Sahra Wagenknecht zweistellig BSW mit starkem Start - ist die Linke oder die AfD die Verliererin?


Das Bündnis Sahra Wagenknecht stößt in den ostdeutschen Bundesländern auf große Aufgeschlossenheit.
(Foto: dpa)
Erst Anfang Januar gründet die einstige Linken-Politikerin Wagenknecht ihre neue Partei, das nach ihr benannte BSW. Weniger als drei Monate zeigen sich erste Erfolge in den Umfragen. Ein großer Schaden für die AfD zeigt sich indessen nicht.
Mit großer medialer Aufmerksamkeit gründete Sahra Wagenknecht Anfang Januar ihre Partei - und gut zwei Monate später scheint der Start geglückt. Erste Umfragen aus Ostdeutschland zeigen zweistellige Werte und wie Wagenknecht gerade mitgeteilt hat, wollen weitaus mehr Menschen Mitglied werden, als sie das erwartet habe. Das ist auch vor dem Hintergrund interessant, ob und inwieweit das BSW der AfD Stimmen abjagt.
Das ist in diesem Jahr besonders relevant, da es vier wichtige Wahlen gibt. Nach der Europawahl am 9. Juni folgen im September Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen (beide am 1. September) sowie in Brandenburg (am 22. September). In allen drei Ländern liegt die AfD in den Umfragen in Führung. Doch seit Gründung des BSW ist dabei etwas in Bewegung geraten.
Beispiel Thüringen: Dort kommt die neue Partei aktuell auf 15 Prozent, wie aus dem neuen "Thüringen Trend" von Infratest Dimap im Auftrag des MDR hervorgeht. Bemerkenswert dabei: Die AfD verliert fünf Punkte, bleibt aber stärkste Kraft mit 29 Prozent. Der Vergleichszeitraum liegt allerdings lange zurück. Zuletzt hatte der MDR seinen "Thüringen Trend" im Juli des vergangenen Jahres vorgestellt.
Die Zahlen legen nahe, dass die Wähler von der AfD zum BSW gewechselt sind - ob das tatsächlich so ist, lässt sich aber nicht sagen, Wählerwanderungen müssten gesondert untersucht werden. Theoretisch denkbar ist, dass die Enthüllungen über das Rechtsextremen-Treffen in Potsdam oder auch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, der Prozess vorm Oberverwaltungsgericht Münster und die bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus der AfD geschadet haben könnten. Denkbar ist auch, dass das BSW auf Kosten der Linken erstarkt. Dass die langjährige Linken-Politikerin Wagenknecht weiterhin für deren Wähler attraktiv ist, liegt auf der Hand.
Darauf deuten auch Umfragen von Insa im Auftrag mehrerer thüringischer Regionalzeitungen. Die jüngste Erhebung erschien wie der "Thüringen Trend" erst an diesem Dienstag und kommt auch zu ähnlichen Ergebnissen (BSW: 13, AfD 31). Von Insa gibt es aber jüngere Vergleichswerte, von Januar und November. Eine Erkenntnis daraus: Bevor das BSW abgefragt wurde, kam die Linke dort auf 20 oder mehr Prozent. Als das BSW im Januar erstmals in der Insa-Umfrage auftauchte, waren es nur noch 15.
Dieser Wert wuchs in der neuen Erhebung allerdings wieder auf 18, während das BSW von 17 auf 13 Prozent sank. Bei der AfD tat sich in den vergangenen zwei Monaten hingegen nichts - sie stand jeweils bei 31 Prozent. Es gab zuletzt also vor allem Bewegungen bei BSW und Linken. Aber auch hier verbieten sich voreilige Schlüsse - ob die Stimmen wirklich von der einen Partei zu anderen gehen, müsste eigens untersucht werden.
Beispiel Sachsen: Auch hier zeigt sich vor allem Bewegung bei Linken und BSW, während die AfD gleich bleibt. Das BSW kommt laut einer neuen Insa-Umfrage im Auftrag der "Bild"-Zeitung zwar ebenfalls aus dem Stand auf einen zweistelligen Wert (11 Prozent), doch hat sich bei der AfD nichts getan. Die liegt demnach mit 34 Prozent in Führung vor der CDU mit 30 Prozent. Anders sieht es bei der Linken aus. Sie halbierte sich beinahe im Vergleich zur letzten Insa-Umfrage im vergangenen August, fiel von 9 auf 5 Punkte. AfD und Union blieben im gleichen Zeitraum stabil.
Beispiel Brandenburg: Aus diesem Bundesland gibt es keine aktuellen Umfragen. Die neuesten sind von Anfang Januar. Forsa ermittelte im Auftrag von RTL und ntv Werte für die AfD von 32 Prozent, das BSW lag demnach bei 5 Prozent. Auch Insa erstellte Anfang Januar eine Umfrage für mehrere Regionalzeitungen. Die Werte ähneln denen von Forsa - mit dem Unterschied, dass das BSW auf 13 Prozent kommt. Bewegungen zwischen Linken, BSW und AfD gibt es dort aber kaum. Trends werden sich erst von aktuelleren Erhebungen ableiten lassen.
Knapp drei Monate nach der Parteigründung hat das BSW also einen guten Start hingelegt und erreicht einen beachtlichen Teil der Wählerschaft - allerdings eben nicht zwingend auf Kosten der AfD. Der Zuspruch zum BSW zeigt sich aber nicht nur in Umfragen, sondern auch bei den Mitgliedern. Seit der Parteigründung Anfang Januar wächst das BSW deutlich schneller als von der Parteispitze nach eigenen Angaben erwartet. Erwartet worden seien 1000, sagte Wagenknecht am Dienstag bei einem Termin im Saarland. Doch seien mittlerweile 8000 Anträge gestellt worden. Aktuell zählt die Partei demnach gut 500 Mitglieder, dazu seien mehr als 17.000 Menschen als Unterstützer registriert.
Das ist bemerkenswert, zumal erst Ende Februar der erste Landesverband, in Sachsen, gegründet wurde. Vergangenen Freitag kam Thüringen hinzu, an diesem Freitag steht die Gründung im Saarland an. "Das hängt auch damit zusammen, dass wir dort in einzelnen Kreisen zur Kommunalwahl antreten", sagte Wagenknecht. Die nächste Gründung stehe dann spätestens Anfang Mai in Brandenburg an. "Da hatten wir mehr Zeit, weil wir nicht mit eigenen Listen zur Kommunalwahl antreten, sondern unsere Mitglieder in kommunalen Bündnissen kandidieren."
Auch auf Bundesebene kann sich das BSW Hoffnungen auf einen Einzug in den Bundestag im kommenden Jahr machen. Im Trendbarometer von RTL und ntv erreicht die Partei derzeit die dafür erforderlichen fünf Prozent. Die AfD steht bei 17 Prozent und damit sechs Punkte unter ihrem bisher höchsten Wert Mitte Dezember.
Quelle: ntv.de