Bundesregierung klärt Streit auf 189.000 spitzelten für die Stasi
21.05.2013, 17:56 Uhr
Auch 3000 bis 3500 Bundesbürger waren 1989 als IM geführt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Wie viele Inoffizielle Mitarbeiter hatte das Ministerium für Staatssicherheit? Ein Forscher der Stasi-Unterlagen-Behörde stellt plötzlich die offiziellen Zahlen infrage. Nun mischt sich die Bundesregierung in die Diskussion ein.
In der DDR gab es kurz vor deren Ende im Jahr 1989 rund 189.000 Inoffizielle Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit. Hinzu kamen 3000 bis 3500 Bundesbürger, die in der damaligen Bundesrepublik als IM aktiv waren, wie aus einer Anfrage der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervorgeht. Zuvor hatte die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung" über die Zahlen berichtet. Mit ihrer Stellungnahme entschied die Regierung einen Streit, der die Stasi-Unterlagen-Behörde in den vergangenen Monaten beschäftigt hatte.
Der in der Behörde angestellte Forscher Ilko-Sascha Kowalczuk hatte der Zeitung zufolge die bisherigen Zahlen in seinem Buch "Stasi konkret" in Zweifel gezogen. Zur Begründung führte er an, manche IM seien doppelt gezählt worden oder hätten gar keine Informationen geliefert, sondern beispielsweise nur konspirative Wohnungen bereitgestellt. Daraus ergäbe sich eine deutlich geringere Zahl an Stasi-IMs. Indirekt stellte Kowalczuk damit die Forschungsergebnisse seines Kollegen Helmut Müller-Enbergs infrage, auf dessen Arbeit die genannte Zahl von 189.000 im Wesentlichen beruhte.
Der zuständige Kulturstaatsminister Bernd Neumann erklärte in seiner Antwort auf die Linken-Anfrage nun: "Die Zahl von 189.000 Inoffiziellen Mitarbeitern, auf die in den Tätigkeitsberichten des Bundesbeauftragten Bezug genommen wird, entspricht dem bisherigen Forschungsstand." Kowalczuks Buch sei keine Publikation des Stasiakten-Beauftragten Roland Jahn, "sondern der Beitrag eines einzelnen Autors, dessen Inhalt er persönlich verantwortet".
"Es wird Zeit, dass die Diskussion um die inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi objektiviert wird, ohne irgendetwas zu relativieren", erklärte der Linken-Innenexperte Jan Korte. Es sei positiv, dass es unter Experten das Bestreben gebe, die Debatte differenziert zu führen und auf wissenschaftlichen Boden zu stellen. "Von der Bundesregierung erwarte ich, dass sie diese Arbeiten und Bestrebungen nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sie auch anerkennt und fördert."
Quelle: ntv.de, AFP