Einfluss durch Doppelagent Bericht: BND zeigt eigenen Mitarbeiter an
20.07.2015, 08:32 Uhr
Die Mitglieder des NSA-Auschusses fordern vom Geheimdienst Aufklärung.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein Mitarbeiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes soll dem ehemaligen Obmann der Union im NSA-Untersuchungsausschuss Geheimnisse verraten haben. Möglicherweise im Auftrag eines fremden Dienstes. Der BND zeigt ihn an.
Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat in der vergangenen Woche laut eines Zeitungsberichts Anzeige gegen einen Mitarbeiter wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat gestellt. Wie die "Welt" berichtete, soll der Mann im vergangenen Jahr den damaligen Obmann der Union im NSA-Untersuchungsausschuss, Roderich Kiesewetter, darüber informiert haben, dass in seinem Umfeld im Reservistenverband der Bundeswehr zwei Beschaffungshelfer des BND tätig gewesen seien. Kiesewetter sei anschließend von seinem Posten zurückgetreten.
Als Grund gab der CDU-Politiker damals dem Bericht zufolge an, möglichen Zweifeln an seiner Unvoreingenommenheit gegenüber dem BND entgegentreten zu wollen. Die "Welt am Sonntag" hatte am Wochenende über den Vorwurf gegen den BND-Mitarbeiter berichtet. Demnach besteht sogar der Verdacht, dass der Mitarbeiter Kiesewetter im Auftrag eines russischen Nachrichtendienstes informiert haben könnte, um damit die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu beeinflussen.
Abgeordnete wollen eine Erklärung
Der Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses, Patrick Sensburg von der CDU, sagte der "Welt", er und seine Kollegen müssten "sehr gründlich überlegen, ob man den Untersuchungsauftrag des Ausschusses auf den russischen Auslandsgeheimdienst erweitert". Hintergrund seien Hinweise zu den Veröffentlichungen des im russischen Exil lebenden früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, der ungeklärte Ursprung neuer Wikileaks-Enthüllungen sowie der Bericht zum Rücktritt von Kiesewetter. "Wir dürfen nicht ausschließen, dass unsere Arbeit durch Kampagnen aus Moskau beeinflusst werden soll", sagte Sensburg.

Roderich Kiesewetter hatten sein Amt als Obmann der Union im NSA-Untersuchungsausschuss abgegeben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz, kritisierte in diesem Zusammenhang Bundeskanzlerin Angela Merkel und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel. "Dass der Untersuchungsausschuss diese Informationen nicht von der Bundesregierung, sondern aus der Zeitung erfährt, stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft von Merkel und Gabriel", sagte von Notz der "Welt".
SPD-Obmann Christian Flisek forderte ebenfalls Aufklärung der Umstände von Kiesewetters Rücktritt. "Dem BND fehlt es in dieser Sache von Beginn an Sensibilität". Flisek nannte es "grob fahrlässig", dass der Geheimdienst Kiesewetter nicht über die Beschaffungshelfer in seinem Umfeld informiert habe.
BND soll sich rechtfertigen
Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr), André Hahn, sagte der Zeitung: "Ein Fall von Geheimnisverrat durch einen BND-Mitarbeiter ist definitiv ein Vorgang von besonderer Bedeutung, über den die Bundesregierung das Kontrollgremium unterrichten muss. Das ist nicht geschehen." Der Linkspolitiker kündigte an, den Vorgang auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung im September zu setzen.
Auch der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka ist besorgt. Sollte der Zeitungsbericht zutreffend sein, "muss sich der BND insbesondere auch zu der Frage äußern, warum er das Kontrollgremium über diesen gravierenden Vorgang nicht informiert hat".
Verbindung zu Agentenpaar?
Der BND war demnach vor ein paar Jahren dem Verdacht nachgegangen, dass der nun angezeigte Mitarbeiter einem russischen Nachrichtendienst Informationen liefere. Sein Name sei in einem der spektakulärsten Spionagefälle seit der Wiedervereinigung aufgetaucht. Das Ehepaar Heidrun und Andreas Anschlag wurde im Jahr 2013 wegen Agententätigkeit zu Haftstrafen verurteilt.
Nachweislich hätten sie den späteren BND-Mitarbeiter im Jahr 2003 als potenzielle Quelle an Moskau empfohlen, heißt es in dem Bericht. Anschließend soll es Treffen zwischen dem Deutschen und einem Vertreter des russischen Generalkonsulats gegeben haben. Nach der Enttarnung des Ehepaares sei der BND-Mitarbeiter in den Fokus der Eigensicherung des Dienstes geraten. Dies habe sogar zu einer Überwachung von Telefonaten und E-Mails geführt, es seien jedoch keine Beweise gefunden worden.
Quelle: ntv.de, hul/AFP