Politik

Bildungsabstieg vorausgesagt Deutschland verpasst eigene Ziele

Deutschland hinkt bei mehreren von der EU gesetzten Bildungszielen hinterher. Von fünf für 2010 gesteckten Marken erreicht Deutschland nur eine. So ist die Lesefähigkeit der 15-Jährigen noch immer schlecht und die Schulabbrecher-Quote zu hoch. Ein PISA-Forscher warnt vor einer eher negativen Entwicklung in den kommenden Jahren.

Schulen in sozialen Brennpunkten weisen hohe Abbrecher-Quoten vor.

Schulen in sozialen Brennpunkten weisen hohe Abbrecher-Quoten vor.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutschland hat sein selbstgestecktes Ziel nicht erreicht, den Anteil der 15-Jährigen mit unzureichenden Lesefähigkeiten auf höchstens 17 Prozent zu senken. Die Europäische Union bescheinigte Deutschland "Nachholbedarf". Noch immer würden 18,5 Prozent dieser Altersklasse den Anforderungen nicht genügen. Im EU-Durchschnitt sind es sogar 20 Prozent. Knapp verfehlt Deutschland auch das gesetzte Ziel einer Schulabbrecher-Quote von höchstens zehn Prozent: Rund elf Prozent der deutschen Schüler verlassen den Angaben zufolge noch immer ohne Abschluss die Schule. EU-weit sind es 14,4 Prozent.

Aufholen muss Deutschland laut EU auch bei den Abschlüssen der Sekundarstufe II, also auf dem Gymnasium oder Berufsschulen. Den EU-Zielen zufolge sollte hier eine Absolventenquote von 85 Prozent unter den 22-Jährigen erreicht werden. Deutschland liegt bei nur knapp 74 Prozent, der EU-Durchschnitt beträgt 78,6 Prozent. Auch der Anteil der Erwachsenen, die sich am lebenslangen Lernen beteiligen, hinkt dem für 2010 gesetzten Ziel von 12,5 Prozent hinterher: In Deutschland liegt die Quote bei 7,8 Prozent, im EU-Durchschnitt bei rund neun Prozent. Damit hat Deutschland von fünf für 2010 gesteckten Marken nur eine erreicht: Nämlich die Gesamtzahl der Hochschulabsolventen mathematischer, technologischer und naturwissenschaftlicher Fächer um mindestens 15 Prozent zu steigern.

Der Trend ist negativ

Vor allem Zuwandererkinder aus bildungsfernen Haushalten werden nach Ansicht eines Experten den Bildungsstand weiter senken.

Vor allem Zuwandererkinder aus bildungsfernen Haushalten werden nach Ansicht eines Experten den Bildungsstand weiter senken.

(Foto: dpa)

Der Bildungsforscher Jürgen Baumert, der auch an der PISA-Studie beteiligt war, äußerte die Befürchtung, dass sich die Situation an deutschen Schulen eher verschlechtern werde. Grund seien sinkende Schülerzahlen und der steigende Anteil von Einwandererkindern aus schwächeren sozialen Schichten: "Wenn nichts geschieht, genügt dieser sozialstrukturelle Wandel, um die deutschen PISA-Zugewinne zunichte zu machen", sagte Baumert in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Zeit".

Baumert geht davon aus, dass Zuwanderkinder im Grundschulalter in wenigen Jahren die Mehrheit in Ballungszentren bilden werden. In Flächenstaaten wie Baden-Württemberg kämen heute bereits 35 Prozent der Schüler aus Zuwandererfamilien. Bei den unter Fünfjährigen seien es bereits mehr als 40 Prozent. Wegen dieser Entwicklung werde die Gruppe der leseschwachen Schüler auf 21 Prozent anwachsen. Zur Bekämpfung des Problems plädiert Baumert für eine kontinuierliche Sprachförderung bereits in Krippen und Kindergärten. Dies sei aber oft nur in Ganztageseinrichtungen vernünftig zu organisieren.

Politiker widersprechen Lehrern

Dass sich die Situation an den Schulen rasch verbessert, bezweifeln auch zahlreiche Lehrer. Rund drei Viertel der Hauptschullehrer gab in einer Allensbach-Studie zur Schul- und Bildungspolitik an, dass sich Eltern zu wenig für die schulischen Leistungen ihrer Kinder interessieren.

Die Lehrer hadern zudem mit den unterschiedlichen Bildungsstandards in Deutschland. 72 Prozent sprachen sich der Studie zufolge für einheitliche Abschlussprüfungen und ein bundesweites Zentralabitur aus. Der Bundestagsabgeordnete und FDP-Bildungsexperte Patrick Meinhardt (FDP) wies dies zurück. "Zu glauben, dass die Schule dadurch besser wird, dass die Bundesbürokratie künftig auch noch mitmischt, ist ein fataler Trugschluss", erklärte Meinhardt.

Quelle: ntv.de, dpa

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