Politik

Bilanz des staatlichen Tötens Amnesty zählt 682 Hinrichtungen

Wenn der Staat mordet: Die Füße eines Hingerichteten am 1. April in Kuwait.

Wenn der Staat mordet: Die Füße eines Hingerichteten am 1. April in Kuwait.

(Foto: dpa)

Nach dem jüngsten Amnesty-Bericht wurden 2012 weltweit mindestens 682 Menschen hingerichtet. Die tatsächliche Zahl ist weitaus höher: Allein in China sterben jedes Jahr tausende durch die Hand des Staates. Hingerichtet wird jedoch auch in Ländern, die länger darauf verzichtet hatten.

Bei seinen mutmaßlich letzten Worten hatte Naw Kham so viel Aufmerksamkeit wie die ganzen 44 Jahre seines Lebens nicht. Drei Dinge durfte der Mann aus Birma vor den Kameras des chinesischen Staatsfernsehens CCTV noch loswerden: "Ich vermisse meine Mutter. Ich will meine Kinder größer werden sehen." Und: "Ich will nicht sterben." Dann wurde der mutmaßliche Drogenbaron von zwei Polizisten in schwarzer Uniform zur Hinrichtung geführt. Gnädigerweise blendete sich der Sender aus, bevor der Henker die Giftspritze setzte.

Naw Kham wird von zwei Polizisten zur Hinrichtung geführt.

Naw Kham wird von zwei Polizisten zur Hinrichtung geführt.

(Foto: CCTV via Youtube)

Nur diese Zurschaustellung machte aus Naw Khams staatlich angeordneter Tötung Ende Februar einen Sonderfall. Öffentliche Hinrichtungen gehören auch in China seit Jahrzehnten der Vergangenheit an. Allen internationalen Appellen zum Trotz lässt die Volksrepublik nach Schätzungen aber immer noch jedes Jahr mehrere tausend Menschen exekutieren. Die genaue Zahl wird als Staatsgeheimnis behandelt.

Im "Henkerstaaten"-Bericht von Amnesty International - der weltweit zuverlässigsten Erhebung dieser Art - ist China deshalb auch dieses Jahr wieder nur ein dunkler Fleck. In einem aber ist sich Amnesty sicher: "China hat 2012 wieder mehr Menschen hingerichtet als der gesamte Rest der Welt zusammen." Dort blieben die Zahlen einigermaßen gleich. Anderswo kamen die Menschenrechtler auf mindestens 682 Tötungen von Staats wegen - zwei mehr als im Jahr zuvor.

USA zwischen Saudi-Arabien und Jemen

Mann in Texas hingerichtet

Im US-Bundesstaat Texas ist am Dienstag (Ortszeit) ein Mann hingerichtet worden, der vor fast 20 Jahren zum Tode verurteilt worden war. Rickey Lewis sei durch eine Giftspritze gestorben, teilten die Justizbehörden mit. Der 50-jährige Schwarze war 1994 wegen der Ermordung eines Mannes und der Vergewaltigung von dessen Ehefrau zum Tode verurteilt worden. Er war durch DNA-Spuren überführt worden und saß 19 Jahre lang in der Todeszelle. Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 wurden in Texas 494 Menschen hingerichtet.

Auch sonst gibt es in der neuen Statistik auf den ersten Blick kaum Veränderungen. Auf Platz zwei der Liste liegt wieder der Iran, wo mindestens 314 Menschen gehenkt wurden. Es folgen der Irak (129), Saudi-Arabien (79), die USA (43) und der Jemen (28). In Europa vollstreckt als letztes Land nur noch Weißrussland (3) die Todesstrafe. Mit Ausnahme der USA sind das alles Mindestzahlen. Insgesamt ließen noch 21 Staaten hinrichten - genauso viele wie 2011.

In Deutschland liegt die letzte Exekution schon mehr als 30 Jahre zurück: Im Juni 1981 ließ die DDR den Stasi-Hauptmann Werner Teske wegen "Hochverrats" exekutieren. Die Bundesrepublik hatte die Todesstrafe schon 1949 aus der Verfassung gestrichen. Heute gehört Deutschland zu den Staaten, die sich besonders für einen Total-Verzicht engagieren. Offizielle Regierungsmeinung: "Die Todesstrafe ist eine unmenschliche und grausame Strafe, für die im 21. Jahrhundert kein Platz mehr ist."

Indien und Japan töten wieder

Mehr als zwei Drittel der 193 UN-Mitgliedsländer haben die Todesstrafe inzwischen de facto abgeschafft. In den USA kam kürzlich Maryland als 18. Bundesstaat hinzu. Doch gab es für die Hinrichtungsgegner in letzter Zeit auch schwere Rückschläge. So wurden in großen Demokratien wie Indien und Japan nach längerer Unterbrechung wieder Todesurteile vollstreckt. Gambia schickte nach mehr als einem Vierteljahrhundert Pause gleich neun verurteilte Verbrecher in den Tod - an einem einzigen Tag.

Das jüngste Beispiel lieferte Kuwait Anfang April. In dem Golfstaat, wo fast sechs Jahre lang ein Hinrichtungsstopp gegolten hatte, wurden drei mutmaßliche Mörder zeitgleich gehängt - auf dem öffentlichen Parkplatz vor dem Zentralgefängnis. Die Männer durften noch eine letzte Zigarette rauchen. Dann bekamen sie Kapuzen über dem Kopf, Arme und Beine wurden mit Ketten und Lederbändern gefesselt. Ihre Leichen wurden erst vom Galgen geholt, nachdem die Fotografen ihre Bilder gemacht hatten.

Quelle: ntv.de, Christoph Sator, dpa

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