Zimmermädchen- und weitere Affären DSK von Vergangenheit eingeholt
16.05.2011, 13:20 Uhr
Die französischen Zeitungen keinen heute nur noch ein Thema: DSK
(Foto: dpa)
Die Festnahme von IWF-Chef Strauss-Kahn in New York löst heftige politische und gesellschaftliche Debatten in Frankreich aus. Alte Geschichten über den für seinen lockeren Umgang mit Frauen bekannten 62-Jährigen kommen wieder hoch, Räume für Verschwörungstheorien öffnen sich. Das offizielle Berlin will davon nichts wissen und setzt auf die Unschuldsvermutung.
Die Bundesregierung will sich nicht in Diskussionen über eine Nachfolge für den wegen des Vorwurfs der sexuellen Belästigung verhafteten Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, einmischen. Über Schuld oder Unschuld müsse die New Yorker Justiz entscheiden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Rechtsstaatlich gelte so lange die Vermutung der Unschuld.

IWF-Chef in Handschellen: Dominique Strauss-Kahn (2.v.r) verlässt am späten Sonntagabend in Begleitung von NYPD-Beamten eine New Yorker Polizeiwache.
(Foto: AP)
Strauss-Kahn war in New York wegen des Verdachts der versuchten Vergewaltigung eines Zimmermädchens festgenommen worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel sei am frühen Sonntagmorgen über die Festnahme informiert worden, sagte Seibert. Ursprünglich wollte sie sich mit Strauss-Kahn am Sonntagnachmittag in Berlin treffen. Der 62-Jährige soll am Samstag in einem New Yorker Luxushotel nackt über ein Zimmermädchen hergefallen sein und versucht haben, die Frau zum Oralsex zu zwingen.
Strauss-Kahn wird heute erstmals vor Gericht erscheinen. Dabei soll ihm die Anklage verlesen und möglicherweise über eine Kaution entschieden werden. Das teilte ein Anwalt des IWF-Chefs in New York mit.
Affäre möglicherweise kein Einzelfall
Schon vor seiner Verhaftung war Strauss-Kahn wegen seines lockeren Umgangs mit Frauen und Geld in den Medien kritisiert worden. Die linke Zeitung "Liberation" zitierte ihn im April mit der Äußerung, drei Punkte könnten seine Präsidentschaftskandidatur belasten: "Geld, Frauen und mein Judentum." Er räumte in den Gespräch eine Schwäche für Frauen ein und kommentierte das mit einem lapidaren "Na und". Bereits 2008 war Strauss-Kahn wegen einer Affäre mit einer früheren IWF-Mitarbeiterin in die Kritik geraten.
Alte Geschichten kochen hoch
Derweil kocht in Frankreich mit den aktuellen Vorwürfen eine alte Affäre um Strauss-Kahn hoch: Eine Journalistin will den 62-Jährigen wegen eines sexuellen Übergriffs vor neun Jahren verklagen. Die junge Frau ist nach französischen Medienberichten Patenkind von Strauss-Kahns zweiter Ehefrau und eine gute Freundin von Strauss-Kahns Tochter Camille.
Die Mutter der 31-Jährigen ist eine Abgeordnete der sozialistischen Partei PS, der auch Strauss-Kahn angehört. Sie bedauerte kürzlich, dass sie ihre Tochter damals von einer Klage gegen Strauss-Kahn abgehalten habe. "Meiner Tochter ging es sehr schlecht. Aber es wäre aus familiären Gründen zu heikel gewesen", sagte sie der Zeitung "Paris Normandie". Die junge Frau hatte 2007 in einem Fernsehinterview von dem Vorfall berichtet. Der Name Strauss-Kahn war jedoch mit einem Pfeifton unkenntlich gemacht worden.
Nach der Schilderung der Journalistin hatte sie den Politiker getroffen, um mit ihm über ihr erstes Buch zu sprechen. Er habe sie zu vergewaltigen versucht, es sei zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen.
Viel Raum für Verschwörungstheorien
In der französischen Öffentlichkeit wird derweil gemutmaßt, Strauss-Kahn könne womöglich Opfer einer Hetzkampagne oder eines Komplotts geworden sein. "Ich bin von einer internationalen Verschwörung überzeugt", sagte die sozialistische Politikerin Michèle Sabban. "Dies ist eine neue Form eines politischen Attentats." Ex-Ministerin Christine Boutin sprach von einer "Falle", die Strauss-Kahn gestellt worden sei - "entweder vom IWF, von den französischen Rechten oder den französischen Linken", mutmaßte sie. Einer von Strauss-Kahns Anwälten sprach von einer möglichen "Provokation".
Sozialisten suchen nach einem Ausweg

Der Sprecher der französischen Sozialisten, Cambadelis, wird von der Presse bestürmt.
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Die französischen Sozialisten wollen bereits am Dienstag in einer Krisensitzung über die Konsequenzen aus der Affäre beraten. Strauss-Kahn war ihr Hoffnungsträger für die Präsidentenwahl 2012. Nach der Festnahme des 62-jährigen früheren Finanzministers ist das Rennen um das höchste Staatsamt auch unter den Sozialisten wieder offen. Obwohl Strauss-Kahn seine Kandidatur nie offiziell angemeldet hat, lag er in Meinungsumfragen weit vor dem konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy, der hinter der Rechtsextremen Marine Le Pen an dritter Stelle in der Wählergunst rangiert. Der Staatschef wird im April und Mai kommenden Jahres neu gewählt.
Uneinigkeit herrschte in den politischen Lagern, ob die Verhaftung von DSK, wie Strauss-Kahn in Frankreich normalerweise genannt wird, die Wahlchancen Sarkozys verbessern wird.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts