Politik

Nordkoreas Wasserstoffbombe "Atomwaffen sind die Lebensversicherung"

Die Erschütterung durch die Wasserstoffbombe wurde in der Region wie ein fernes Erdbeben wahrgenommen.

Die Erschütterung durch die Wasserstoffbombe wurde in der Region wie ein fernes Erdbeben wahrgenommen.

(Foto: dpa)

Zum ersten Mal testet Nordkorea eine Wasserstoffbombe - die ungleich zerstörerische "große Schwester" der Atombombe. Nordkorea-Experte Rüdiger Frank erklärt bei n-tv.de, was das Regime anstrebt und warum sich die Situation in Ostasien nun zuspitzen könnte.

Ist es glaubwürdig, dass Nordkorea einen Wasserstoffbombentest durchgeführt hat?

Nach Maßgabe der Informationen, die wir haben, ist das glaubwürdig. Genau weiß man es aber erst, wenn technische Beweise vorliegen. Daran arbeiten die Amerikaner gerade. Nordkorea ist durchaus in der Lage, einen Atomtest durchzuführen. Im Dezember hatte Kim Jong Un angekündigt, dass es einen Wasserstoffbombentest geben werde.

Was bezweckt das Regime mit dem Test? Geht es um Außenwirkung oder einfach darum, ob die Bombe funktioniert?

Dass Nordkorea etwas demonstrieren will, das unterstellen wir im Westen immer. Man will diese Waffentechnologie so weit entwickeln, dass sie einsatzfähig wird. Der Zweck ist letztlich die Herstellung von Atomwaffen.

Also keine Machtdemonstration?

Jedenfalls nicht in erster Linie. Das nordkoreanische Regime hat beschlossen, dass es zum Zwecke des Überlebens - so sehen sie das - Atomwaffen braucht. Man bezieht sich da deutlich und explizit auf das Schicksal anderer Regime, die vom Westen als feindlich eingestuft wurden, solche Waffen nicht hatten und entsprechend hinweggefegt worden sind. Dieses Schicksal möchte man nicht teilen. Der Besitz von Atomwaffen ist eine Art Lebensversicherung.

Professor Rüdiger Frank ist Vorstand des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien und Autor des im September erschienenen Buches "Nordkorea: Innenansichten eines totalen Staates".

Professor Rüdiger Frank ist Vorstand des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien und Autor des im September erschienenen Buches "Nordkorea: Innenansichten eines totalen Staates".

(Foto: Privat)

Wie reagieren Nordkoreas Nachbarstaaten?

Für China ist es am schwierigsten. Ihm ist bisher die Rolle der Schutzmacht Nordkoreas zugeschoben worden. Das ist zwar nicht ganz korrekt, aber es ist schwierig für die Chinesen, sich dagegen zu wehren. Die Meinung der chinesischen Bevölkerung wird aber zunehmend kritisch, was Nordkoreas Atomwaffen angeht. Man darf auch nicht vergessen: Wenn der Nachbar anfängt mit Atomwaffen zu experimentieren, ist das für ein Land wie China eine Bedrohung der nationalen Sicherheit.

Wie stabil ist das nordkoreanische Regime unter diesen Umständen?

Es klingt verrückt, aber die Nachbarländer haben jetzt ein noch größeres Interesse daran, dass Nordkorea stabil bleibt. Genau das ist das Ziel der nordkoreanischen Führung, dass alle drumherum ein Interesse daran haben, dass es ihm gut geht, weil sonst diese Waffen außer Kontrolle geraten könnten.

Was bedeutet "außer Kontrolle geraten" in diesem Fall?

Das muss nicht eine Detonation auf der koreanischen Halbinsel bedeuten. Es kann Proliferation sein, dass man anfängt, die Hardware und Technologie zu verkaufen, an Gruppen wie den IS etwa. Damit hat Nordkorea die Welt als Geisel. In der Region ist es auch problematisch, weil Japan der große strategische Gegner Chinas in der Region ist. In Japan werden jetzt Stimmen laut, dass man wieder Atomwaffen haben sollte. So auch in Südkorea. Das ist das, was aus globaler Sicht die Bedrohung darstellt: Die atomare Aufrüstung Ostasiens. Hier strahlt die ganze Sache über Nordkorea hinaus aus.

Markiert dieser neue erfolgreiche Test eine neue Dimension?

Es ist Teil einer linearen Entwicklung, an deren Ende ein Nordkorea stehen wird, das über ein Atomwaffenarsenal verfügt mit einer entsprechenden Sprengkraft. An nächster Stelle steht aller Wahrscheinlichkeit nach ein neuer Raketentest, weil die Atomwaffen momentan noch nicht ans Ziel gebracht werden können.

Weiß man etwas darüber, wie die nordkoreanische Bevölkerung dazu steht?

Es gibt in Nordkorea genauso wie bei uns Menschen, die besser oder schlechter informiert sind. Es gibt sicher welche, die sich fragen, ob das Geld gut investiert ist. Ich denke, die Mehrheit wird einfach den Nationalstolz teilen und sagen: "Jawohl wir sind wer und haben einen Erfolg erzielt." Die Regierung wird auch dafür sorgen, den Menschen zu erklären, dass die Waffen notwendig sind zur Selbstverteidigung, dass also eine friedliche wirtschaftliche Entwicklung nur möglich ist, wenn dieser militärische Schutz besteht.

Mit Rüdiger Frank sprach Nora Schareika

Quelle: ntv.de

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