Politik

"Schule völlig überbewertet" Amtsarzt warnt vor schnellen Schulschließungen

Patrick Larscheid, Amtsarzt im Berliner Bezirk Reinickendorf, meldet sich seit Beginn der Pandemie zu Wort und mahnt immer wieder Maßhalten an.

Patrick Larscheid, Amtsarzt im Berliner Bezirk Reinickendorf, meldet sich seit Beginn der Pandemie zu Wort und mahnt immer wieder Maßhalten an.

(Foto: Paul Zinken/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild)

Müssen Schulen schließen, wenn einzelne Corona-Fälle auftreten? "Nein", sagt Amtsarzt Patrick Larscheid aus Berlin. Er warnt vor schnellen Schulschließungen und mahnt zu mehr Gelassenheit. Ärztepräsident Reinhardt sieht es ähnlich.

Amtsarzt Patrick Larscheid aus Berlin Reinickendorf hat sich dagegen ausgesprochen, Schulen wegen einzelner Corona-Fälle komplett zu schließen. Das sei nicht nachvollziehbar, sagte Larscheid. Die positiven Tests einzelner Schüler oder Lehrer würden hochstilisiert zu einem großen Schulproblem. "Was es nicht ist. Kein Mensch redet darüber, dass diese Schüler zum Beispiel auch Mitglieder in Fußballvereinen und Ähnlichem sind", sagte Larscheid. "Der Kontext Schule wird völlig überbewertet."

In Berlin hat es nach Angaben der Senatsbildungsverwaltung bisher acht bestätigte Corona-Fälle gegeben, unter anderem im Bezirk Reinickendorf. Ein Gymnasium im Bezirk Treptow-Köpenick wurde am Donnerstag vorsorglich geschlossen.

"Ich weiß, dass das nicht von den Gesundheitsbehörden ausging", sagte Larscheid. Die Entscheidung sei ein Schnellschuss von anderen Verantwortlichen gewesen. "Es ist kein Schulproblem, das wir haben. Wir haben ein Problem mit bestimmten Einzelpersonen, die auch die Schule besuchen. Aber wir haben hier keine dramatische Situation in der Schullandschaft. Davon kann überhaupt nicht die Rede sein."

Bei den bisherigen Fällen sei es zum Teil um Schülerinnen und Schüler gegangen, die aus dem Ausland zurück nach Berlin gekommen und mit einem positiven Befund ein, zwei Tage in der Schule gewesen seien.

"Daraufhin wurden an einzelnen Stellen Klassenverbände zunächst für einige Tage in Quarantäne versetzt. Das ist ein ganz normales und im Übrigen sehr unaufgeregtes Vorgehen", sagte Larscheid. Bei einzelnen Infektionsfällen sei eine komplette Schließung keine angemessene Art zu reagieren, sagte Larscheid. "Das schafft bei Eltern und Kindern große Verunsicherung."

Reinhardt: "14 Tage Quarantäne zu lang"

Auch Ärztepräsident Klaus Reinhardt spricht sich im Fall von Corona-Infektionen gegen die Schließung ganzer Schulen aus. "Wenn ein Corona-Fall in einer Schule auftaucht, muss nicht direkt die Schule für 14 Tage geschlossen werden", sagte Reinhardt. Es reiche, wenn einzelne Klassen oder Kurse zu Hause blieben. Voraussetzung dafür sei natürlich, dass die Schülerinnen und Schüler auch nur in diesen Gruppen zusammenkämen. "Darauf müssen die Schulen achten und entsprechende Konzepte machen."

Leider seien viele Schulen mit Blick auf ihre Hygiene- und Abstandskonzepte auf den Start nach den Sommerferien nicht ausreichend vorbereitet, kritisierte der Ärztepräsident weiter. Zur Dauer von Quarantänen bei Infektionen mit dem Corona-Virus sagte er: "Grundsätzlich halte ich 14 Tage Quarantäne ohnehin für sehr lang bemessen. Es gibt inzwischen Studien, wonach auch 7 Tage ausreichen bis das Ansteckungsrisiko vorbei ist."

Quelle: tar/dpa

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