Politik

Warnung aus Schottland Britain be brave

Im letzten Moment hat David Cameron das Königreich vor dem Zerfall gerettet. Bei den Olympischen Spielen in London, hier eine Szene der Eröffnungsfeier, feierte sich das Land noch selbst.

Im letzten Moment hat David Cameron das Königreich vor dem Zerfall gerettet. Bei den Olympischen Spielen in London, hier eine Szene der Eröffnungsfeier, feierte sich das Land noch selbst.

(Foto: REUTERS)

Wenn sich das Vereinigte Königreich nicht neu erfindet, hat es keine Zukunft. David Cameron hat das erst kurz vor dem schottischen Referendum erkannt – vielleicht im letzten Moment.

Das englische Wort "brave", lässt sich nur ungenügend ins Deutsche übersetzen. Es kann "tapfer", "mutig" oder "kühn" bedeuten. "Scotland be brave" war ein wichtiger Slogan der Kampagne für ein unabhängiges Schottland. Am Ende entschied sich eine Mehrheit der Schotten dagegen, im Übermut den Bund mit England aufzugeben.

Allerdings gilt es gerade jetzt, tapfer zu sein – und das nicht nur für die zerstrittenen Schotten. Denn das gesamte Vereinigte Königreich steht vor einer Umwälzung, wie sie das Land lange nicht erlebt hat. Premierminister David Cameron will nicht nur mehr Macht nach Schottland übertragen, er will auch die anderen Landesteile England, Wales und Nordirland stärken.

Der Grund ist zum einen die Fairness: Es kann nicht sein, dass sich Schottland Rechte erstreitet, die England nicht zustehen, finden die Engländer. Zum anderen haben die Briten den Kontakt zu ihrer Volksvertretung verloren. Das Westminster-Parlament mit seinen althergebrachten Formen, dem veralteten Mehrheitswahlsystem und dem undemokratischen Oberhaus schreckt die Wähler ab. Zuletzt straften die Briten die Regierung bei der Europawahl ab, indem sie die rechtspopulistische Ukip zur stärksten Kraft machten.

Und nun drohte der zweitgrößte Landesteil glaubhaft mit dem Austritt aus dem Königreich. Um den Zerfall seines Landes zu stoppen, sah sich Cameron gezwungen, den Schotten ein Maximum an eigenen Kompetenzen zu versprechen. Er hätte viel früher Reformen einleiten können. Oder er hätte beim Referendum einen Kompromiss zulassen müssen – eine dritte Option, mit der sich die Schotten gegen die Unabhängigkeit und für mehr Regionalmacht hätten entscheiden können. Dann hätte er kurz vor der Wahl nicht in Panik geraten müssen.

Die Lehre hat Cameron gezogen: Bevor die Rufe nach mehr Autonomie auch in den anderen Landesteilen zu laut werden, kommt er ihnen entgegen. Der Preis ist schon hoch genug, die angekündigten Reformen laufen auf eine Selbstentmachtung des Westminster-Parlaments hinaus. Cameron kann keine Rücksicht mehr auf sich selbst oder seine Partei nehmen. Es geht ihm nun darum, das demokratische Grundgerüst des Landes zu stärken, damit es nicht ganz auseinanderfällt.

Diese Machtverschiebung wird Zeit, Geld und politischen Einsatz erfordern. Die Gefahr ist hoch, dass die Populisten vom rechten Rand die Situation ausnutzen und Unruhe stiften. Den Zusammenhalt der Briten stellt das auf eine harte Probe. Es wird für sie noch viele Situationen geben, in denen sie ihre Tapferkeit unter Beweis stellen müssen.

Quelle: ntv.de

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