Politik

Zu wenig Wasser und Lebensmittel Athen ruft um Hilfe für Flüchtlinge

Ein syrischer Flüchtling in einer notdürftigen Unterkunft auf der griechischen Insel Kos.

Ein syrischer Flüchtling in einer notdürftigen Unterkunft auf der griechischen Insel Kos.

(Foto: dpa)

Im Juli kommen so viele Flüchtlinge nach Griechenland wie im gesamten Jahr 2014. Sie fliehen vor allem vor den Kriegen in Syrien und Afghanistan. Premier Tsipras bittet die anderen EU-Staaten um Hilfe. Denn die Zustände in den Lagern sind katastrophal.

Griechenland ruft um Hilfe: Sein Land sei nicht in der Lage, den Zustrom Tausender Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan aus eigener Kraft zu bewältigen, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras. Athen benötige die Hilfe der EU-Partner, sagte er nach einem Treffen mit den zuständigen Ministern. Scharfe Kritik an den Behörden kommt derweil UN-Flüchtlingswerk.

Flüchtlinge aus Afghanistan erreichen den Strand der griechischen Insel Lesbos.

Flüchtlinge aus Afghanistan erreichen den Strand der griechischen Insel Lesbos.

(Foto: REUTERS)

"Jetzt wird sich zeigen, ob die EU eine EU der Solidarität ist oder eine EU, in der jeder nur versucht, seine Grenzen zu schützen." Zuvor hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Griechenland vorgeworfen, nichts gegen chaotische Zustände bei der Flüchtlingsaufnahme auf seinen Inseln zu unternehmen. So sei etwa die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln völlig unzureichend. Die Behörden und die Hilfsorganisationen seien überfordert, sagte der Flüchtlingskommissar für Griechenland, Giorgos Tsarbopoulos, im griechischen Rundfunk.

"Der Flüchtlingszustrom nach Griechenland geht über das hinaus, was unsere staatliche Infrastruktur zu leisten imstande ist", sagte Tsipras. Griechenland ist neben Italien am stärksten vom Zustrom Zehntausender Menschen betroffen, die vor Hunger, Perspektivlosigkeit und Krieg flüchten und nach Europa wollen.

Neuer Flüchtlings-Rekord

Allein im Juli kamen nach Angaben der EU-Grenzschutzagentur Frontex fast 50.000 Flüchtlinge nach Griechenland. Damit seien in einem Monat so viele Menschen über Griechenland in die EU gekommen wie im gesamten vergangenen Jahr, hieß es in einer in Warschau veröffentlichten Mitteilung. Die griechische Küstenwache bezifferte die im Juli in der Ägäis aufgegriffenen Flüchtlinge sogar auf 54.899. Durch die Ägäis führen Routen, über die Schleuser Migranten nach Europa bringen.

Insgesamt wurden laut Frontex bis Ende Juli fast 130.500 Migranten an den Außengrenzen Griechenlands entdeckt - fünfmal so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge kam nach Frontex-Angaben aus Syrien und Afghanistan, auch der Anteil pakistanischer Migranten sei deutlich gestiegen. Sie hätten auf kleinen Booten über die Türkei die griechischen Inseln Lesbos, Chios, Kos und Samos angesteuert. Frontex appellierte an die EU-Staaten, die Grenzschutzmission mit mehr Schiffen und Personal zu unterstützen.

Dabei steht das Land selbst kurz vor einer Staatspleite, und es droht eine erneute Rezession. Im Juni hatten die EU-Staats- und Regierungschefs grundsätzlich beschlossen, 40.000 Flüchtlinge aus den Grenzländern Italien und Griechenland auf andere europäische Staaten zu verteilen. In mehreren Sondersitzungen haben die EU-Innenminister darüber aber noch keine Einigung erzielt.

Eine Sprecherin der EU-Kommission betonte, Griechenland habe bereits jetzt die Zusicherung, bis 2020 rund 260 Millionen Euro aus dem sogenannten Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) zu erhalten. Für die Auszahlung der ersten Tranche müsse das Land aber noch einige der vereinbarten Bedingungen erfüllen. Weitere 166 Millionen Euro für Griechenland sind nach Angaben aus Brüssel dem Fonds für die innere Sicherheit (ISF) eingeplant. Die ISF-Gelder sind dafür vorgesehen, den Grenzschutz der Mitgliedstaaten zu stärken.

Schlafen unter freiem Himmel

"Auf den Inseln herrscht das totale Chaos", sagte der Europa-Direktor von UNHCR, Vincent Cochetel, nach Besuchen auf Lesbos, Kos und Chios. Auf den meisten Inseln gebe es überhaupt keine Infrastruktur für die Aufnahme der Menschen. Es fehle an sanitären Einrichtungen, und meisten Flüchtlinge müssten schutzlos unter freiem Himmel schlafen. Auch wenn sie nach einigen Tagen nach Athen weitergeleitet würden, erwarte sie dort das Nichts. Die griechischen Behörden müssten etwas unternehmen, anstatt die Verantwortung jeweils immer weiter zu schieben.

Cochetel forderte auch die anderen EU-Staaten auf, mehr zu tun, um Griechenland in der Flüchtlingsproblematik zu entlasten. Vorrangige Aufgabe sei es zu vermeiden, "dass an anderen Stellen in Europa ein weiteres Calais entsteht", sagte der UNHCR-Direktor. In der französischen Hafenstadt versuchen seit Monaten Tausende Flüchtlinge, durch den Kanal-Tunnel nach Großbritannien zu gelangen. Zehn Menschen sind dabei bislang umgekommen. Am Dienstagabend griffen die britischen Behörden kurz vor dem Tunnelausgang in Folkestone einen Sudanesen auf, der die 50 Kilometer durch den Tunnel zu Fuß zurückgelegt hatte.

Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa

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