Politik

Unter der Kontrolle Erdogans Ankara will Geheimdienst aufspalten

Das türkische Militär wird entmachtet - es verlor zuletzt etliche Kompetenzen und Befugnisse.

Das türkische Militär wird entmachtet - es verlor zuletzt etliche Kompetenzen und Befugnisse.

(Foto: REUTERS)

Der Umbau des türkischen Sicherheitsapparates geht weiter. Die Regierung plant einem Zeitungsbericht zufolge die Aufspaltung des Geheimdienstes. Die Behörde für das Ausland soll direkt dem Präsidenten unterstehen. Derweil geht die Verhaftungswelle weiter.

Die türkische Führung will die Spionage im Inland und im Ausland einem Bericht zufolge künftig voneinander trennen. Wie die Zeitung "Hürriyet" schreibt, soll der Nachrichtendienst MIT in einen Inlands- und einen Auslandsgeheimdienst aufgespalten werden. Bei der Einheit für das Ausland soll demnach außerdem eine Koordinierungsstelle für beide Sektionen eingerichtet werden, die zusätzlich noch eigene Geheimdienstanalysen erstellt.

Der Geheimdienst war im Zuge des gescheiterten Militärputsches in der Türkei vor zweieinhalb Wochen in die Kritik geraten. So soll Geheimdienstchef Hakan Fidan Stunden vor dem Umsturzversuch über die anstehende Revolte informiert gewesen sein. Er soll Präsident Recep Tayyip Erdogan, der seitdem massiv gegen die vermeintlichen Putschisten und ihre Verbündeten vorgeht, aber nicht darüber informiert haben.

Vorwürfe gegen den Westen

Erdogan warf derweil dem Westen vor, Putschisten und Terrorismus zu unterstützen. Der Putschversuch sei nicht nur in der Türkei, sondern auch im Ausland geplant worden, sagte er vor Wirtschaftsvertretern in Ankara.

Vize-Regierungschef Numan Kurtulmus hatte am Montag gesagt, eine Umstrukturierung der Geheimdienstaktivitäten der Türkei stehe "auf der Agenda". Der Zeitung "Hürriyet" zufolge sollen sich nun Polizei und Gendarmerie um die inneren Angelegenheiten kümmern und direkt dem Innenministerium Bericht erstatten. Der Auslandsgeheimdienst soll der Präsidentschaft verpflichtet sein. Erdogan hatte bereits am Wochenende angekündigt, den MIT unter seine Kontrolle stellen zu wollen. Bisher untersteht der Geheimdienst dem Ministerpräsidenten, ist aber auch gegenüber dem Präsidenten und dem Chef des Generalstabes zur Rechenschaft verpflichtet. Bis 1992 wurde der Dienst von einem General des Militärs geleitet.

Seit dem gescheiterten Putsch geht die türkische Führung massiv gegen Militärangehörige, Staatsbedienstete, Journalisten und Wissenschaftler vor, die der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nahestehen sollen. Diesen macht Ankara für den Putschversuch verantwortlich, der in den USA lebende Prediger weist das aber zurück. Insgesamt wurden bislang mehr als 60.000 Menschen verhaftet, suspendiert oder entlassen.

Razzia in Militärkliniken

Auch das Gesundheitssystem ist ins Visier der türkischen Führung gerückt. Gegen rund hundert Angestellte des größten Militärkrankenhauses in Ankara seien Haftbefehle ausgestellt worden, erklärte ein Regierungsvertreter, der anonym bleiben wollte. Darunter seien auch Ärzte. Der türkische Sender NTV berichtete ebenfalls von Polizeirazzien zu diesem Zweck in der Militär-Medizinischen Akademie Gülhane. Der Regierungsvertreter sagte, dem Klinikpersonal werde vorgeworfen, Gülen-Anhängern den Eintritt in die Armee und den dortigen Karriereaufstieg erleichtert zu haben, indem vorteilhafte Gesundheitszeugnisse ausgestellt worden seien.

Zuletzt hatte die türkische Regierung den Streitkräften etliche Befugnisse entzogen. Fabriken und Werften, die bislang vom Generalstab kontrolliert worden seien, unterstünden nun der Regierung, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim im Parlament. Zugleich betonte er, dass der seit dem Umsturzversuch Mitte Juli eingeleitete Umbau die Armee nicht schwäche. Vielmehr werde der Fokus auf Aktivitäten verlagert, die für die nationale Sicherheit notwendig seien. Erst am Wochenende hatte Präsident Erdogan angekündigt, die Streitkräfte vollständig unter direkte staatliche Kontrolle zu bringen. Mehr als 1000 Militärangehörige wurden bereits entlassen.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/rts/dpa

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