Die Große Koalition streitet CDU wirft SPD Vertragsbruch vor
25.05.2015, 10:49 Uhr
Direkt angegriffen haben Merkel und Gabriel einander bislang nicht.
(Foto: AP)
Was für die SPD der Bundesnachrichtendienst ist für die CDU die Kohle-Abgabe: ein Instrument, um den Koalitionspartner zu attackieren. Jüngste Eskalationsstufe ist ein Brief aus NRW an SPD-Chef Gabriel.
Der stellvertretende CDU-Chef Armin Laschet hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Verstoß gegen den Koalitionsvertrag vorgeworfen. Die von Gabriel geplante Klimaabgabe für Kohlekraftwerke sei bei den Koalitionsverhandlungen "weder beschlossen noch jemals beraten worden", zitiert die "Welt" aus einem Brief des Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen CDU an den SPD-Chef.
Laschets Brief eskaliert einen Streit, in dem Gabriel zuletzt auf Kompromisse gesetzt hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich öffentlich bislang nicht positioniert. Berichten zufolge fühlt Gabriel sich von der Kanzlerin im Stich gelassen; im Dezember hatte das Bundeskabinett beschlossen, bis 2020 im Kraftwerksbereich zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen. Sonst würde Deutschland sein Klimaschutzziel - 40 Prozent weniger CO2-Ausstoß als 1990 - verfehlen. Das wäre mit Blick auf den Weltklimagipfel Ende des Jahres in Paris eine Blamage für Europas Ökostrom-Vorreiter. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, hat Merkel bislang Gabriel überlassen.
Laschet, der auch Chef der nordrhein-westfälischen CDU ist, schreibt, Gabriels Plan sei "volkswirtschaftlich der falsche Weg". Den betroffenen Kraftwerken drohe eine "Stilllegungswelle", außerdem wären "Strukturbrüche im rheinischen Braunkohlerevier und in den neuen Ländern" die Folge. Das Konzept gefährde zehntausende Arbeitsplätze in der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrie.
"Die Zusatzabgabe wäre überflüssig, würde das Bundeswirtschaftsministerium einfach das umsetzen, was im Koalitionsvertrag Ende 2013 beschlossen wurde", kritisierte Laschet weiter. Darin habe es etwa ein klares Bekenntnis zum 25-Prozent-Ausbauziel beim Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung bis 2020 gegeben. Auch müsse Gabriel den Wärmesektor stärker in den Blick nehmen und Steuervergünstigungen für energetische Gebäudesanierungen sowie für moderne Heiztechnik einführen.
Der Streit um die Kohle-Abgabe läuft parallel zum koalitionsinternen Krach über die Selektorenliste des US-Geheimdienstes NSA. Gabriel hatte die jüngsten Enthüllungen genutzt, um darauf aufmerksam zu machen, dass Merkel als Bundeskanzlerin auch persönlich verantwortlich für möglicherweise illegale Aktionen des Bundesnachrichtendienstes ist.
Unterdessen sprach sich Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter für "eine CO2-Bremse" im Grundgesetz aus. In die Verfassung sei bereits eine Schuldenbremse aufgenommen worden - der Verlust an Lebensgrundlagen sei aber "noch dramatischer als das Anhäufen von Schulden", sagte Hofreiter der "Welt".
Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP