Italiens Behörden bringen Sarg an den Flughafen Priebkes Leiche soll fliegen - egal wohin
16.10.2013, 15:15 Uhr
Priebkes Leichnam befindet sich derzeitig auf dem Militärflughafen Pratica di Mare.
(Foto: dpa)
Rom will nach Tumulten um die sterblichen Überreste des NS-Kriegsverbrechers Priebke unbedingt die Leiche loswerden. Die deutsche Regierung erklärt sich kurzerhand für nicht zuständig. In die Debatte platzt der Vorschlag eines israelischen Nazijägers.
Die Bundesregierung hält sich nicht für zuständig, sich um den Beisetzungsort des verstorbenen deutschen Kriegsverbrechers Erich Priebke zu kümmern. Das Auswärtige Amt verwies darauf, dass die Familie entscheiden müsse. "Der Umgang mit sterblichen Überresten eines im Ausland verstorbenen Deutschen ist eine Angelegenheit der Angehörigen", sagte ein Sprecher. Im Übrigen sei es so, "dass die Totenfürsorge den Behörden am Aufenthaltsort des Verstorbenen obliegt". Der Sarg befindet sich vorerst weiter am Militärflughafen Pratica di Mare außerhalb von Rom.
Italien will den Leichnam nach Deutschland bringen lassen. Erich Priebke wurde im brandenburgischen Hennigsdorf bei Berlin geboren und ist am vergangenen Freitag im Alter von 100 Jahren gestorben. "Wir wollen die Frage im Tagesverlauf lösen, es bestehen Kontakte nach Deutschland, die in den vergangenen Stunden geknüpft wurden", sagte der römische Präfekt Giuseppe Pecoraro. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte allerdings, es gebe "bisher keine offizielle Anfrage der italienischen Behörden".
Brandenburg will keine Pilgerstätte

Italiener protestieren gegen die Ausrichtung einer Totenmesse für den verstorbenen Nazi.
(Foto: imago stock&people)
Die brandenburgische Heimatgemeinde des NS-Offiziers will die Leiche jedoch auf keinen Fall nehmen. Brandenburgs In nenminister Ralf Holzschuher (SPD) sagte den "Potsdamer Neuesten Nachrichten", allenfalls käme ein anonymes Grab infrage. Ansonsten könne Priebkes letzte Ruhestätte ein "Anziehungspunkt für Neonazis" werden. Vom Auswärtigen Amt hatte es zuvor geheißen, einer Beerdigung Priebkes in Deutschland stehe prinzipiell nichts im Wege. "Mir ist nichts bekannt, was es verhindern sollte, dass ein deutscher Staatsbürger, der im Ausland verstorben ist, in Deutschland beerdigt werden könnte", sagte ein Sprecher.
Die italienischen Behörden hatten sich entschlossen, die Leiche an den Militärflughafen Pratica di Mare außerhalb von Rom zu bringen, weil es schon bei der Totenmesse am Sitz der katholischen Piusbruderschaft Tumulte gegeben hatte. Rund 500 Anwohner hatten gegen die Trauerfeier in Albano Laziale protestiert und ein Spruchband mit der Aufschrift "Henker Priebke" hochgehalten. Auch rund ein Dutzend Rechtsextremisten hatte sich dort versammelt und Priebke als "Helden" bezeichnet. Bei Auseinandersetzungen waren Flaschen geflogen, die Polizei musste eingreifen.
Vorschlag aus Israel
Der israelische Nazijäger Efraim Zuroff trat unterdessen mit einem pragmatischen Vorschlag an die Öffentlichkeit. Nach dem Beispiel des litauischen NS-Massenmörders Antanas Gecas könne Priebke einfach unter falschem Namen bestattet werden.
Zuroff, der das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Israel leitet, hält es jedoch für die beste Lösung, die Leiche einzuäschern und im Meer beizusetzen. So wurde bereits mit Adolf Eichmann, dem Organisator der Judendeportation, verfahren. Dieser war 1962 in Israel hingerichtet worden.
Totenmesse abgesagt
Priebke hatte vor seinem Tod im lockeren Hausarrest in der italienischen Hauptstadt gelebt, nachdem er wegen seiner Beteiligung am Massaker in den Ardeatinischen Höhlen bei Rom im Jahr 1944 verurteilt worden war. Bei dem Kriegsverbrechen waren 335 Menschen getötet worden, darunter 75 Juden.
Priebke wollte nach Angaben seines Anwalts in Argentinien neben seiner Ehefrau beigesetzt werden. Das südamerikanische Land, in dem Priebke bis zum Jahr 1994 unbescholten unter seinem echten Namen gelebt hatte, wies das Ansinnen zurück. In Argentinien sollen Verwandte von Priebke leben. Auch seine Heimatgemeinde Hennigsdorf in Brandenburg und die Stadt Rom lehnten es ab, den ehemaligen SS-Offizier zu bestatten.
Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP