Politik

Griechenland und EU-Gipfel CSU poltert gegen Athen

"Die Griechen haben es in der Hand": CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

"Die Griechen haben es in der Hand": CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Am Abend der EU-Sondergipfel zur Schuldenkrise, im Juni die Wahl in Griechenland, Missstimmungen zwischen Frankreich und Deutschland – die Euro-Zone schaut bange auf die kommenden Wochen. Der Chef der griechischen Linksradikalen gibt sich in Berlin handzahm, kritisiert aber die Milliardenhilfen als "vollständig ineffizient". CSU-Generalsekretär Dobrindt wettert derweil gegen "Dolce-Vita-Wirtschaft".

Die EU-Staats- und Regierungschefs ringen heute Abend auf einem Sondergipfel in Brüssel über den Kurs zur Überwindung der Schuldenkrise. Vor allem die Differenzen zwischen Frankreichs neuer Führung und der Bundesregierung dürften im Mittelpunkt stehen. Der französische Präsident Francois Hollande fordert zusätzliche Wachstumsimpulse und hat als neue Finanzierungsform gemeinsame Staatsanleihen der Euro-Länder vorgeschlagen. Rückendeckung dafür erhält er von Italiens Ministerpräsident Mario Monti. Deutschland lehnt aber sowohl Euro-Bonds als auch neue Wege für eine Rekapitalisierung angeschlagener Banken strikt ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht vielmehr in Strukturreformen die wichtigsten Beiträge zu mehr Wachstum.

Der Chef der griechischen Linksradikalen, Alexis Tsipras, sprach sich für den Verbleib Athens in der Euro-Zone und eine gemeinsame europäische Lösung der Schuldenkrise aus. Es sei ausweglos, die Krise geografisch einzuschränken, warnte Tsipras in Berlin. "Wir bitten um die Solidarität der Völker in Deutschland und Frankreich." Erpressung sei der falsche Weg, sagte er nach einem Treffen mit der Spitze der deutschen Linkspartei.

Tsipras betonte, auch seine Partei sei für den Verbleib Griechenlands in der Euro-Zone. "Wir wollen nicht die Zerstörung Europas." Sie sei eine "tief europafreundliche" Kraft. Die Wahl am 17. Juni bedeute nicht den Austritt des Landes, sondern eine neue Chance, um die Gemeinschaftswährung zu retten. Athen sei aber nicht Mieter im Euro-Raum, sondern gleichberechtigter Partner.

"Raus unvermeidlich"

Ungeachtet des Bekenntnisses der Linksradikalen zum Euro-Raum verschärfte die CSU jedoch ihren Ton. "Am Wahltag schlägt die Stunde für den Griechen-Euro! Wenn bei den Neuwahlen die Kommunisten oder andere Radikale gewinnen, wird das Raus aus dem Euro für Griechenland unvermeidlich sein", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der "Bild-Zeitung". Die vereinbarten Bedingungen für Hilfszahlungen aus dem Euro-Raum seien nicht verhandelbar.

"Europa kann und darf es nicht hinnehmen, wenn die griechischen Linksradikalen mit ihrer Ankündigung wahr machen und einseitig die Rückzahlung von Hilfskrediten stoppen und Reformen abbrechen. Die Griechen haben es in der Hand. Europa muss ein Klub der Leistungsstarken und Leistungsbereiten bleiben und kein Ort für finanzpolitischen Schlendrian und Dolce-Vita-Wirtschaft."

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi forderte dagegen, Griechenland benötige ein Signal der Hoffnung und keine Drohung eines Ausschlusses aus der Euro-Zone. Er erwarte vom EU-Sondergipfel die "glasklare Botschaft, dass Griechenland im Euro-Verbund bleibe und dem Land geholfen werde: "Die massenhafte Verelendung ist nicht länger hinnehmbar."

Das Bündnis Syriza unter Führung des 37-jährigen Tsipras war zweitstärkste Kraft bei den Wahlen am 6. Mai - hinter der konservativen Nea Dimokratia. Nach der fehlgeschlagenen Regierungsbildung müssen die Griechen Mitte Juni erneut wählen. Umfragen deuten auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Konservativen und Linksradikalen hin. Einige Demoskopen sagen Syriza einen Sieg voraus.

Wirkung auf Börsen

Die erneut aufflammende Furcht vor einem Euro-Austritt Griechenlands hatte zuvor auch Auswirkung auf die US-Börsen – und würgte die Erholung abrupt ab. Händler zitierten Medienberichte, in denen der ehemalige griechische Ministerpräsident Lucas Papademos einräumte, das Land erwäge Vorbereitungen für einen Austritt. Auch der Euro verlor an der Börse an Wert.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erinnerte Tsipras derweil an die Verpflichtungen Griechenlands gegenüber der EU. Zwar sei die Entscheidung über den Verbleib im Euro-Raum alleinige Sache der Griechen, sagte Gabriel. "Wer auch immer die nächste griechische Regierung stellt, muss aber wissen, dass getroffene Vereinbarungen einzuhalten sind", betonte der SPD-Chef. "Niemand darf erwarten, dass Deutschland und die europäischen Geberländer zu ihren finanziellen Zusagen stehen, wenn eine neue griechische Regierung dazu nicht bereit ist."

Kritik an Hilfe

Das Spar- und Reformprogramm als Gegenleistung für die Milliardenhilfen der internationalen Partner nannte Tsipras "vollständig ineffizient". Das Land befinde sich im fünften Jahr in Folge in einer Rezession. Deutsche Steuerzahler steckten ihr Geld in ein Fass ohne Boden, mit dem in Wirklichkeit Banken finanziert würden. Nach einem Wahlsieg will auch Tsipras das Steuersystem reformieren und Verwaltungsstrukturen verbessern. Konkrete Sparvorschläge machte er allerdings erneut nicht.

Ohne Kurskorrektur sei in wenigen Monaten ein drittes Hilfsprogramm für Athen erforderlich. Mit Blick auf den bevorstehenden EU-Gipfel sagte Tsipras, er habe die Hoffnung, dass Menschen ihre Fehler einsehen und ändern. Das Ende des deutsch-französischen Tandems von Kanzlerin Angela Merkel und dem früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy sei eine neue Chance, um eine faire und gangbare Lösung zu finden.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/rts/AFP

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