen ersten Berichten seine Mutter dort nicht als Lehrerin arbeitete. Erst vor kurzem wurde in der Schule ein neues Sicherheitssystem installiert.
Der Täter wird als klug, sehr scheu und introvertiert beschrieben. Berichten zufolge hatte er aber psychische Probleme, mit denen die Mutter nicht fertig wurde.
Die Kinder, die die Bluttat miterlebten, würden vermutlich ihr ganzes Leben darunter leiden, sagte der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité Berlin, Andreas Heinz. "Traumatisierungen sind besonders schwer, wenn man hilflos ist und die Gewalt gezielt ist. Ein Erdbeben, das alle gleichermaßen trifft und für das niemand etwas kann, verursacht viel weniger Traumatisierung als gezielte Gewalt."
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/AFP/rts