DW-Journalistin bleibt in Haft China mildert harsches Urteil nur leicht ab
26.11.2015, 08:04 Uhr
Gao Yu ist bereits seit April 2014 in Haft.
(Foto: AP)
Gao Yu ist 71 Jahre alt, herzkrank und sitzt seit über einem Jahr in Haft. Der Vorwurf gegen die chinesische Journalistin, die für die Deutsche Welle arbeitete: Weitergabe sensibler Dokumente. Jetzt reduziert ein Gericht die Strafe minimal, Berlin protestiert.
Ungeachtet internationaler Proteste ist die Haftstrafe der in China wegen des "Verrats von Staatsgeheimnissen" verurteilten Journalistin Gao Yu nur um zwei Jahre reduziert worden. Dies teilte ihr Anwalt nach der Entscheidung des Berufungsgerichts in Peking mit. "Die Verteidigung hat immer gesagt, dass Gao Yu unschuldig ist." Es handele sich um eine "leichte Verbesserung", kommentierte Mo Shaoping die neue Strafe von fünf Jahren Gefängnis. Der Gesundheitszustand der 71-Jährigen sei jedoch "unverändert schlecht".
Die renommierte und mehrfach ausgezeichnete Journalistin Gao, die auch für die Deutsche Welle arbeitete, war bereits im Mai 2014 festgenommen und im April diesen Jahres wegen der illegalen Weitergabe von Regierungsunterlagen an Ausländer zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Berichten zufolge ging es um ein internes Papier der regierenden Kommunistischen Partei namens "Dokument Nr. 9". Darin sei zu einer entschiedenen Unterdrückung abweichender Meinungen aufgerufen worden. Außerdem sei vor Demokratien nach westlichem Vorbild und Kritik an der historischen Bilanz der Kommunistischen Partei gewarnt worden.
Die Bundesregierung, die sich wiederholt für die Freilassung von Gao Yu eingesetzt hatte, protestierte umgehend. "Die Ablehnung des Antrags der über siebzig Jahre alten und unter gesundheitlichen Problemen leidenden Journalistin erfüllt mich mit Unverständnis", sagte der deutsche Menschenrechtsbeauftragte Christoph Strässer, der gerade China besucht. "Ich fordere die chinesische Führung erneut zur Freilassung aller Menschen auf, die wie Gao Yu friedlich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen." Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, hatte bis zuletzt die Freilassung von Gao Yu gefordert und das Urteil als "Schande" kritisiert.
Gao war bereits nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Pekinger Tiananmen-Platz im Jahr 1989 festgenommen worden. In den Neunzigerjahren wurde sie für ihre politischen Schriften ebenfalls wegen des "Verrats von Staatsgeheimnissen" für sechs Jahre ins Gefängnis gesteckt. Daraufhin durfte sie über einen längeren Zeitraum nicht publizieren. Ende April 2014 wurde Gao vor dem 25. Jahrestag der Tiananmen-Proteste mit Dutzenden anderen Regierungskritikern vorübergehend festgenommen.
In keinem Land der Welt sitzen so viele Journalisten hinter Gittern wie in China, wie das in New York ansässige Komitee zum Schutz von Journalisten berichtete. Mit 44 Journalisten in Haft sei zum Jahresende 2014 die höchste jemals für China erhobene Zahl festgestellt worden. Das Vorgehen gegen Gao Yu sei symptomatisch für den zunehmenden Druck, der auf Journalisten ausgeübt werde.Das International Press Institute setzte Gao im Jahr 2000 auf seine Liste der 50 "Helden der Weltpresse". Die USA fordern weiterhin ihre sofortige Freilassung.
Quelle: ntv.de, jja/AFP/dpa