Nahost-Demos in Deutschland Die Gewalt kommt bis hierher
23.07.2014, 12:59 Uhr
Teilnehmer einer antizionistischen Demonstration in München.
(Foto: imago/Eibner)
Auf bundesweiten Demonstrationen trägt eine aufgebrachte Menge den Nahost-Konflikt auch auf deutsche Straßen - Hasstiraden und Tätlichkeiten inklusive. Die Politik reagiert alarmiert. Zu Recht.
Demonstrationen in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Kassel. Seit der Eskalation des Konflikts zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen demonstrieren Tausende Palästinenser zusammen mit Sympathisanten auch in Deutschland gegen das israelische Vorgehen. Viele dieser Demonstrationen verliefen friedlich, bei zu vielen kam es jedoch zu Gewaltausbrüchen, nicht nur verbaler Natur.
Auf einer Mahnwache für die drei in Hebron verschleppten Teenager gerät Mitte Juni ein 86-jähriger Holocaust-Überlebender in Hamburg in eine Diskussion mit einem Gegendemonstranten, wird von diesem gepackt und zu Boden geschleudert. Ein Sturz mit Folgen, der Mann ist immer noch im Krankenhaus. Bei einer Demonstration von Palästinensern und deren Unterstützern in Bremen wird ein 28-Jähriger angegriffen, der einen Journalisten der "Tageszeitung" schützen wollte. Er wird zu Boden geschlagen und erleidet eine schwere Kopfverletzung.
In Berlin droht eine nicht angemeldete Demonstration außer Kontrolle zu geraten, als die ungefähr 1000 Teilnehmer versuchen, die WM-Fanmeile zu stürmen. Sie können nur mit Mühe von der Polizei aufgehalten werden. Am vergangenen Samstag muss die Berliner Polizei einen Juden vor Angriffen aus einer arabischen Demonstration schützen. Bei einer Kundgebung am Donnerstagabend in der Hauptstadt rufen zahlreiche arabisch-palästinensische Demonstranten antijüdische Parolen. Die Polizei ist bei der Demonstration stark vertreten, wird aber nicht aktiv. Später erklärt sie, bei Rufen wie "Jude, Jude, feiges Schwein", handele es sich nicht um Volksverhetzung.
Das darf nicht sein.
Politiker von CDU über SPD bis Grüne verurteilten bereits am Wochenende die "Welle antisemitischer Hetze". Das ist zu begrüßen. Nun muss die Polizei noch aktiver werden. Bislang erklärte sie nach jedem Vorfall, sie sei von der aufgeheizten bis aggressiven Stimmung überrascht worden. Sie darf nicht mehr überrascht sein. Es gibt wenige Konflikte in dieser Welt, die so viele Emotionen auslösen. Viele davon sind verständlich, andere abstoßend.
Das Problem ist nicht, dass die Welt auf Israel und Gaza schaut. Wehe den Opfern der Konflikte, die die Welt nicht mehr interessieren. Aber es ist naiv zu glauben, dass etwa eine Gruppe aufgebrachter Palästinenser, zu denen sich als Symphatisanten gerne Neonazis und linke Splittergruppen gesellen, immer und überall in der Lage ist, etwa zwischen der israelischen Regierung und den jüdischen Gemeinden in Deutschland zu differenzieren. Zwischen Kontrahenten und Menschen, die nur andere schützen wollen.
Die Polizei darf nicht überrascht sein, wenn vor Synagogen Juden als Bestien und Kindermörder beschimpft werden. Sie sollte für Ruhe sorgen, bevor es noch mehr Vorfälle mit Verletzten gibt. Und wenn das bedeutet, dass solche Meinungsäußerungen unterbunden werden. Verboten sind sie schon.
Quelle: ntv.de