
Für Klimaschützer sind die Koch-Brüder ein rotes Tuch. Dieser Demonstrant wirft ihnen (im September 2014 in New York) Verbrechen gegen die Menschheit vor.
(Foto: REUTERS)
US-Wahlkämpfe finden an drei Fronten statt: vor Ort, über die Medien und mit Hilfe von Geld. Präsident wird nur, wer genug Spenden eintreibt. Dazu braucht man Milliardäre - wie die Brüder Charles und David Koch.
Nichts demonstrieren Präsidentschaftskandidaten in den USA lieber als Bürgernähe. Sie treffen einfache Menschen in Cafés oder auf der Straße, oder sie klopfen an die Türen überraschter Wähler. Nur eins ist noch wichtiger für Hillary Clinton, Jeb Bush und alle anderen, die Präsident werden wollen: Geld. Denn die Kampagnen verschlingen immer größere Summen. Dieses Mal könnten Vorwahlkampf und Wahlkampf die Rekordsumme von knapp 10 Milliarden Dollar kosten, schätzt die Finanz-Nachrichtenagentur Bloomberg.
Zimperlich sind beim Spendensammeln weder Republikaner noch Demokraten. Doch die reichsten Spender stehen auf der Seite der Republikaner. Zum Beispiel Sheldon Adelson, der sein Vermögen mit Immobilien und Casinos in Las Vegas gemacht hat. Oder die Brüder Charles und David Koch, denen der zweitgrößte Konzern der USA gehört: Koch Industries, aktiv vor allem in den Sektoren Energie und Chemie.
Beim Spendensammeln unterscheiden sich Demokraten und Republikaner kaum: Auf der Seite der Demokraten stehen weniger Milliardäre. Dafür sind ihre Millionäre fleißiger. Der parteilose Senator Bernie Sanders findet beide Seiten gleichermaßen widerlich. "Kann jemand, der kein Milliardär ist und der für arbeitende Familien steht, wirklich eine Wahl gewinnen, in die Milliardäre Millionen von Dollar stecken?", fragte er. Sanders will es versuchen: Er bewirbt sich um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Hillary Clinton, die Kochs, Sheldon Adelson - für ihn sind sie alle gleich.
Adelson steht auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt auf Rang achtzehn. Im Vorwahlkampf vor vier Jahren spendierte er dem Republikaner Newt Gingrich 15 Millionen Dollar und hielt so dessen Kandidatur am Leben. Die Koch-Brüder - deren Name wie "Coke" ausgesprochen wird - stehen bei Forbes auf Platz sechs. Sie finanzieren keine aussichtslosen Kandidaten, sondern lieber breit angelegte Formen der Propaganda: etwa Institute, die den Klimawandel leugnen, oder Kampagnen, in denen so gut wie jede staatliche Aktivität als falsch gebrandmarkt wird - selbst dann, wenn es um Programme gegen Arbeitslosigkeit geht. In Europa würde man sie als radikale Neoliberale bezeichnen.
"Applaus für Johnny Bargeld!"
Für linksliberale Amerikaner sind Charles und David Koch die Verkörperung des Bösen. Sie stehen dem Tea-Party-Flügel der Republikaner nahe. 2010 trugen sie mit ihrem Lobbynetzwerk, darunter die Organisation "Americans for Prosperity", entscheidend dazu bei, den Republikanern die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu verschaffen. Im Präsidentschaftswahlkampf 2016 wollen sie 889 Millionen Dollar ausgeben. Der Moderator der "Daily Show", Jon Stewart, schlug den Republikanern bereits vor, auf eine Präsidentschaftskandidatur zu verzichten. "Das Geld der Kochs ist viel beeindruckender als einer der bisherigen republikanischen Kandidaten. Ich finde, sie sollten einfach die 900 Millionen Dollar kandidieren lassen! Hey! Applaus für den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten: Johnny Bargeld!"
Aus den Vorwahlkampf wollen sich die Kochs heraushalten, offiziell zumindest. Das Budget von "Americans for Prosperity" wurde im laufenden Jahr dennoch auf 125 Millionen Dollar aufgestockt. Und wen sie bevorzugen, haben die Kochs auch schon verraten: den Gouverneur von Wisconsin, Scott Walker, außerdem den früheren Gouverneur von Florida, Jeb Bush, sowie die Senatoren Ted Cruz (Texas), Rand Paul (Kentucky) und Marco Rubio (Florida). "Das sind die, mit denen wir am meisten gesprochen haben und die wir für mögliche Präsidenten halten", sagte Charles Koch der Zeitung "USA Today".
Geld gebe es derzeit noch nicht. "Wir haben ihnen gesagt, wenn sie unsere Unterstützung wollen, dann ist ein Weg, sie zu bekommen, eine gute Botschaft zu haben, um Amerikanern zu helfen, besser zu verstehen und besser zu würdigen, wie eine bestimmte Politik ihnen und ganz Amerika nutzen wird." Hinter diesem komplizierten Satz verbirgt sich eine einfache Botschaft: Wer tut, was die Kochs wollen, bekommt ihr Geld.
"Wollen diese Typen keine Gegenleistung?"
Eher unabsichtlich hatte der andere Koch, David, kurz zuvor verraten, dass die Brüder schon einen Favoriten haben. "Wenn die Vorwahlen vorbei sind und Scott Walker die Nominierung bekommt ...", sagte er bei einem Spender-Treffen in Manhattan. Später zog David Koch seinen Versprecher zurück. Im Moment unterstütze er noch keinen Kandidaten, ließ er wissen. Davids Patzer wird Walker dennoch gefreut haben. In den "Geld-Vorwahlen", wie diese Phase des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA genannt wird, hat er einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Dass die Koch-Brüder und andere Millionäre und Milliardäre überhaupt so hohe Summen spenden können, liegt an einer Reihe von Urteilen des Obersten Gerichtshofs der USA. Die Richter argumentierten, das Geld reicher Spender werde die Korruption nicht befördern. Jon Stewart sieht das anders. Er sagte über die Koch-Brüder: "Wollen diese Typen nicht irgendwas dafür, dass sie das Bruttoinlandsprodukt vieler Länder für eine Wahl ausgeben? Und ist das, was sie wollen, die Kontrolle über die Hebel unserer Demokratie? Oder geben sie sich damit zufrieden, dass es ihnen jemand mit der Hand besorgt?"
Genau das machen die republikanischen Kandidaten: Sie schreiben Huldigungen, die an Schleimerei kaum zu überbieten sind. Für die Liste der Zeitschrift "Time" mit den 100 einflussreichsten Menschen der Welt schrieb Rand Paul über die Koch-Brüder, sie hätten eine Leidenschaft für die Freiheit, die noch nicht genug gewürdigt worden sei. Seit Jahrzehnten würden sie Institute unterstützen, die Ideen vorantreiben und nicht bestimmte politische Konzepte.
Was Paul eigentlich sagen wollte: Bitte, gebt mir euer Geld!
Quelle: ntv.de