Politik

100 Milliarden für den Irak Die Welt soll beim Wiederaufbau helfen

Mit einem Atemschutz steht ein irakischer Polizist vor den Trümmern der Al-Nuri-Moschee in Mossul.

Mit einem Atemschutz steht ein irakischer Polizist vor den Trümmern der Al-Nuri-Moschee in Mossul.

(Foto: dpa)

Weite Teile des Irak sind durch den Krieg gegen den IS zerstört und rund 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Um das Land wieder auf die Beine zu bringen, findet derzeit eine internationale Konferenz zum Wiederaufbau des Irak statt. Benötigt werden 100 Milliarden Dollar.

In Mossul, der weitgehend zerstörten Hauptstadt der irakischen Provinz Ninive, herrscht Stille. Von den einst 200.000 Bewohnern leben nur noch rund 5000 dort. Monatelang hatten dort Kämpfe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat getobt. Jetzt hängt süßlicher Verwesungsgeruch über der Stadt. Etwa 10.000 Tote sollen es sein, die unter den Trümmern der Altstadt liegen.

Überall in der Stadt werden Leichen oder Leichenteile gefunden.

Überall in der Stadt werden Leichen oder Leichenteile gefunden.

(Foto: REUTERS)

Um Krankheiten zu verhindern, bergen städtische Angestellte und die wenigen Bewohner Mossuls teils mit bloßen Händen die Toten. Man ist sich einig: Erst wenn die Leichen geborgen sind, werden die Geflüchteten zurückkehren – und mit dem erhofften Aufbau der Stadt beginnen. Nach Angaben der Hilfsorganisation Care warten manche der Binnenflüchtlinge bereits seit Jahren darauf, in ihre Heimatregionen zurückkehren zu können. Hinzu kämen noch jene, die vor den Kämpfen nach Syrien geflohen sind. Allein im Norden des Irak suchten über 820.000 Binnenvertriebene und mehr als 240.000 syrische Flüchtlinge nach Sicherheit.

Um den Wiederaufbau des Landes zu koordinieren, findet im benachbarten Kuwait derzeit eine dreitägige Wiederaufbau-Konferenz statt. Nach Angaben der irakischen Regierung werden rund 88 Milliarden Dollar benötigt. Das ist mehr als der gesamte Staatshaushalt für dieses Jahr. Deshalb müsse selbst der ölreiche Irak nun um Hilfe bitten und erhoffe sich Zusagen im Wert von bis zu 100 Milliarden Dollar.

Im Grunde ist alles zerstört

Eigeninitiative in den Trümmern Mossuls.

Eigeninitiative in den Trümmern Mossuls.

(Foto: REUTERS)

Nach Angaben der Regierung sind Ölindustrie, Stromzufuhr, Verkehrswege, Kliniken, Schulen und  die sogenannte Fertigungsinfrastruktur stark in Mitleidenschaft gezogen, ebenso grundlegende Dienstleistungen wie Wasserversorgung und Sanitäranlagen. Insgesamt hat die Regierung 157 Projekte aufgeschlüsselt, für die sie nun Investoren sucht. Die Bauvorhaben sollen zugleich zahlreiche Iraker in Lohn und Brot bringen sowie den Vertriebenen ein neues Dach über dem Kopf geben.   

Zu dem Treffen in Kuwait-Stadt kommen Vertreter von Geberländern, Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen zusammen. Auch UN-Generalsekretär António Guterres und US-Außenminister Rex Tillerson werden teilnehmen. Mitveranstalter der Konferenz sind die Europäische Union und die Weltbank. Zudem werden mehr als 2000 Unternehmen und Geschäftsleute aus aller Welt erwartet. Allein aus den USA wollen sich rund 100 Firmen am Wiederaufbau beteiligen.

Deutschland gehört zu den größten internationalen Gebern und beteiligt sich etwa in Mossul am Wiederaufbau des Trinkwassernetzes und eines Krankenhauses. Im Februar 2017 hatten die Förderbank KfW und der Irak auch ein Abkommen über einen Kredit in Höhe von 500 Millionen Euro unterzeichnet, um die Infrastruktur instand zu setzen. 

Bürger trauen der Regierung nicht

Doch der Wiederaufbau ist nur eines der Probleme des Landes: Vor allem die Korruption stellt ein großes Hindernis dar. Viele Iraker trauen ihrer Regierung nicht. Sie werfen deren Vertretern schon seit langem vor, sie sähen ihre Hauptaufgabe darin, die eigenen Taschen zu füllen. Im Korruptionsindex von Transparency International steht der Irak auf Rang 166 von 176 Plätzen. In den vergangenen Monaten zogen im Irak immer wieder Menschen auf die Straße, um gegen die Korruption zu demonstrieren. Regierungschef Haider Al-Abadi will sie nach eigener Aussage bekämpfen, kann aber bisher keine Erfolge vorweisen. Deshalb wollen die internationalen Hilfswerke jetzt ganz genau darauf achten, dass das Geld der Geberländer nicht in dunkle Kanäle verschwindet.

Hilfsorganisationen wie Care Deutschland gehen davon aus, dass das Geld von Gewährsleuten der arabisch-dominierten Zentralregierung in Bagdad verteilt wird – und die befindet sich seit Jahren im Konflikt mit den fast fünf Millionen Kurden im Norden des Landes. Diese hatten im Herbst 2017 für einen eigenen Staat votiert: Das Referendum war jedoch weder von Bagdad noch von den Nachbarregierungen in der Türkei und im Iran anerkannt worden. Zuvor hatten Iraks Schiiten und die Kurden gemeinsam gegen den IS gekämpft, der vor allem rund um Mossul wütete.

Ein wichtiger Meilenstein sowohl für die wirtschaftliche und auch militärische Stabilisierung des Landes dürfte der 12. Mai 2018 sein: In einer Parlamentswahl sollen die irakischen Bürger darüber entscheiden, ob der vom Westen als Partner geschätzte Al-Abadi weiter Ministerpräsident bleibt oder abgelöst wird. Zu Al-Abadis Herausforderern zählen sein Vorgänger Nuri al-Maliki, der vielen Sunniten noch aus seiner früheren Amtszeit verhasst ist, und Hadi al-Amiri, der Anführer der schiitischen Badr-Organisation. Ihre paramilitärischen Verbände trugen maßgeblich zum Sieg über den IS bei. Der Wahlausgang gilt als offen. Sollten Al-Maliki oder Al-Amiri den Sieg davon tragen, könnte der Westen seine Hilfsangebote noch einmal überdenken.

Quelle: ntv.de, ppo

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