Panorama

Schmerzen und Hoffnung Was Covid-19-Überlebende erzählen

In der Akutphase der Krankheit müssen viele Covid-19-Patienten intensivmedizinisch versorgt werden.

In der Akutphase der Krankheit müssen viele Covid-19-Patienten intensivmedizinisch versorgt werden.

(Foto: AP)

Das Coronavirus löst bei vielen Menschen nur milde Symptome aus, doch fünf Prozent der Infizierten erkranken schwer an Covid-19. Nach leichtem Unwohlsein verschlechtert sich ihr Zustand schnell. Sie kämpfen mit starken Schmerzen, Luftnot und der Angst, es vielleicht nicht zu schaffen.

Je weiter die Corona-Epidemie sich weltweit ausbreitet, desto mehr Menschen durchleben auch die damit verbundene Covid-19-Erkrankung. Der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin zufolge gibt es bei 81 Prozent der Patienten einen milden Verlauf, 14 Prozent erkranken schwer. Für 5 Prozent ist die Erkrankung sogar lebensbedrohlich. Vom Beginn der Symptome bis zur Aufnahme auf die Intensivstation dauert es bei den kritischen Fällen etwa 10 Tage. Durch Kurzatmigkeit oder sogar Atemnot und dem damit verbundenen Sauerstoffmangel im Blut müssen diese Patienten intensivmedizinisch behandelt werden. Genau davon berichten einige Patienten, die eine schwere Covid-19-Erkrankung überlebt haben.

Auch für den US-Anwalt David Lat wurde der Kampf gegen das Virus zu einem Kampf auf Leben und Tod. Bei Twitter erzählte der 44-Jährige, dass die Erkrankung bei ihm mit einem leichten Unwohlsein begann. Deshalb verabschiedete er sich an einem Abend früh von seinen Freunden. Am nächsten Tag sei er ein wenig müde gewesen, aber noch ins Fitnessstudio gegangen. Erst am dritten Tag habe er Fieber und Schüttelfrost bekommen. "Ich bin an diesem Tag nicht zur Arbeit gegangen und habe mein Appartement nicht mehr verlassen, bis ich schließlich ins Krankenhaus kam."

Zwischendurch sei das hohe Fieber wieder gesunken, aber auch wieder angestiegen, als der Husten kam. Hustentropfen brachten keine Linderung, außerdem konnte der Jurist die Ärzte in New York nicht davon überzeugen, einen Corona-Test bei ihm zu machen. Inzwischen war er schon über eine Woche krank und wurde trotzdem wieder nach Hause geschickt. Neun Tage nach den ersten Symptomen kam er mit starken Atembeschwerden erneut in die Notaufnahme. "Sie nahmen mich auf, gaben mir Sauerstoff, steckten mich in ein Isolationszimmer und testeten mich endlich auf Corona."

Dem Tod nahe

Lat wurde eine Woche lang künstlich beatmet, nachdem sich sein Zustand weiter verschlechtert hatte. Die Ärzte hatten ihm eine neuartige medikamentöse Therapie verabreicht, von der sie hofften, dass sie funktionieren würde. "Am Ende", sagte er, "erhielt ich einen IL-6-Hemmer namens Kevzara, eine Kombination aus dem Malariamedikament Hydroxychloroquin und dem Antibiotikum Azithromycin, einem IL-6-Hemmer namens Tocilizumab, einem IL-6-Hemmer namens Clazakizumab und ein Antivirusmittel namens Remdesivir." Inzwischen ist Lat aus dem Krankenhaus entlassen.

"Es ist verrückt, darüber nachzudenken, wie nahe ich dem Tod war", sagte Lat der Webseite Law.com. Es habe nicht viel gefehlt und er hätte seinen Mann Zach verlassen, der den gemeinsamen zweijährigen Sohn als alleinerziehenden Vater hätte großziehen müssen. Er habe immer noch Schmerzen und versuche, so wenig wie möglich zu sprechen.

Die Britin Karen Mannering erzählte der BBC, sie habe mehrere Tage gehustet und auch Fieber gehabt. Die 39-Jährige ist mit ihrem vierten Kind schwanger. Am elften Tag der Beschwerden habe sie plötzlich kaum noch Luft bekommen und den Rettungsdienst gerufen. "Ich schnappte buchstäblich nach Luft, also haben sie mich sofort mit Sauerstoff versorgt", so Mannering. Der Covid-19-Test der Frau war positiv. Als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hatte die Schwangere die typische beidseitige Lungenentzündung.

Mannering wurde in einem Isolierzimmer untergebracht, eine Woche lang dufte sie niemand besuchen. "Es war eine sehr einsame, dunkle Zeit." Zwei oder drei Tage sei sie so schwach gewesen, dass sie nicht einmal allein zur Toilette gehen konnte. Wenn sie nach den Krankenschwestern klingelte, musste sie warten, bis diese ihre Schutzkleidung angelegt hatten. "Ich habe um jeden einzelnen Atemzug gekämpft. Ich habe um mein Leben und das meines Babys gekämpft." Das Gefühl von frischer, kalter Luft auf ihrem Gesicht am Tag ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus werde sie nie vergessen.

Dankbar, am Leben zu sein

Emily Dwyer ist 26 Jahre und gilt damit nicht unbedingt als Risikopatientin. Trotzdem nahm die Krankheit bei der Kanadierin einen dramatischen Verlauf. "Ich bin mit Körperschmerzen aufgewacht und hatte meinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren", erzählte Dwyer dem kanadischen Sender Global News. "Da wurde mir klar, dass etwas Seltsames vor sich geht. Ich habe mich in meinem Leben noch nie so gefühlt."

Sie habe 16 Stunden am Tag geschlafen und extremen Schüttelfrost gehabt. Am dritten Tag setzte bei der Frau der Husten ein. Nach 14 Tagen in Selbstquarantäne gilt sie inzwischen als geheilt. Auch eine Beatmung war nicht nötig. "Ich bin jung und gesund und es hat mich trotzdem zwei Wochen lang umgehauen", sagte sie. "Es geht nicht nur um ältere Menschen oder Menschen mit zugrunde liegenden Vorerkrankungen."

Diese Erfahrung machte auch Andrea Napoli. Der 33-Jährige ist sportlich und gesund, war noch nie länger krank. Nie hätte er gedacht, dass er sich mit dem Coronavirus infizieren und schwer erkranken könnte. Doch die Infektion nimmt einen schweren Verlauf, neun Tage muss Napoli beatmet werden. "Leider habe ich während meines Krankenhausaufenthaltes drei Leute gesehen, die es nicht geschafft haben. Neben mir starb in der ersten Nacht ein alter Mann. Er lag auf einmal still da." Napoli selbst muss nach dem Krankenhausaufenthalt nun noch die zweiwöchige Quarantäne überstehen.

Auch Graziella Sonzonni ist eine Covid-19-Überlebende. Die Italienerin wurde tagelang auf der Intensivstation behandelt. "Du bist dort auf dem Bett, das an den Sauerstoff gebunden ist, du fühlst dich atemlos und du verstehst, dass es dein letzter Atemzug sein könnte", sagt die alte Dame dem Sender Euronews. Inzwischen hält sie sich in einem Hotel in Bergamo auf. Dort kümmern sich Krankenschwestern um die Frau, während sie sich erholt. "Wenn wir raus dürfen, werde ich alle umarmen und sie sehr festhalten und sie verstehen lassen, wie sehr ich sie liebe. Ich vermisse sie alle." In diesem Punkt ist sich Sonzonni mit ihrem US-amerikanischen Leidenskameraden Lat einig, der sagt: "Ich bin so dankbar, am Leben zu sein."

Quelle: ntv.de

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