Politik

EU-Gipfel in Brüssel Merkels miese Nacht

Die schweren und vor allem enttäuschenden Verhandlungen sind Merkel anzusehen.

Die schweren und vor allem enttäuschenden Verhandlungen sind Merkel anzusehen.

(Foto: REUTERS)

Widerstand gegen verbindliche Wirtschaftsreformen und die Bankenunion - Kanzlerin Merkel muss auf dem EU-Gipfel in Brüssel gleich zwei Rückschläge verkraften. Da trösten die Erfolge bei Europas gemeinsamer Verteidigungspolitik nur mäßig.

Für gewöhnlich ist es Angela Merkel, die auf EU-Gipfeln nach langen Verhandlungen tief in der Nacht Erfolge verkünden kann. Dieses Mal ist alles anders. Gleich zwei Vorhaben der Kanzlerin bremsen die Regierungschefs der anderen Mitgliedsstaaten schon am ersten Tag des Treffens des Europäischen Rates aus. Und Merkel muss vor die Presse treten und Niederlagen einräumen.

"Ich sage frank und frei, hier wird noch viel Arbeit notwendig sein", sagt die Kanzlerin in der Nacht zu Freitag. Sie spricht von "Millimeterarbeit". Was ist geschehen?

Eines der wichtigsten Ziele Merkels war es, auf diesem Gipfel die wirtschaftspolitische Koordinierung in der EU voranzutreiben. Sie wollte dafür sorgen, dass die Mitgliedsstaaten möglichst bald verbindliche Verträge über Wirtschaftsreformen mit der EU-Kommission abschließen. Brüssel soll so künftig nicht mehr nur die Einhaltung verbindlicher Wirtschafsindikatoren wie das jährliche Haushaltsdefizit kontrollieren, sondern auch Mindeststandards in der Arbeitsmarkt-, Verwaltungs- und Sozialpolitik einfordern können.

Widerstand gegen Merkels "Planwirtschaft"

Schon seit Jahren zeichnen sich hier Widerstände der Mitgliedsstaaten ab. Kritiker sprechen von einer europäischen "Planwirtschaft" nach Merkels Gusto. Auf dem Gipfel in Brüssel verschoben sie nun weitere Entscheidungen zu Merkels Plänen von Juni auf Herbst 2014. Zudem gilt mehr denn je als sicher, dass man sich am Ende trotz versprochener finanzieller Anreize kaum auf verbindliche Regeln einigen wird.

Den zweiten Schlag versetzte ihr EU-Parlamentspräsident Martin Schulz. Merkels Finanzminister Wolfgang Schäuble war es kurz vor dem Gipfel gelungen, eine Variante der europäischen Bankenunion durchzudrücken, die den Forderungen Deutschlands stark entgegenkommt, sprich: die Haftungsrisiken der Bundesrepublik für Geldhäuser anderer EU-Staaten möglichst gering hält. Schäubles Verhandlungsergebnis mit den anderen Finanzministern rechneten ihm Experten als Coup an. Er hat sich dagegengestemmt, dass der Eurorettungsschirm als letzter möglicher Geldgeber zur Verfügung stehen muss, wenn eine Bank droht, pleite zu gehen. Einen echten zentralen europäischen Abwicklungsfonds konnte er so vorerst verhindern.

EU-Parlamentspräsident Schulz sagte nun in einer Rede vor den Staats- und Regierungschefs aber: "Eine Bankenunion macht man entweder richtig oder besser gar nicht." Und weiter: "Deshalb wird das Europäische Parlament die Beschlüsse in dieser Form nicht mittragen."

Frankreich muss weiter allein für Afrikaeinsätze zahlen

Dass sich der Deutsche Kurs bei der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik durchsetze, dürfte da nur ein kleiner Trost gewesen sein. Die EU plant hier nun eine stärkere Zusammenarbeit und weitere gemeinsame Rüstungsprojekte. Sie bleibt aber beim Prinzip: "Costs lie where they fall" (die Kosten tragen muss der, bei dem sie anfallen). Mit anderen Worten: Frankreich wird seine Militärmanöver in Afrika weiterhin alleine finanzieren. Diesem deutschen Mini-Triumph zum Trotz: Die erste Nacht des EU-Gipfels war eine miese Nacht für Angela Merkel. Und das weitere Programm taugt kaum, um sie auf positivere Gedanken zu bringen. Am letzten Gipfeltag stehen die Ukraine-Krise und das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer auf der Tagesordnung.

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