Politik

FDP-Parteitag Das Grünen-Bashing kann beginnen

Schenkelklopfer wie am Fließband: Langatmig sind Reden von FDP-Spitzenkandidat Brüderle selten.

Schenkelklopfer wie am Fließband: Langatmig sind Reden von FDP-Spitzenkandidat Brüderle selten.

(Foto: REUTERS)

Zerreißt der Programmparteitag die FDP? Wohl kaum. Trotz etlicher Differenzen bei Steuer- und Wirschaftspolitik macht die Liberalen derzeit nur eines richtig wütend: der "Mao-Zuschlag" der grünen "Fuzzis".

Vielleicht schielen einige FDP-Politiker nach diesem Wochenende. Wenn die 662 Delegierten auf ihrem Bundesparteitag in Nürnberg das Wahlprogramm der Liberalen beschließen, sollen sie zwei Dinge im Blick behalten, die mitunter ziemlich weit auseinanderliegen. Erstens: Die FDP-Spitze will weiterhin ihre Stammwähler umwerben – Wirtschaftsliberale, Arbeitgeber, Besserverdienende. Zweitens: Dabei soll auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass die Partei aus den Finanz- und Managerexzessen der vergangenen Jahre nichts gelernt hätte. Die Führung will sich gegen das Image der sozialen Kälte stemmen. Ein Auge auf den Markenkern der FDP also, das andere auf das Thema Gerechtigkeit.

Schon vor Beginn des Parteitags zeichnete sich ab, bei welchen Punkten dieser Kurs den Delegierten, wenn nicht Sehstörungen, dann zumindest brutale Kopfschmerzen bereiten dürfte.

Parteichef Rösler warb zusammen mit anderen Spitzenliberalen wiederholt für ein Wahlprogramm, das es der Partei ermöglicht, sich vorsichtig Mindestlohnregelungen zu öffnen. Da Mindestlöhne in der FDP verteufelt sind, nennt Rösler sie verschämt "Lohnuntergrenzen". Und statt auf einen festen Betrag, wie ihn die Oppositionsparteien fordern, setzt er auf regional begrenzte, branchenspezifische Sätze, deren Höhe nicht der Staat, sondern die Arbeitgeber und Gewerkschaften oder zumindest eine unabhängige Kommission festlegen. Den Landesverbänden Bayern, Sachsen und Thüringen geht aber auch das zu weit. Mit einem Änderungsantrag versuchen sie, Röslers "DDR-Kurs" zu vereiteln. Auch die Jungen Liberalen wagen hier den Zwist mit der Parteispitze.

Ähnlich sieht es bei der Steuerpolitik aus. 2009 setzten die Liberalen noch alles auf die Losung "Mehr Netto vom Brutto" - nun wertet die Parteispitze die Entlastung von Bürgern und Wirtschaft deutlich ab: Im Programmentwurf für die Bundestagswahl bekommen solides Haushalten und Schuldentilgung Vorrang. Auch hier gibt es Gegenwehr. Vizeparteichef Holger Zastrow sagt: "Wir verlangen ein klares Bekenntnis zu Steuersenkungen."

Niebels "Parteibuchwirtschaft" hilft der FDP wenig

Und als wäre das nicht genug, sorgt Dirk Niebel für zusätzliches Augenrollen. Laut einem Bericht der ARD soll er 40 Mitglieder der Partei in seinem Entwicklungsministerium eingestellt haben. Weitere Liberale postierte er angeblich in angegliederten Unternehmen wie der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Die Opposition spricht von einer "Parteibuchwirtschaft unbekannten Ausmaßes". Nach seinem gescheiterten Putschversuch gegen Parteichef Röslers Anfang des Jahres überschatten die Fehltritte Niebels damit auch den jüngsten Parteitag.

Dennoch: Zu einem Zerwürfnis wird es in Nürnberg trotz Mindestlöhnen und "Ämterpatronage" nicht kommen. Die Delegierten werden schielen und mit den Augen rollen, aber sie werden dabei lächeln. Wenige Wochen nach dem Führungsstreit und den Sexismus-Vorwürfen gegen Spitzenkandidaten Rainer Brüderle sind die Liberalen harmoniebedürftiger denn je. Und ihnen ist klar, dass sie mit Selbstbeschäftigung weder beim Stamm- noch beim Wechselwähler gewinnen.

Was ist also zu erwarten? Statt hitzigen Kursdebatten dürften sich die Liberalen vor allem Attacken auf den politischen Gegner hingeben. Nichts lenkt besser von Querelen im eigenen Lager ab. Nicht sorgt für ein stärkeres Wir-Gefühl. Dass die Grünen, der Erzfeind der FDP, vor kaum einer Woche ihr Wahlprogramm beschlossen haben, kommt da gelegen. Mit ihren Steuererhöhungsplänen bieten sie Angriffsfläche. Die grüne Vermögensabgabe nannte Spitzenkandidat Brüderle schon beim Berliner Parteitag "Mao-Zuschlag", Parteichef Jürgen Trittin einen "Fuzzi". Das lässt sich sicher ausbauen.

Quelle: ntv.de

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