Ausnahmezustand an der US-Ostküste Baltimore fürchtet die Nacht
29.04.2015, 05:39 Uhr
Die öffentliche Ordnung ist bedroht: Mit massiver Polizeipräsenz versucht Baltimore die Unruhen einzudämmen.
(Foto: REUTERS)
Die US-Großstadt Baltimore erlebt eine weitere Nacht der Gewalt: Der Zorn nach dem ungeklärten Tod eines Bürgers in Polizeigewahrsam droht erneut in großflächige Unruhen umzuschlagen. Zeigt die Ausgangssperre Wirkung?
Die Appelle von US-Präsident Barack Obama verhallen ungehört: In Baltimore ist die Polizei am Abend erneut gegen hunderte Demonstranten vorgegangen, die sich trotz der Ausgangssperre zu einem Protestzug formierte. Die Polizei teilte kurz nach Beginn der Ausgangssperre am Dienstagabend (Ortszeit) via Twitter mit, sie setze Reizgasgeschosse gegen eine "aggressive Menge" ein. In der Stadt gilt der Ausnahmezustand. Die Nationalgarde ist im Einsatz.
Die nächtliche Ausgangsbeschränkung, die am Dienstag um 22.00 Uhr (Ortszeit; Mittwoch 4.00 Uhr MESZ) in Kraft trat und für insgesamt eine Woche gilt, war nach den schweren Krawallen verhängt worden. Die Behörden versuchen damit, die Unruhen mit Angriffen auf Sicherheitskräfte, schweren Sachbeschädigungen, Plünderungen und Brandstiftungen einzudämmen. Die Ausschreitungen hatten sich zu Wochenbeginn aus zunächst friedlichen Protesten im Zusammenhang mit dem Tod eines Schwarzen im Polizeigewahrsam entwickelt.
Für den Abend nach den Krawallen fürchteten die Behörden weitere Unruhen. Wie der US-Sender CNN berichtete, waren kurz nach Beginn der Ausgangssperre noch mehrere hundert Menschen auf den Straßen der Stadt unterwegs. Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass vor allem junge schwarze Männer sich nicht an das Ausgehverbot halten wollten. Die Polizei ging mit Helmen und Schutzschilden ausgestattet gegen größere Gruppen vor. Der Einsatz von Pfefferspray, Tränengas und offenbar auch Rauchbomben zeigte anscheinend Wirkung: Nach gut einer Stunde hieß es, die Menge habe sich zerstreut.
Schwere Unruhen in Maryland
Am Montag hatten Randalierer Polizeibeamte mit Steinen und Flaschen beworfen sowie 144 Autos und mehrere Gebäude in Brand gesetzt. Der Gouverneur des Bundesstaates Maryland, Larry Hogan, rief daher den Ausnahmezustand für Baltimore aus. Die Stadtverwaltung verhängte eine einwöchige nächtliche Ausgangssperre. Die Polizei hatte angekündigt, das Ausgehverbot strikt durchzusetzen.
Laut Hogan waren am Dienstagabend in der Ostküstenmetrople 2000 Nationalgardisten und 1000 zusätzliche Polizisten im Einsatz, um weitere Krawalle zu verhindern. Im Großraum Baltimore leben fast drei Millionen Menschen. Die Stadt liegt nur knapp 60 Kilometer nordöstlich der US-Hauptstadt Washington, D.C.
Wie starb Freddie Gray?
Die schweren Krawalle waren nach der Trauerfeier für den 25-jährigen Afroamerikaner Freddie Gray ausgebrochen, der am 19. April, eine Woche nach seiner Festnahme, an schweren Rückenmarkverletzungen gestorben war. Die genauen Umstände sind noch unklar. Die Ermittlungen dauern noch an. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Polizisten Gray zu Boden drücken, bevor sie den vor Schmerz schreienden 25-Jährigen zu einem Polizeibus schleifen. Kurz darauf fiel er im Krankenhaus ins Koma.
Viele Afroamerikaner sehen Gray als das jüngste Opfer in einer Serie von Fällen tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze. US-Präsident Barack Obama hatte die Krawalle scharf verurteilt. Für die Ausschreitungen gebe es "keine Entschuldigung", sagte Obama bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. "Wenn Menschen Brecheisen nehmen und Türen aufstemmen, um zu plündern, dann demonstrieren sie nicht. Sie stehlen."
Die "sinnlose Gewalt und Zerstörung" durch die Randalierer sei "kontraproduktiv", sagte er. Es handle sich um eine Handvoll von Menschen, die wie Kriminelle behandelt werden müssten.
Quelle: ntv.de