Material direkt in den Nordirak Deutschland will Genozid nicht zulassen
13.08.2014, 12:42 Uhr
Die Bundesregierung will dem Irak nun doch Militärhilfe leisten. Die Ausrüstung gehe direkt an die Kurden im Nordirak, sagt Verteidigungsministerin von der Leyen bei n-tv. Ob Deutschland auch Waffen liefern sollte, darüber wird noch gestritten.
Die Bundesregierung will militärtechnische Ausrüstungen für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) direkt an die Kurden liefern. Dazu könnte alles gehören, was als "unterhalb der Waffengrenze" bezeichnet wird, beispielsweise Betten, Zelte, Schutzwesten und Unimogs. Von einem Sinneswandel wolle die Bundesregierung bei dieser Entscheidung nichts wissen, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei n-tv.
"Das ist kein Sinneswandel. Hinter der Entscheidung der Bundesregierung stehen die dramatische Entwicklung und die Geschwindigkeit, mit der die IS-Milizen schlachtend durch die Gegend ziehen, Gelände gewinnen und menschenverachtend vorgehen gegen Christen und Jesiden." In dieser hochdramatischen Situation sei die Weltgemeinschaft gefragt, genau das zu leisten, was jeder leisten könne. Deutschland könne sehr schnell humanitäre Hilfe leisten - und darüber noch mehr. Die CDU-Politikerin sprach in diesem Zusammenhang von "nichttödlichen Ausrüstungen", also unterhalb der Schwelle von Waffen. "Da gibt es viele Möglichkeiten", so die Ministerin. Die Bundeswehr könne beispielsweise schnell durch ihre Flugmöglichkeiten aktiv werden.
Im Nordirak kämpfen reguläre irakische Regierungstruppen, aber auch Kämpfer der kurdischen Peschmerga-Verbände gegen den IS. Sie werden dabei auch von der US-Luftwaffe unterstützt. Das militärische Vorgehen werde Berlin weiter den USA überlassen, sagte die Ministerin. Die Amerikaner seien im Irak in der ersten Verantwortung. "Und das schätzen wir. Die USA unterstützen nicht nur die Gegner der IS, sie beliefern sie auch mit Waffen. Es werde dort aber noch mehr Gerät benötigt, zum Beispiel Unimogs, Schutzwesten, Helme, Logistik bis hin zu Betten und Zelten."
Deutschland sei vom Irak gebeten worden, zu helfen. "Und nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Europäische Union." Alle würden jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, ein "stimmiges Paket zusammen zu bekommen, das dann auch ganz schnell liefern zu können", sagte von der Leyen bei n-tv. Auch werde geklärt, wie das Material mit den notwendigen Flugrechten zum Ziel gebracht werden könne.
Andere Fragen stellen sich derzeit nicht
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte Anfang der Woche von einem sich abzeichnenden Völkermord, einem Genozid, gegen die Jesiden gesprochen und in einem solchen Fall auch Waffenlieferungen nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen. Dazu sagte von der Leyen, dass sie in enger Absprache mit Gabriel stehe. Zunächst einmal halte man am Prinzip fest, keine Waffen in Krisenregionen zu liefern. Dennoch gelte es, wenn sich ein Völkermord sichtbar abzeichne und niemand helfe, "sollte man innerlich die Offenheit haben, darüber nachzudenken, ob wir nicht doch helfen" müssten. Aber im Augenblick, so versicherte die Ministerin, stelle sich die Frage nicht. Die militärische Aufgabe würden derzeit die USA übernehmen, die logistisch von Deutschland unterstützt würden. Mit der Lieferung von Ausrüstung werde Deutschland "andere entlasten, die Waffen liefern", fügte von der Leyen hinzu.
Neben den USA hat auch Frankreich beschlossen, die Kurden mit Waffen unterstützen. Präsident François Hollande sagte nach Angaben des Elysée-Palasts: "In den nächsten Stunden werden Waffenlieferungen auf den Weg gebracht." Frankreich werde "jede nötige Unterstützung" angesichts der "katastrophalen Lage" für die Bevölkerung in den kurdischen Gebieten im Irak zur Verfügung stellen. Auch Großbritannien und Italien denken über Waffenlieferungen in den Irak nach.
Quelle: ntv.de, ppo