Wie umgehen mit den Eurokritikern? CSU-Generalsekretär will AfD "entlarven"
05.07.2014, 11:07 Uhr
CSU-Generalsekretär Scheuer sagt: "Die Bürger erwarten, dass wir mit der AfD ringen."
(Foto: REUTERS)
Unionsfraktionschef Kauder warnt. Doch immer mehr prominente CDU- und CSU-Politiker fordern den argumentativen Schlagabtausch mit der Alternative für Deutschland. Das birgt viele Chancen, aber auch eine große Gefahr.
Die eurokritische Alternative für Deutschland buhlt um enttäuschte Wähler von CDU und CSU. Die Union soll die Truppe durch konsequente Missachtung klein halten. Das verordnet zumindest Unionsfraktionschef Volker Kauder. Doch immer mehr Mitglieder der Schwesterparteien halten diesen Kurs für falsch.
Nach Erika Steinbach und Wolfgang Bosbach schlägt mit CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nun schon ein drittes prominentes Mitglied eine andere Strategie vor. "Wir müssen uns argumentativ mit der AfD auseinandersetzen", sagt er der "Welt". Und dazu gehören für Scheuer auch ausdrücklich Duelle in Talkshows. "Die Bürger erwarten, dass wir mit der AfD ringen. Wir müssen die AfD entlarven als eine Partei, die professoral daherkommt, die Wähler aber für dumm verkaufen will." Schluss sei für ihn bei einer Zusammenarbeit. Die komme nicht in Frage. Laut Scheuer gilt für die Union nach wie vor das Diktum von Franz Josef Strauß: Rechts von der Union darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben.
Fraktionschef Kauder hatte sich vor gut einem Monat gegen gemeinsame Auftritte mit der AfD ausgesprochen. "Mit denen möchte ich nicht in Talkshows sitzen", sagte er. Kauder pochte auf eine Linie, wie sie die Union auch bei Rechtsextremen schon angewendet hat. "Ich war Generalsekretär der CDU in Baden-Württemberg, als Mitte der 90er-Jahre die Republikaner in den Landtag eingezogen sind. Ich habe damals großen Wert darauf gelegt, sie in keiner Weise aufzuwerten." Die Rechtsradikalen seien nach zwei Legislaturperioden wieder aus dem Landtag geflogen, weil die CDU ihre Politik vermittelt habe, und sich "nicht mit den Republikanern abgegeben" habe.
Der Feind sitzt links
Die AfD treibt die Union in ein Dilemma: Einerseits fällt es ihr schwer, sie zu ignorieren. Republikaner und NPD sind gesellschaftlich tabuisiert, bei ihnen war die Strategie sie zu missachten immer wieder ein Erfolg. Die Wahlergebnisse der AfD deuten allerdings an, dass diese Partei womöglich nicht einfach wieder verschwindet oder unter die Wahrnehmungsschwelle fällt, nur weil die großen Parteien nicht über sie reden.
Andererseits birgt es für die Union viele Gefahren, sich mit der AfD auseinanderzusetzen, vor allem in Talkshows, da dort oft die Zeit für tiefschürfende inhaltliche Debatten fehlt: Lässt sie sich trotzdem darauf ein, könnte am Ende der Eindruck entstehen, dass es unter Angela Merkel sehr wohl Platz für eine Partei rechts der Union gibt. Vor kaum zwei Wochen brach der CDU-Innenexperte Bosbach mit Kauders Missachtungsstrategie. Er saß zusammen mit AfD-Spitzenpolitiker Bernd Lucke auf dem Podium beim Tag des deutschen Familienunternehmens. Ihm gelang es nicht, Lucke zu "entlarven". Die beiden gaben sich einer unaufgeregten Debatte hin, in inhaltliche Tiefen, die Unterschiede deutlich gemacht hätten, drangen sie kaum vor. Vielmehr traten Gemeinsamkeiten hervor. Der politische Feind saß offensichtlich anderswo: Einen Platz weiter links und er hieß Gregor Gysi.
Quelle: ntv.de