Giftgasangriff "konstruiert" Assad fordert "unabhängige" Untersuchung
13.04.2017, 16:35 Uhr
Assad mit seinen Soldaten - auf einem offiziellen Foto. Chemiewaffen würden seine Leute niemals einsetzen, behauptet der Präsident.
(Foto: picture alliance / dpa)
Erstmals, seit die USA sein Militär direkt angriffen, äußert sich Syriens Präsident Baschar al-Assad. Amerika und dem Westen wirft er vor, den mutmaßlichen Giftgasangriff auf Chan Scheichun "konstruiert" zu haben. Seine Armee besitze gar keine Chemiewaffen.
Der mutmaßliche Chemiewaffenangriff von Chan Scheichun ist nach Ansicht des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu "hundert Prozent konstruiert". Assad warf dem Westen und vor allem den USA in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP vor, den angeblichen Chemiewaffenangriff als "Vorwand" für den US-Luftangriff auf die syrische Armee genutzt zu haben. Die syrische Armee verfüge über keine Chemiewaffen mehr.
In seinem ersten Interview nach dem US-Angriff auf eine syrische Luftwaffenbasis vor einer Woche sagte Assad mit Blick auf den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff: "Das ist für uns zu hundert Prozent konstruiert." Der Westen und die USA arbeiteten eng mit den "Terroristen" zusammen, fügte er mit Blick auf seine bewaffneten Gegner in Syrien hinzu.
Den Vorwurf westlicher Länder, dass die syrische Luftwaffe den Chemiewaffenangriff auf Chan Scheichun geflogen habe, wies er zurück: "Wir haben keine Chemiewaffen. (...) Vor mehreren Jahren, 2013, haben wir auf unser gesamtes Arsenal verzichtet." Selbst wenn Damaskus solche Chemiewaffen noch hätte, hätte es diese "nie" eingesetzt.
Der syrische Machthaber machte darüber hinaus deutlich, dass er nur einer "unabhängigen" externen Untersuchung des mutmaßlichen Chemiewaffenangriffs zustimmen werde. "Wir können eine Untersuchung nur erlauben, wenn sie unabhängig ist", sagte er. Unparteiische Länder müssten Teil einer solchen Untersuchung sein, um sicherzustellen, dass diese nicht für politische Zwecke genutzt werde.
"Unsere Feuerkraft ist nicht beeinträchtigt"
Der Westen wirft der syrischen Luftwaffe vor, am 4. April einen Giftgasangriff auf die Kleinstadt Chan Scheichun im Nordwesten Syriens geflogen zu haben. Dabei waren nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 87 Zivilisten getötet worden, unter ihnen 31 Kinder.
Ärzte und Aktivisten vor Ort bezeichneten die Symptome der Opfer als typisch für Giftgas. Ein AFP-Reporter in Chan Scheichun sah in einer Klinik Tote mit Schaum vor dem Mund und Ärzte, die versuchten, Menschen wiederzubeleben. Die Bilder der Toten und der leidenden Menschen hatten weltweit für Entsetzen gesorgt. Moskau und Damaskus hatten jegliche Verantwortung für den Chemiewaffenangriff bestritten und mitgeteilt, bei einem Luftangriff sei ein Giftgaslager der Rebellen getroffen worden.
Am vergangenen Freitag hatten die USA als Vergeltung einen syrischen Luftwaffenstützpunkt mit Marschflugkörpern angegriffen. Es war der erste direkte Angriff des US-Militärs auf die syrischen Regierungstruppen.
Assad sieht durch diesen Angriff die Schlagkraft der eigenen Armee in keiner Weise beeinträchtigt. "Unsere Feuerkraft, unsere Fähigkeit, die Terroristen anzugreifen, ist durch den Angriff nicht beeinträchtigt worden", sagte Assad im Interview.
Verhandlungsbemühungen der USA "nicht ernst gemeint"
Über die bisherigen Friedensverhandlungen sagte er, Washington sei nicht ernsthaft an einer politischen Lösung interessiert. "Die USA meinen es nicht ernst in ihrem Bemühen um eine politische Lösung", sagte der syrische Machthaber. "Sie wollen den politischen Prozess nutzen, um die Terroristen zu schützen."
Der Syrien-Krieg hatte im Frühjahr 2011 im Zuge des Arabischen Frühlings mit zunächst friedlichen Protesten gegen Assad begonnen. Seither wurden mehr als 320.000 Menschen bei den Kämpfen getötet und Millionen Syrer in die Flucht getrieben. Die USA, Russland und zahlreiche weitere Konfliktparteien sind in den Syrien-Krieg involviert.
Quelle: ntv.de, mbo/AFP