"Politisches Erdbeben" in den USA Die Tea Party meldet sich zurück
11.06.2014, 10:21 Uhr
Mit dem Wirtschaftsprofessor David Brat betritt ein bis dahin weitgehend unbekannter Akteur tosend die politische Bühne der USA.
(Foto: AP)
Mit Eric Cantor unterliegt einer der Stars der Republikaner einem Polit-Neuling der erzkonservativen Tea Party. Das überraschende Ergebnis zeigt, wie zerrissen die Partei ist. Das politische Klima im Land dürfte dadurch weiter angeheizt werden.
Bei den parteiinternen Vorwahlen für den US-Kongress hat es im Lager der Republikaner eine herbe Niederlage für Eric Cantor, einen der Hoffnungsträger der Partei, gesetzt. Der zum konservativen Flügel der "Grand Old Party" gehörige 51-Jährige unterlag im Wahlkreis Richmond im Bundesstaat Virginia überraschend deutlich dem bis dahin verhältnismäßig unbekannten Dave Brat. Der Anhänger der Protestbewegung "Tea Party" konnte 55,5 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Er steht im Parteienspektrum noch deutlich weiter rechts als Cantor und gilt als ultrakonservativ.

Eric Cantor galt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Republikaner-Sprecher John Boehner.
(Foto: REUTERS)
Cantor war einer der Politstars der Republikaner. Er wurde als möglicher Nachfolger für John Boehner gehandelt, den Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses. Sein erfolgreicher Widersacher ist Professor für Ökonomie und ein politischer Neuling. Brat hatte Cantor im Wahlkampf vorgeworfen, nicht konservativ genug zu sein und beim Thema Einwanderung keine klare Position einzunehmen.
Mit der Niederlage von Cantor und dem Sieg des Tea-Party-Kandidaten werden nach Einschätzung der "New York Times" die Debatte um Immigranten in Washington künftig deutlich heftiger geführt sowie Fortschritte in Richtung einer dringend notwendigen Einwanderungsreform deutlich erschwert. Im Kern geht es darum, fast zwölf Millionen illegalen Arbeitern, die zumeist seit Jahren im Land leben, einen Weg in die Legalität zu ebnen.
Mäßigung der Tea Party vorerst vom Tisch
Nach seinem Sieg sagte Brat dem Sender Fox News, dass der Frust der Wähler über innerparteiliche Kämpfe der Republikaner für seinen Erfolg entscheidend gewesen sei. "Das amerikanische Volk will sich wieder ernsthaften Ideen widmen", sagte der 52-Jährige. "Unsere Gründung geht auf Leute zurück, die politische Philosophen waren. Und dahin müssen wir zurückkehren; weg von dieser billigen politischen Rhetorik über 'links' und 'rechts'", so Brat.
Die Tea Party hat sich nach einer Reihe von Niederlagen im Vorwahlkampf jetzt eindrucksvoll zurückgemeldet. Der Sender CNN sprach von einem "politischen Erdbeben". Brats Erfolg dürfte der ideologisch stark ausgerichteten Tea-Party-Bewegung neuen Auftrieb geben, sagte CNN-Expertin Dana Bash in einer ersten Analyse. Eine erhoffte Annäherung der Tea Party an gemäßigtere Positionen sei damit auch erst einmal vom Tisch.
Politikprofessor Larry Sabato von der University of Virginia sprach in der Zeitung "Richmond Times-Dispatch" von einer der größten Wahl-Überraschungen in der jüngeren US-Politik. Cantor gestand im Gespräch mit CNN seine Niederlage ein. "Es ist zwar enttäuschend, aber ich glaube an dieses Land. Ich glaube, dass hinter der nächsten Ecke für uns alle eine Chance wartet." In den USA finden im November Kongresswahlen statt. Bei den Vorwahlen geht es darum, wen die Parteien für die Abstimmung im November aufstellen werden.
Quelle: ntv.de, bwe/dpa