Politik

Bis Janukowitsch zurücktritt Regierungsgegner belagern Kiew

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Für Polizei ist schlicht kein Platz mehr in Kiew: Die Opposition hat inzwischen das gesamte Zentrum von Kiew mit Barrikaden gesichert und mit Menschen und Autos buchstäblich vollgestopft. Ex-Boxer Klitschko kündigt ein Misstrauensvotum im Parlament an.

Erneut belagern tausende Demonstranten das Regierungsviertel in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Mehr als 2000 Regierungsgegner blockieren die Eingänge zum Regierungssitz. Mit Straßenblockaden unter anderem aus Blumenkübeln und Mülltonnen verwehren die Demonstranten Regierungsbeamten den Zugang zu ihren Büros. Hunderte Oppositionelle halten weiterhin auch das Rathaus und die Gewerkschaftszentrale besetzt. Die Polizei hat sie aufgerufen, die Gebäude unverzüglich zu räumen.

Schon über Nacht waren fast 10.000 Regierungsgegner auf dem Unabhängigkeitsplatz im Stadtzentrum geblieben, wo sie eine Zeltstadt errichteten und mit Barrikaden absicherten. Die Teile dafür haben sie laut Medienberichten von Weihnachtsmarktbuden genommen. Rund um den Regierungssitz verstopfen Autos, die mit EU-Fahnen und ukrainischen Flaggen behängt sind, die Straßen. Die Demonstranten fordern den Rücktritt von Präsident Janukowitsch und Ministerpräsident Mykola Asarow. Sie riefen "Asarow ins Gefängnis" und "Es lebe die Ukraine".

Klitschko kündigt Misstrauensvotum an

Die Opposition hat zu einem landesweiten Generalstreik aufgerufen. Der Chef der oppositionellen Udar-Partei, Boxweltmeister Vitali Klitschko, rief die Demonstranten dazu auf, bis zum Rücktritt Janukowitschs das Regierungsviertel zu belagern. "Wir müssen jeden im Land mobilisieren", rief er den Demonstranten zu. "In der Ukraine beginnt eine Revolution", erklärte der Chef der nationalistischen Swoboda-Partei, Oleg Tiagnibok.

Klitschko und Tiagnibok bilden zusammen mit der Vaterlandspartei von Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko ein oppositionelles Dreierbündnis. Es will Janukowitsch zu Fall bringen, Neuwahlen erzwingen und die Ukraine wieder auf einen europafreundlicheren Kurs bringen. Klitschko kündigte für diesen Dienstag ein Misstrauensvotum gegen Asarow in Parlament an. "Eure große Zahl und Eure Stimmung geben uns Entschlossenheit - wir werden nicht innehalten", sagte Klitschko zu den Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz.

EU will keine härteren Maßnahmen

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton stellte klar, dass die Europäische Union keine Sanktionen gegen die Ukraine verhängen will. Sie reagierte damit auf Spekulationen, die EU könnte angesichts der Massenproteste gegen den Anti-EU-Kurs von Präsident Viktor Janukowitsch zu härteren Mitteln greifen. Der Konflikt in der Ukraine und die Frage, ob diese sich zur EU oder zu Russland orientiert, gilt übergeordnet auch als Konflikt zwischen der Europäischen Union und Russland um Einfluss in Osteuropa.

In diesem Zusammenhang warb der russische Vizeregierungschef Igor Schuwalow erneut für einen Beitritt der Ukraine in eine von Moskau geführte Zollunion. Dies könnte dann auch zu einem günstigeren Preis für russisches Gas für die Ukraine führen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kündigte für diesen Donnerstag Gespräche mit seinem ukrainischen Kollegen Leonid Koschara in Kiew an. Lawrow weilt dann zu einem OSZE-Treffen im Nachbarland.

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Präsident Janukowitsch und dessen Regierung auf, "alles zu tun, um die freie Meinungsäußerung und das Recht auf friedliche Demonstrationen stets zu schützen". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, von den Pro-Europa-Kundgebungen gehe eine "sehr klare Botschaft" aus. "Es ist zu hoffen, dass auch Staatspräsident Janukowitsch diese Botschaft wahrnimmt." Deutschland sei weiterhin bereit, das von der Ukraine abgesagte Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen.

Durch diese überraschende Absage vor rund zehn Tagen hatte Janukowitsch den Zorn vieler Ukrainer auf sich gezogen. Die Proteste an diesem Sonntag waren die größten seit der Orangenen Revolution 2004. Die Opposition hatte die Demonstranten zu friedlichen Kundgebungen aufgerufen, dennoch war es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen.

Quelle: ntv.de, nsc/rts/AFP/dpa

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